Vorwort Zurück zur Quelle
»Und doch, der Drohung all der Jahre/ Begegn’ ich mutig, jetzt und immerdar … Der Herr meines Schicksals bin ich;/ Ich bin der Käpt’n meiner Seele.«
William Ernest Henley, »Unbesiegt« (1875)
Gelegenheiten, die unser Leben verändern können, begegnen uns jeden Tag. Ein Zufallstreffen mit einem potenziellen Partner, eine Bemerkung, die eine neue Karriere eröffnen könnte – in unserem hektischen Leben werden solche flüchtigen Augenblicke allzu leicht übersehen oder abgetan. Doch mit der richtigen Unterstützung können wir unseren Geist so trainieren, dass er solche Chancen erkennt und ergreift – wir können lernen, wie man einen Sekundenbruchteil in eine dauerhafte Veränderung verwandelt. Und das ist so, weil alles, was wir uns vom Leben am meisten ersehnen – Gesundheit, Glück, Reichtum, Liebe – von unserer Fähigkeit zu denken, zu fühlen und zu handeln bestimmt wird. Mit anderen Worten: von unserem Gehirn.
So lautet schon lange das Versprechen des New-Age-Denkens: Wir können unser Schicksal unter Kontrolle bekommen, wenn wir unseren Geist, unser Denken neu gestalten. Trotz aller Skepsis haben Millionen Menschen seit Generationen Systeme genutzt wie Rhonda Byrnes The Secret und dessen Vorläufer. Warum? Weil, von den mystischen Komponenten einmal abgesehen, einige der dort zugrunde gelegten Gedanken und Konzepte eine fundamentale Kraft besitzen. Und was noch wichtiger ist: Diese Denksysteme werden durch die neuesten Entwicklungen und Erkenntnisse der Neurowissenschaft und der Verhaltenspsychologie in ihrer Wirksamkeit bestätigt.
Ich bin Fachärztin für Psychiatrie, eine Neurowissenschaftlerin, die als Mentalitätscoach für Manager tätig ist und Vorträge über die Arbeitsweise des menschlichen Gehirns hält. All meine Forschungs- und Praxiserfahrungen haben dazu geführt, dass ich von einer Sache felsenfest überzeugt bin: unserer Fähigkeit, die Arbeitsweise unseres Gehirns aktiv zu verändern. Wissenschaft und empirische Psychologie belegen, dass wir alle die Kraft besitzen, das von uns gewünschte Leben Wirklichkeit werden zu lassen.
Ich meine das auch persönlich. Ich habe meinen ganz eigenen Erkenntnisweg zurückgelegt, bis ich verstand, dass der Schlüssel zur Schaffung des von mir erträumten Lebens in mir selbst liegt – in meinem Gehirn, in dem, was ich »die Quelle« nenne. Im vorliegenden Buch möchte ich mit Ihnen das Denken und die Techniken teilen, die bei mir und meinen Klienten gut funktioniert haben. Ich möchte Sie aber auch an topaktuellen psychologischen und neurologischen Forschungsergebnissen teilhaben lassen – herausdestilliert und zusammengeführt zu einem genau geprüften, praxiserprobten »Werkzeugkasten« zur Öffnung Ihres Geistes. Wenn Sie für Veränderungen offen sind und diesen einfachen Schritten folgen, werden Sie bereit und in der Lage sein, mehr von diesen lebensverändernden Gelegenheiten zu nutzen und Ihr Potenzial vollständig auszuschöpfen.
Als ältestes Kind indischer Einwanderer der ersten Generation wuchs ich in den 1970er- und 1980er-Jahren im Nordwesten Londons mit einer seltsamen Mischung kulturell geprägter Überzeugungen, Ernährungsweisen und Sprachen auf. Ich lernte schnell, mich an die Ideenvielfalt anzupassen, die mich umgab, doch tief im Innern hatte ich ernsthafte Konflikte auszuhalten. Daheim waren Yoga und Meditation Bestandteil meiner Alltagsroutine, wir ernährten uns strikt vegetarisch und ayurvedisch (wobei Kurkuma als Allheilmittel gepriesen wurde), und wir mussten Gott für das Essen danken, bevor wir es zu uns nahmen. Meine Eltern versuchten uns die Vorteile dieser Praktiken zu erklären, doch das klang alles sehr weit hergeholt. Auch wollte ich bei meinen Freunden keine Außenseiterin sein. So träumte ich von einem Leben, das einfacher war, in dem alles, was zu Hause ablief, in Einklang mit meiner Umwelt stand.
In der Schule sprachen mein jüngerer Bruder und ich niemals über den Glauben an die Reinkarnation, doch zu Hause mussten wir unsere Ahnen verehren – mit Gebeten, brennenden Weihrauchstäbchen und Speiseopfern und in der festen Überzeugung, dass diese Vorfahren in einer anderen Sphäre zugegen waren und Einfluss auf unser Leben ausüben konnten. Zu meiner großen Verwunderung galt es in der weiteren Verwandtschaft als ausgemacht, dass ich die Reinkarnation meiner verstorbenen Großmutter sei. Ihr angebliches Bedauern, dass sie niemals zur Schule gehen konnte (sie war in einem kleinen Dorf in Indien aufgewachsen), führte dazu, dass auf mir die allseitige Erwartung lastete, dass ich Ärztin würde – weil dies in meiner Kultur der Beruf mit dem höchsten Ansehen war. Ärzte glichen Göttern, weil sie Gewalt über Leben und Tod hatten. Pflichtschuldigst absolvierte ich die Schule und die Universität, um den Weg zu gehen, der mir vorbestimmt war. Da gab es keinerlei Fragezeichen.
