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CO2-Emissionsreduktion im Automobilsektor. Wirtschaftspolitische Steuerungsmöglichkeiten

Eine ökonomische Analyse am Beispiel des Reduktionsziels der Europäischen Kommission von 130 gCO2/km für Pkw

AutorMalte Nyenhuis
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl103 Seiten
ISBN9783638884464
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich VWL - Umweltökonomie, Note: 1,0, Georg-August-Universität Göttingen, 139 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Um die Auswirkungen des anthropogenen Treibhauseffektes zu begrenzen, verfolgt die Europäische Kommission das Ziel, den CO2-Ausstoß von Neuwagen zu reduzieren. Dazu möchte sie die Pkw-Hersteller zur Reduktion der spezifischen CO2-Emissionen von Neuwagen durch verbesserte Motortechnologie auf durchschnittlich 130g CO2/km im Jahr 2012 verpflichten. Die Arbeit untersucht und bewertet die Möglichkeiten zur Umsetzung des spezifischen CO2-Emissionsziels durch die wirtschaftspolitischen Instrumente Auflagen, Abgaben und Umweltzertifikate anhand der umweltökonomischen Kriterien ökologische Treffsicherheit, ökonomische Effizienz, sowie Praktikabilität. Damit liefert die Arbeit eine strukturierte Übersicht über den aktuellen Stand der aktuellen politischen Diskussion und über mögliche Steuerungsmöglichkeiten zur CO2-Emissionsreduktion im Automobilsektor. Als Ergebnis entwickelt sie Handlungsempfehlungen für die Erreichung des spezifischen Emissionsziels und die CO2-Emissionsreduktion im Automobilsektor im Allgemeinen.

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Leseprobe

2 Die Rolle des Pkw-Verkehrs im Klimawandel


 

Nach den Grundlagen des sog. Treibhauseffektes zeigt das Kapitel zunächst den Zusammenhang zwischen Kfz-Verkehr und CO2-Emissionen auf, um Ansatzpunkte für die Emissionsreduktion zu identifizieren. Der anschließende Abschnitt beleuchtet die Bedeutung des spezifischen Emissionsziels für den Klimaschutz anhand der Pkw-Emissionen.

 

2.1 Die ökologischen Grundlagen: Treibhauseffekt und Klimawandel


 

Ohne den Treibhauseffekt würden die heutigen Lebensformen auf der Erde nicht existieren, denn er erhöht die globale Durchschnittstemperatur um mehr als 30°C auf ca. 15°C. Die Ursache des Phänomens sind die sog. Treibhausgase[10] in der Erdatmosphäre. Sie lassen die kurzwellige Sonnenstrahlung fast ungehindert zur Erdoberfläche hindurch, verringern aber die Wärmeabstrahlung der Erde durch Absorption. Dieser ‚natürliche’ Treibhauseffekt hat im Laufe der Entwicklung der Erdatmosphäre eine konstante Größe angenommen, mit der eine bestimmte Treibhausgaskonzentration einhergeht. Daher war das Klima[11] der letzten 10.000 Jahre mit Variationen von 1-1,5°C bemerkenswert stabil.[12]

 

Davon zu unterscheiden ist der ‚anthropogene’ Treibhauseffekt, d.h. die durch menschliche Aktivitäten verursachte zusätzliche Erderwärmung. Ihre Existenz sehen die am 4. IPCC-Bericht beteiligten Wissenschaftler mit mindestens 90%-tiger Sicherheit als gegeben an.[13] Ursache ist in erster Linie die Veränderung der Treibhausgaskonzentration seit Beginn der Industrialisierung. Einfluss haben auch das aufgrund anderer Landnutzung veränderte Reflektionsverhalten der Erdoberfläche, sowie die Auflösung der natürlichen THG-Senken. CO2 ist dabei insbesondere von Bedeutung, da sein Anteil am anthropogenen ThE auf 50% bis 60% geschätzt wird.[14] Dies liegt vor allem an der großen Menge emittiertem CO2, denn gemessen an ihrer Absorptionsfähigkeit und Verweildauer in der Atmosphäre weisen andere THG ein wesentlich größeres Treibhauspotential auf. Die atmosphärische CO2-Konzentration stieg von einem vorindustriellen Niveau von 280 auf 379 ppm im Jahr 2005. Die Ursache ist zu etwa 75% die Verwendung fossiler Brennstoffe.[15]

