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E-Book

Ramana Maharshi und seine Schüler

Band 1

AutorGabriele Ebert
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl204 Seiten
ISBN9783738684292
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Ramana Maharshi war ein spiritueller Meister ersten Ranges (Sat-Guru). Obwohl er nie behauptete, ein Guru zu sein, erlebten und erleben seine Schüler damals wie heute seine lebendige und intensive Führung. Er lehrte die Ergründung des Selbst (Atma Vichara). Es wurde eine Auswahl von 13 Schülern aus Ost und West getroffen, deren Begegnung mit Ramana Maharshi nachgezeichnet wird: Ganapati Muni, Muruganar, Kunju Swami, Echammal, Frank Humphreys, Paul Brunton, Alan Chadwick, Arthur Osborne, Balarama Reddy, Henri le Saux (Abhishiktananda), Arunachala Bhakta Bhagawat, Lucy Cornelssen (Satyamayi) und Miles Wright.

Verfasserin von der Biografie: Ramana Maharshi: Sein Leben, Übersetzerin von mehreren Büchern über Ramana Maharshi

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Leseprobe

In der Höhle des Herzens


Als Devaraja Mudaliar Sri Ramana fragte, ob denn die Erleuchtung allmählich käme oder spontan, erhielt er zur Antwort: „Wenn du mit einer Fackel eine dunkle Höhle betrittst, verschwindet die Dunkelheit dann allmählich oder sofort?“

Ein besonderes Merkmal von Sri Ramanas intensivem Blick und Schweigen war, dass sie das spirituelle Herz der Devotees öffnen konnten, wenn sie dafür reif waren.

Das Herz auf der rechten Seite der Brust ist der Ort der spirituellen Erfahrung unserer wahren Identität und das Zentrum von allem. Obgleich das Herz als das Selbst letztlich nicht auf eine körperliche Stelle begrenzt ist und weder innen noch außen lokalisiert werden kann, ist damit doch auch eine körperliche Erfahrung verbunden. In den ‚Gesprächen’ heißt es: „Das Herz ist kein Konzept, kein Meditationsobjekt. Es ist vielmehr der Sitz der Meditation. Allein das Selbst bleibt übrig. Du siehst den Körper und die Welt im Herzen. Es gibt nichts, was vom Herzen gesondert wäre. Somit haben alle Arten von Bemühungen dort ihren Sitz.“55

Es gab Fälle, in denen Devotees durch den Darshan Sri Ramanas diese Herz-Erfahrung machten und das Selbst verwirklichten. Als sie zum Maharshi kamen, hatten sie meist schon einen langen Meditationsweg hinter sich und bereits einen vorläufigen Blick in die wahre Wirklichkeit getan. Sie waren wie reife Früchte, die beim leisesten Anstoß ihren letzten Halt aufgeben und vom Baum fallen. Wie viele es waren, wird immer im Dunkeln bleiben, denn wir wissen nur von denen, deren Erfahrung überliefert wurde.

Als Masthan Swami dem Maharshi zum ersten Mal begegnete, hatte er folgendes Erlebnis: „Als ich zu Bhagavan kam, saß er unbeweglich wie ein Felsen vor der Virupaksha-Höhle, ohne dass sich sein Blick veränderte, der voller Gnade, Mitgefühl und Weisheit war. Ich blieb neben ihm stehen. Als er mir seinen Blick schenkte, öffnete er die Pforte meines Herzens, und ich wurde ebenfalls in seinen Zustand versetzt. Ich stand acht Stunden so da, wurde überhaupt nicht müde und war völlig von Frieden durchdrungen. In jenen Tagen öffnete Bhagavan unsere Herzen durch einen einfachen, gnadenvollen Blick und veränderte uns. Fragen waren nicht nötig, da er uns durch seinen Blick in seinen eigenen Zustand versetzte.“56

