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Gottes Freundschaft suchen

Predigten, geistliche Gedanken und Gebete

AutorThomas Pröpper
VerlagVerlag Friedrich Pustet
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl400 Seiten
ISBN9783791760827
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis23,99 EUR
Gottes Freundschaft - das ist eines der Schlüsselworte in Thomas Pröppers Denken. Er hat diesen Gedanken nicht nur in seiner theologischen Arbeit verfolgt, sondern auch zum Kern seiner Predigten gemacht, indem er 'die so menschliche Sehnsucht nach Freundschaft, welche diesen Namen verdient, auch als die so menschliche Sehnsucht nach einem Gott, der dem Menschen Freund sein möge, ausgearbeitet hat' (Magnus Striet). Über zehn Jahre predigte Thomas Pröpper in der Münsteraner Dominikanerkirche. Das, was ihn mehr als alles andere bewegte, war: das Evangelium glaubhaft ins Heute der Spätmoderne zu überSetzen. Dabei legte er nicht nur Wert auf die theologische Stringenz seiner Gedanken, sondern er feilte so lange an seinen Predigten, bis er, der Sohn eines Musikers, auch eine 'stimmige Musikalität' des Textes erreicht hatte.

Thomas Pröpper, Dr. theol., Dr. h. c., 1941-2015, war Professor für Dogmatik und theologische Hermeneutik an der Universität Münster.

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Leseprobe

Heimgekommen

Joh 14,1–6

Predigt von Klaus Müller beim Begräbnisgottesdienst in Münster-St. Mauritz

 

Alle, die ihn näher kannten, wussten es. Wussten es schon länger: Thomas Pröpper hat nicht mehr so furchtbar lang zu leben. Zu sehr hatten ihn die über ein Jahrzehnt anhaltende Erkrankung und die endlosen Behandlungen geschwächt. Er konnte nicht mehr. Am 10. Februar um 10.30 Uhr hat er sein Leben in die Hand dessen zurückgelegt, der es ihm gab. Zuletzt hatten wir uns am 1. Februar getroffen, einem Sonntag. Thomas wollte in die Dominikanerkirche kommen. Er schaffte es nicht bis dorthin. Hernach traf ich ihn auf der Straße. Er sah elend aus. Als wir uns verabschiedeten, sagte er zu mir: „Denk an mich, mir geht’s nicht gut.“

Jetzt ist es gut. Thomas Pröpper ist daheim. Jetzt weiß er unvergleichlich mehr als die ganze lebende Theologen- und Theologinnenzunft. Der Weg dahin war nicht geradlinig. Angefangen hat Thomas Pröpper – was das Intellektuelle betrifft – als Germanistikstudent in München. Dann erst wechselte er in die Theologie. Über etliche Zwischenstationen wurde der heutige Kardinal Walter Kasper sein Doktorvater. Aber das war nicht das Ende, sondern der Anfang eines Abenteuers. Die ursprünglich in Angriff genommene Doktorarbeit über den späten Fichte wurde nie fertig, da war Thomas einfach zu skrupulös. Freunde und Kollegen damals entrissen ihm deshalb eine nebenher erstellte Gelegenheitsschrift und reichten sie als seine Dissertation ein. 1988 kam er nach Münster. Zeitzeugen erzählten mir, dass er anfangs im kleinsten Kreis in Kellerräumen Seminare abhielt, schweißtriefend vor Aufregung, um die jungen Leute ja auf rechte Weise zum Selbstdenken zu motivieren. Und dann, Jahr um Jahr mehr, wurde sichtbar, dass dieser Dozent, der manchmal so zögerlich und unsicher wirkte, auf eine Weise Theologie betrieb, wie sie schon lange nicht mehr zu hören gewesen war. Derzeit kann man öfter lesen, die katholische Theologie der Gegenwart habe keine Leitfiguren mehr wie einen Guardini oder Rahner und sei deshalb auf ein mediokres Niveau abgesunken. Falsch. Thomas Pröpper war eine solche Leitfigur. Ich zögere nicht, ihn einen Jahrhundertdenker zu nennen. Endgültig bewiesen hat er das zuletzt durch die Publikation seiner zweibändigen Theologischen Anthropologie, die er sich noch in der Zeit seiner Erkrankung abgerungen hat.