Dass ich mich in meinen ersten Jahren an der Universität zu Psychiatrie und Neurologie hingezogen fühlte, hatte sicher auch damit zu tun, dass ich mich selbst verstehen und wissen wollte, wer ich wirklich war und was meine wahren Ziele gewesen wären, wenn ich über meinen Weg frei hätte entscheiden können. In meinen Zwanzigerjahren löste ich mich von meinem kulturellen Erbe – als Versuch, mich von den massiven Erwartungen zu befreien, die man mir in der Kindheit aufgeladen hatte. Ich zog zu Hause aus und bei meinen Studienfreunden ein; ich interessierte mich für Mode und war darauf bedacht, mich durch meine Kleidung auszudrücken. Ich begann, kreuz und quer durch Europa zu reisen und dann nach Südafrika, und ich begab mich ins Reich der Beziehungen. Ich hatte einen Freund. Meinem zukünftigen Mann begegnete ich, als wir beide in der Psychiatrie arbeiteten; wir zogen nach Australien und lebten später auf den Bermudas. All dies erweiterte meinen Horizont, mein Weltbild und mein Verständnis für andere Menschen und Kulturen. Doch der große Knackpunkt kam, als ich Mitte 30 war: Da trafen eine tiefe berufliche und eine tiefe persönliche Krise zusammen.
Mit meiner Arbeit als Psychiaterin war ich immer unzufriedener geworden. Lange Arbeitszeiten und berufliche Überlastung führten zur Erschöpfung, aber auch das Gefühl, dass ich nicht in der Lage war, bei meinen Patienten etwas wirklich Entscheidendes zu bewirken. Ich erlebte so viel menschliches Leid und sah, wie hart und grausam das Leben für die mental Verletzlichen ist. Meine Patienten lagen mir sehr am Herzen, aber in mir nagte das Gefühl, dass sie eigentlich mehr und anderes verdient hätten als Medikamente und Kliniken – dass eine gesündere Behandlungsweise und ein Gefühl des Wohlbefindens zusammengenommen mehr zu ihrer Genesung beitragen könnten. Sich allein auf die Krankheit zu konzentrieren hatte für mich etwas Negatives; dann wäre das bestmögliche Behandlungsziel ja nur eine Rückkehr zur Normalität. Ich wusste jedoch, dass es außerhalb der Kliniken eine Welt gibt, in der ein gutes Ergebnis noch deutlich besser ausfallen kann. Und ich hatte das Gefühl, dass ich viel mehr zu dieser Welt beitragen könnte, wenn ich bei und mit meiner Arbeit versuchte, Gesundheit zu optimieren, statt nachträglich akute Symptome zu kurieren. Ich entschloss mich schließlich, zu kündigen und in der erwünschten Richtung weiterzuarbeiten. Einen Versuch war es jedenfalls wert. Zur selben Zeit zerbrach meine Ehe, mit schlimmen Folgen für mein eigenes Identitätsgefühl und für mein Selbstvertrauen. Ich fühlte mich wie eine Ertrinkende – ohne einen Halt und ohne dass ein Ende absehbar gewesen wäre. Ich musste mentale Widerstandskraft entwickeln – um meiner selbst willen, aber auch zum Wohle der anderen.
Ich rang mit meinem Selbstwertgefühl. Ich musste klären, wie ich mit meiner Zukunft umgehen wollte, und ich musste den Versuch unternehmen zu verstehen, was zum Scheitern meiner Ehe geführt hatte. Ich musste lernen, wer ich selbst war – außerhalb der Partnerschaft, welche die Grundlage meiner prägenden Jahre als junge Erwachsene gewesen war. Ich durchlebte Tiefen, die ich mit Worten nicht beschreiben und denen ich nur mit einem Urgeheul aus Verzweiflung und Verlustgefühl begegnen konnte. Doch als der Tiefpunkt erreicht war, gewann ich neue Klarheit. Von diesem Augenblick an erlebte ich eine Entschlossenheit, die ich an mir zuvor nicht gekannt hatte, und das Gefühl, auf einem Weg zu sein, den ich allein gehen musste, um mein Potenzial vollständig zu verwirklichen.
Einige Jahre zuvor hatte ich an einem gedeihlichen Ort die Konzepte des positiven Denkens und der Visualisierung kennengelernt. Ich war damals noch Ärztin, rund 30 Jahre alt, auf Weltreisen und glücklich verheiratet. Ich führte ein ziemlich sorgenfreies Leben. Und ich las viele Bücher über Persönlichkeitsentwicklung, weil ich mich für Buddhismus und C. G. Jungs Psychologie interessierte. Meine schulmedizinisch ausgerichteten Kollegen sahen so etwas als ziemlich »alternativ« an; Selbsthilfebücher waren unter ihrer Würde. Aber ich war der Meinung, dass es für alle möglichen Ideologien den passenden Ort und die passende Zeit gibt. Ich las ein Buch, das als die »Bibel des positiven Denkens« und als recht esoterisch galt: The Master Key System von Charles F. Haanel, das ursprünglich 1912 erschienen war. Darin werden Konzepte wie das »Gesetz der Anziehung« mit der Wirkungsmacht von bildlicher Vorstellungskraft (Visualisierung) und Meditation in Verbindung gebracht. Ich machte damals keine der Schritt-für-Schritt-Übungen aus diesem Buch, aber es weckte in mir etwas, dem ich mich später – sollte ich je Bedarf verspüren – erneut widmen wollte. Im Lauf der Jahre geriet das Buch in...