Der Niederländer Walter Keers, der wenige Monate vor dem Tod des Maharshi den Ashram besuchte, berichtet: „Plötzlich schaute er mich mit einem völlig erstaunten Lächeln an. Sein Lächeln fragte: ‚Was willst du?’ Dann veränderte sich sein Gesichtausdruck: ‚Du suchst die Brille, die auf deiner Nase sitzt!’ Seine Augen sprühten von Licht und Feuer. Als er mich anblickte, drang sein Blick in mich. Er durchdrang physisch meine Brust. Das Herzzentrum, das ich in seiner Gegenwart sehr oft gespürt hatte, erwärmte sich, wurde heiß wie Feuer und begann Funken zu sprühen, als ob eine elektrische Maschine in mein Herz eingebaut worden wäre. Ich saß aufrecht wie eine Nadel, meine Augen klebten an seinem durchdringenden, feurigen Blick. ‚Töte mich’, bat ich. Wie lang das dauerte, kann ich nicht sagen. Es geschah außerhalb von Zeit und Raum. Dann kam der Augenblick, in dem mein Körper die Anspannung nicht länger ertragen konnte. Es war, als würde meine Brust explodieren, und ich bat ihn, mich gehen zu lassen.“57

Auch Poonja (Papaji) hatte ein ähnliches Erlebnis: „Nachdem er zu mir gesprochen hatte, schaute er mir in die Augen. Mein Körper begann zu zittern und sich zu schütteln. Ein prickelndes Gefühl von Energie schoss durch meinen Körper. Meine Nerven fühlten sich an, als würden sie tanzen, und mir standen die Haare zu Berge. Ich wurde mir meines spirituellen Herzens bewusst. Es ist nicht das physische Herz, sondern die Quelle und Stütze von allem, was existiert. Mitten im Herzen sah oder fühlte ich etwas wie eine geschlossene Knospe. Sie strahlte leuchtend hell und bläulich. Während der Maharshi mich anschaute und ich in einen Zustand von Stille versunken war, spürte ich, wie sich diese Knospe öffnete und erblühte. Ich gebrauche das Wort ‚Knospe’, aber es ist keine genaue Beschreibung. Es wäre korrekter zu sagen, dass sich in meinem Herzen etwas, das sich wie eine Knospe anfühlte, öffnete und erblühte. Wenn ich ‚Herz’ sage, meine ich damit nicht, dass dieses Erblühen auf einen bestimmten Punkt im Körper beschränkt ist. Das Herz, dieses Herz meines Herzens, ist weder im Körper noch außerhalb davon. Ich kann mein Erlebnis nicht besser beschreiben. Alles, was ich sagen kann, ist, dass sich in der Gegenwart des Maharshi und durch seinen Blick das Herz öffnete und erblühte. Es war eine außerordentliche Erfahrung, eine, die ich nie zuvor gemacht hatte. Ich war nicht hergekommen, weil ich irgendeine Erfahrung machen wollte, und war deshalb völlig überrascht.“58

Rajamani beobachtete in der Halle folgende Szene: „Ich bemerkte einen weißhäutigen jungen Ausländer von vielleicht zehn Jahren, der einige Meter von mir entfernt zu meiner Linken saß. Neben ihm saß ein Weißer, vermutlich sein Vater, und noch weiter weg, auf der anderen Seite des Mittelgangs, saß eine Weiße, die ich für seine Mutter hielt. Ich beobachtete, dass Sri Bhagavans Augen kurz auf den Jungen gerichtet waren. Ich dachte, es sei nur ein zufälliger Blick. Der Junge schaute die ganze Zeit konzentriert auf Sri Bhagavan, als wolle er ihm gleich eine Frage stellen. Aber nein, er brach in Tränen aus. Ein ganzer Tränenstrom schoss aus seinen Augen. Es waren keine kummervollen Tränen, denn sein Gesicht strahlte vor Freude. Sri Bhagavans Blick, der nur für einen kurzen Moment auf ihm geruht hatte, hatte im Herzen des Jungen ein wahres Reservoir reiner Freude erschlossen. Es dauerte einige Zeit, ehe er zu weinen aufhörte.