Ich erinnere mich noch an unsere allererste Zusammenarbeit: Ich war noch nicht hier in Münster und bereitete gerade anlässlich des 60. Geburtstags meines Habil.-Vaters und Thomas’ Freundes Hansjürgen Verweyen eine Streitschrift vor. Ich hatte Thomas als Autor und Mitherausgeber gewinnen können. Ich rief ihn an, weil ich noch ein paar Fragen hatte. Er war erschüttert, weil sich in seinem Text noch drei kleine Druckfehler und Wortauslassungen gefunden hatten: „Verdammt, verdammt noch mal, Sie haben recht, da fehlt was! Bitte sofort verbessern!“ Das führte aber dann dazu, dass wir am Telefon den gesamten Text Satz für Satz durchgingen und die Formulierungen auf ihre – wie er wörtlich sagte – „stimmige Musikalität“ hin abhörten. Stundenlang.

Später, nachdem ich in Münster sein Kollege geworden war, haben wir dieses Arbeiten an der Stimmigkeit von Gedanken sozusagen im Großformat fortgesetzt und 1999 die Buchreihe ratio fidei: Beiträge zur philosophischen Rechenschaft der Theologie begründet. Entgegen dem Mainstream in Sachen theologischer Fachbücher wurde die Reihe ein großer Erfolg: Mittlerweile sind fast 60 Bände erschienen. Ein prominenter Kollege hat die Reihe einmal „Beletage der systematischen Theologie“ genannt. Das hat uns beide gefreut.

Dieses Bemühen um äußerste Genauigkeit in der Sache, die zugleich eine ästhetische Dimension mit einbezieht, hat aber keineswegs dazu geführt, dass Thomas Pröpper zu einem Produzenten elitärer Textsorten geworden wäre. Im Gegenteil: Schon zu seiner Tübinger Assistentenzeit hat ihn nicht nur das arrivierte Publikum im Kurort Baiersbrunn gern predigen hören, sondern genauso die sogenannten einfachen Landleute aus Oberndorf und Wendelsheim. Dass da zumal die Landfrauen gern lauschten, wie mir einer von Thomas’ Freunden erzählte, hatte natürlich nicht zuletzt mit dem Charme des jungen Priesters zu tun, ein Charme, den er übrigens auch in späteren Jahren besaß, als er hier in der Dominikanerkirche zelebriert hat und ein gern gehörter Prediger war. Einmal – ich war noch nicht so lange da – war er verhindert. Ich habe ihn vertreten. Eine Münsteraner noble Dame sieht mich aus der Sakristei kommen, reißt die Augen auf: „Ist Herr Pröpper heute nicht da?“ „Nein“, sag ich. Macht die Dame doch stante pede kehrt, packt ihre Tasche und schleicht sich – von Säule zu Säule huschend – wieder raus.

Thomas wäre das peinlich gewesen. Ihm lag nichts ferner, als sich bei der Messe selbst in den Mittelpunkt zu rücken und für den Fanclub eine Performance abzuliefern. Im Gegenteil: Einmal hat er mich wörtlich gefragt: „Du, passiert dir das auch, dass du dir manchmal beim Predigen über die Schulter schaust und denkst: Was sag ich da überhaupt?“ – Ja, ich kannte und kenne das auch, mit zunehmenden Jahren immer mehr sogar. Wir waren uns in diesen Dingen, und nicht nur in diesen, sehr nah.

Darum bin ich ihm für diese Frage unendlich dankbar. Da geschieht, wenn man ernst nimmt, was der evangelische Homiletiker Ernst Christian Achelis meinte, als er 1890 schrieb: „Predige nicht dich selbst, sondern zuerst dir selbst.“ Dann erst stellt sich jene Transparenz in der Ausübung des geistlichen Amtes ein, die aus der Verschränkung von Subjektsein und Demut erwächst. Klerikalismus in welcher Form auch immer war Thomas vom Wesen her fremd.

Jetzt ist Thomas tot. Wir trauern um ihn. Die katholische Theologie deutscher Sprache und namentlich unsere Fakultät hat eine Stimme verloren, die es so nie mehr geben wird. Dieses bohrende Nachfragen, das doch niemals vergessen hat, auch selbst nochmals in Frage gestellt werden zu können – das werden wir schmerzlich vermissen.