 

Infolgedessen hat sich die globale Durchschnittstemperatur in diesem relativ kurzen Zeitraum stark erhöht. So stieg die mittlere Oberflächentemperatur im Zeitraum 1850 - 2005 um 0,76°C, wobei sich die Erwärmung in den letzten 50 Jahren beschleunigte. Mit einer Fortsetzung dieser Entwicklung rechnet der IPCC, der einen Anstieg der Durchschnittstemperatur zwischen 1,1 und 6,4°C bis 2100 (im Vgl. zu 1980-1999) prognostiziert.[16] Die Auswirkungen der Temperaturerhöhung, wie die Erwärmung der Ozeane, das Abschmelzen von Gletschern und Eiskappen, der Anstieg des Meeresspiegels sowie die Zunahme von Wetterextremen, sind bereits heute festzustellen und werden sich weiter verstärken. Die Folgen für z.B. Landwirtschaft, menschliche Gesundheit, Siedlungsgebiete, Infrastruktur und Industrie werden nicht nur verstärkt ökologische, sondern auch ökonomische Schäden verursachen.[17]

 

Die ökonomische Bewertung ist allerdings noch nicht abschließend geklärt. Ging die Literatur in den 1950er und 1960er Jahren von überwiegend positiven Effekten durch die Verzögerung der nächsten Eiszeit und die Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktion aus, nimmt man heute einen Überhang der Kosten an.[18] Seit Ende der 1980er Jahre versucht die Ökonomie daher, Nutzen und Kosten des anthropogenen ThE monetär zu bewerten und möglichen Vermeidungskosten gegenüberzustellen. Dies ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden und wirft grundlegende Fragen hinsichtlich ökonomischer Annahmen auf.[19] Als Pionier auf diesem Gebiet gilt Nordhaus. Für eine Verdopplung der atmosphärischen THG-Konzentration bis 2050 – das entspricht einer Erwärmung von ca. 2,5°C – schätzte er die Kosten für Industrieländer auf 0,25 - 2% des BSP.[20] Zuletzt veranschlagte Stern die jährlichen Kosten einer Stabilisierung der THG-Konzentration bei 500 - 550 ppm bis 2050 deutlich niedriger (ca. 1% des globalen BIP) als die Folgekosten des Klimawandels bei Untätigkeit (5 - 20%).[21] Die Kosten durch Klimaschäden, erhöhten Energiebedarf und Anpassung an den Klimawandel werden, ohne forcierten Klimaschutz, bis 2050 allein für Deutschland auf bis zu €800 Mrd. bzw. 0,5% jährliche Einbußen des realen gesamtwirtschaftlichen Wachstums geschätzt.[22] Klimaschutz ist demnach auch aus ökonomischer Sicht sinnvoll.

 

2.2 Der Zusammenhang von Kraftfahrzeugen und CO2-Emissionen


 

Kohlenstoffdioxid entsteht bei der Verbrennung fossiler Kraftstoffe durch Oxidation des darin enthaltenen Kohlenstoffs. Ein Liter Benzin verursacht ca. 2,33 kg CO2, ein Liter Diesel ca. 2,63 kg.[23] Im Gegensatz zu anderen Schadstoffen kann CO2 nicht aus den Autoabgasen gefiltert, oder auf andere Weise zurückgehalten werden. Folglich kommt zur CO2-Emissionsreduktion nur eine Verringerung des Kraftstoffverbrauchs in Betracht. Ausgeblendet wird dabei, dass 15 - 16% der gesamten THG-Emissionen von Kfz – insbesondere CO2, Methan und Stickstoffdioxid – auf die Her- und Bereitstellung der Kraftstoffe entfallen.[24]

 