Später sagte der Junge zu seiner Mutter: ‚Ich bin so glücklich. Ich möchte ihn nicht mehr verlassen. Ich will immer bei ihm bleiben.’ Seine Mutter war entsetzt. Sie bat Sri Bhagavan inständig: ‚Swami, bitte lass meinen Sohn wieder fort! Er ist unser einziges Kind. Wir wären ohne ihn sehr unglücklich.’ Sri Bhagavan lächelte und erwiderte: ‚Ihn fortlassen? Ich halte ihn nicht fest. Er ist eine reife Seele. Ein Funkte genügte, um sein spirituelles Feuer zu entfachen.’ Dann wandte er sich dem Jungen zu und sagte: ‚Gehe mit deinen Eltern. Ich bin immer bei dir.’ Er sagte das in Tamil, aber der Junge verstand ihn völlig. Er verneigte sich vor Sri Bhagavan und ging widerwillig mit seinen Eltern fort, unendlich reich mit seinem neu gefundenen spirituellen Schatz.“59

Einer von denen, die von sich sagten, in Sri Ramanas Gegenwart das Selbst verwirklicht zu haben, war Lakshmana Swami. Als er 1949 zum Ramanashram kam, war Sri Ramana bereits schwer erkrankt. Die Darshan-Zeiten waren gekürzt worden, und er war ständig von einer Menschenmenge umgeben, sodass es für Devotees fast unmöglich geworden war, mit ihm ein persönliches Wort zu wechseln.

Bei seinem zweiten Besuch verwirklichte Lakshmana das Selbst. Die offiziellen Darshan-Stunden waren von 3 bis 6 Uhr nachmittags. Kurz vor dem Darshan fand Lakshmana in der Nähe des östlichen Eingangs zur Halle einen Platz. Sri Ramana erschien pünktlich um 3 Uhr. Nach wenigen Minuten schloss Lakshmana die Augen und stellte fest, dass alle Gedanken unerwartet verschwunden waren, außer dem ursprünglichen Ich-Gedanken. Die Frage ‚Wer bin ich?’ tauchte spontan auf, und das lächelnde Gesicht Ramanas erschien vor seinem inneren Auge auf der rechten Seite der Brust. Sri Ramanas Gesicht war strahlender als unzählige Sonnen. In diesem unsäglichen Glück strömten ihm Freudentränen aus den Augen, denen er nicht wehren konnte. Schließlich kehrte der Ich-Gedanke zu seiner Quelle zurück, das innere Bild des Maharshi verschwand, und das Selbst verzehrte sein ganzes Sein. Von da an erstrahlte in ihm allein das Selbst, und der Ich-Gedanke, das individuelle Ich, tauchte nie mehr auf und regte sich in ihm nie wieder. Er berichtet: „Das Ich ging zu seiner Quelle, zum Selbst zurück und verschwand, ohne eine Spur zu hinterlassen. Allein das Selbst blieb übrig. Es ist ewiger Friede und Glückseligkeit.“

Als Lakshmana nach drei Stunden seine Augen wieder öffnete und sich umsah, bemerkte er, dass alles völlig normal aussah. Sri Ramana saß wie immer auf seinem Sofa, und die um ihn versammelten Devotees widmeten sich ihren Tätigkeiten. Sein Erlebnis war so intensiv gewesen, dass er sich sehr schwach fühlte und für einige Stunden nicht in der Lage war, sich zu bewegen und zu sprechen.

Am nächsten Tag ließ er Ramana einen Zettel aushändigen, auf dem stand: „O Bhagavan, in deiner Gegenwart und durch die Suchfrage ‚Wer bin ich?’ habe ich das Selbst verwirklicht.“ Sri Ramana las die Notiz, schaute ihn einen Moment an, und sein Gesicht erstrahlte in...

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