Und doch gibt es noch etwas, das darüber hinausführt. Dieses Darüber-hinaus spiegelt sich nicht zuletzt im Sonnengesang des heiligen Franz von Assisi, dem Urpatron derjenigen Theologie, der sich Thomas Pröpper mit seinem entschiedenen Votum für den Franziskanertheologen Duns Scotus am engsten verbunden wusste.

 

Gelobt seist du, Herr,

mit allen Wesen, die du erschaffen,

der edlen Herrin vor allem,

Schwester Sonne,

die uns den Tag heraufführt und Licht

mit ihren Strahlen, die Schöne, spendet;

gar prächtig in mächtigem Glanze:

Dein Gleichnis ist sie, Erhabener.

Aus Glauben und Gnade ganz eins geworden mit seinem Gott, erfühlte der Poverello – übrigens gerade in einer Zeit schweren Leidens – die abgründige Geborgenheit seines ganzen Daseins; aus allen Geschöpfen leuchtet ihm Gottes Güte entgegen. So singt er aus befriedetem Herzen von der Mutter Erde, von Bruder Wind und Schwester Quelle. Ist das Naturromantik? Die letzte Strophe des Sonnengesangs belehrt uns eines Besseren:

 

Gelobt seist du, Herr,

durch unsern Bruder, den leiblichen Tod;

ihm kann kein lebender Mensch entrinnen …

Lobet und preiset den Herrn,

danket und dient ihm in großer Demut.

Kann man Gott auch preisen für den Tod? Was muss mit einem Menschen geschehen sein, der diesseits aller Todesangst und jenseits krankhafter Todessehnsucht so gelöst vom Sterben redet, dass er sogar für den Tod noch Gott danken kann – diesen Augenblick, der ein Leben beendet und darin verendgültigt?

Das Evangelium ist viel zu menschlich, als dass es nicht wüsste um die Unruhe, die der Tod uns einflößt. Manchmal greift sie sogar noch unter der Maske kalter Gleichgültigkeit nach einem Menschen, manchmal als quälende Frage, die einen mit Gott hadern lässt wie Ijob. Warum hat gerade der sterben müssen, den ich liebe? Warum hat das ausgerechnet mich getroffen? Diese Erschütterung des Herzens, die Anfechtung durch den Zerfall von Leben und Glück verharmlost das Evangelium nicht, es anerkennt das vielmehr. Aber es bleibt dabei nicht stehen. Aus dem Mund Jesu hören wir vielmehr ein Wort, das sich der Erschütterung des Herzens entgegenstellt: Es gibt solche Anfechtung, sagt er, aber: Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich!

Wie steht es aber dann mit diesem Interesse Gottes für uns und unser Leben im Augenblick des Todes, diesem absoluten Gegensatz des Lebens, der dennoch untrennbar unserem Wesen zugehört? Jesus zögert nicht mit der Antwort: Wenn Gott wirklich der Ich-bin-da-für-euch ist, wie ich es mit Leib und Leben bezeuge, dann ist er das auch bei unserem Sterben. Da kann der Tod der Zuneigung Gottes nicht einfach eine Grenze setzen, sonst wäre Gott nicht mehr der bedingungslos für den Menschen Daseiende und ihm Zugewandte, wie sich Jesus für ihn verbürgt. Im Sterben stürzt du nicht ab, sagt uns Jesus, sondern da trittst du ein in das, was die Suche deines Lebenshungers erfüllt: in die Gemeinschaft mit Gott, die allein groß genug ist, die Unendlichkeit deines sehnsüchtigen Herzens zu befrieden. Das Haus des Vaters – das ist Gott selbst. In ihm gibt es viele Wohnungen, sagt Jesus. Da wird also keiner gleichgeschaltet und nichts gleichgemacht. Das Glück des Herzensfriedens ist nie allgemein, sondern immer konkret. Jede und jeder findet in Gott das, was ihr und ihm ganz entspricht, das, worauf er und sie im irdischen Leben durch Geschick und Geschichte gerichtet waren. Ganz sie und er selbst dürfen sie endlich sein in Gott – und so sich selber finden in ihm.

Selbst sein dürfen. Genau dafür hat sich...

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