Somit bieten sich zur Reduktion des Kraftstoffverbrauchs drei grundlegende Ansatzpunkte:

 

(1) Der spezifische Kraftstoffverbrauch bzw. Emissionen eines Kfz,

(2) Fahrleistung und Fahrverhalten,

(3) Verbesserung der Verkehrsorganisation.[25]

 

Die Gemeinschaftsstrategie zur Minderung der CO2-Emissionen von Personenkraftwagen  zielt auf die spezifischen Emissionen. Sie sind von technischen Faktoren abhängig, die sich in antriebsbezogene und ausstattungsbezogene Faktoren gliedern lassen. Zu Ersteren zählen Motor, Getriebe und äußere Fahrwiderstände (Roll-, Luft-, Beschleunigungs- und Steigungswiderstand), die wesentlich von Masse, Form- und Oberflächengüte des Fahrzeugs bestimmt werden. Die Ausstattungsbezogenen beziehen sich auf elektronische Kontroll- oder Komforteinrichtungen, die für die Funktionsfähigkeit des Kfz nicht erforderlich sind.[26]

 

Das spezifische Emissionsziel von 130 gCO2/km betrifft die antriebsbezogen Größen, mit Ausnahme von Maßnahmen zur Verringerung des Reifenrollwiderstands[27], und entspricht einem Durchschnittverbrauch von 5,6l Benzin bzw. 5l Diesel auf 100 km.[28] Der Kraftstoffverbrauch wird somit über die gesamte Nutzungsdauer der Neuwagen beeinflusst. Dies gilt jedoch nicht für Fahrleistung und Fahrverhalten, die nach Kwan (2005) z.B. in Großbritannien ausschlaggebend für den Anstieg der CO2-Emissionen von Pkw zwischen 1970 - 2000 waren.[29] Damit erfolgt die absolute Emissionsreduktion nur indirekt und langfristig über die Erneuerung des Pkw-Bestandes. In Anbetracht dessen sollte ein Instrument beide Faktoren beeinflussen können.[30]

 

2.3 Bedeutung des spezifischen Emissionsziels


 

Die Auswirkungen und Potentiale des spezifischen Emissionsziels stellt der folgende Abschnitt anhand des Anteils des Pkw-Verkehrs am CO2-Ausstoß, der Entwicklung von Pkw-Bestand und Neuzulassungen, sowie eines Überblicks über den Pkw-Markt in der EU dar.

 

2.3.1 Der Anteil des Pkw-Verkehrs an den CO2-Emissionen


 

Der Anteil von CO2 an den gesamten THG-Emissionen (4.980 Tg) der EU betrug 83% im Jahr 2004. Der Verkehrssektor war für mehr als ein Viertel (siehe Abb. 2.1), der Straßenverkehr für ca. 21% (ca. 877,5 Tg) der CO2-Emissionen verantwortlich.[31] Für den Anteil des Pkw-Verkehrs an den CO2-Emissionen des Straßenverkehrs liegen keine eindeutigen Zahlen vor. Laut KOM gehen 12% des CO2-

 

 

Abb. 2.1: Sektorspezifische CO2- Emissionen der EU-25 in 2004

 

Quelle: GD Energie & Verkehr (2007a),

Abschnitt 2.2.8.

 

Ausstoßes der EU auf Pkw zurück, der Berichtsentwurf des Umweltschusses des EP nennt zusammen mit den Emissionen leichter Nutzfahrzeuge einen Anteil von 19%.[32] Der Vergleich mit den obigen Zahlen zeigt, dass der Pkw-Verkehr für einen Großteil der CO2-Emissionen des Straßenverkehrs verantwortlich ist. Dies wird darüber hinaus daran deutlich, dass im Jahr 2004 Pkw 87% der Personenverkehrsleistung des Straßenverkehrs erbrachten, motorisierte Zweiräder und Autobusse zusammen 13%.[33]

 

 

Abb. 2.2: Sektorspezifische CO2-Emissionen der EU-25 seit 1990

 

Quelle: GD Energie & Verkehr (2007a), Abschnitt 2.2.8.

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