Diese geflügelte Aussage stammt nicht etwa aus dem Munde eines verbitterten 1860er Fans nach einer Niederlage
gegen den verhassten FC Bayern München. Dieser Ausspruch geht unter anderem auf Heribert Bruchhagen zurück, der auf
dem Gebiet des Fußballs und des finanziellen Drumherums als Kapazität gesehen werden kann. Bruchhagen hat bereits als Spieler, Trainer und als Manager Bekanntheit erreicht. Vor allem als Manager tat er sich hervor und war in dieser Funktion bereits in Schalke, Bielefeld und Hamburg aktiv. Heute ist Bruchhagen Vorstandsvorsitzender der Eintracht Frankfurt Fußball AG und seit August 2007 ist er Mitglied des DFL Vorstands. Heribert Bruchhagen war auch bereits als stellvertretender Geschäftsführer im Ressort “Spielbetrieb“ bei der DFL tätig. Im Gegensatz zu vielen seiner Zunftkollegen redet Bruchhagen ziemlich unverblümt daher, wenn es um die wirtschaftlichen und sportlichen Zusammenhänge des Fußballs geht. So sagte Bruchhagen bezüglich des sportlichen Erfolgs/Misserfolgs in der Bundesliga dereinst:
„……Geld schießt in der Tat Tore. Das können Sie daran sehen, dass das Ranking nach dem Etat auch das sportliche Ranking ist, vielleicht plus minus zwei Tabellenplätze. Wenn es besonders gut läuft, steht man etwas besser da, und wenn es schlecht läuft, steht man etwas schlechter da, aber im Prinzip können Sie die Geldrangliste auch als die sportliche Rangliste ansehen…….“
Dass finanzielle Kapazitäten im Profifußball schon immer essentiell für langfristigen, sportlichen Erfolg waren, ist an und für sich nichts Neues. In den Siebzigern standen sich in Deutschland zwei Fußballmächte gegenüber: Borussia Mönchengladbach und der FC Bayern München. Beide Klubs waren 1965 gemeinsam aufgestiegen und dominierten in den Siebzigern die Bundesliga. Gladbach holte alle fünf Meistertitel der Vereinsgeschichte sowie zwei UEFA Pokale in den Siebzigern. Bayern gewann drei Meisterschaften und konnte auf europäischer Bühne gar dreimal in Folge den Pokal der Landesmeister erspielen. Bayern München und Gladbach lagen zu jener Zeit also Kopf an Kopf. Doch Bayern schaffte es schließlich, sich in diesem Kräftemessen durchzusetzen, während Gladbach im Anschluss an diese große Ära ins Hintertreffen geriet. Der Grund war schon damals das schnöde Geld, denn Bayern hatte mit dem Olympiastadion ein weit größeres Stadion als die Gladbacher und konnte folglich mehr einnehmen. Die Gladbacher hingegen konnten zwar noch eine Weile oben mitspielen, mussten aber regelmäßig einige ihrer wichtigsten Spieler an die reichere Konkurrenz aus Bayern oder aus dem Ausland abgeben, da dort die größeren Verdienstmöglichkeiten lockten.
Man sieht also, dass das Geld auch schon vor den ausgehenden Achtzigern und dem exorbitanten Anstieg der Fernseh- und Sponsorengelder eine Rolle gespielt hat. Allerdings hat sich in dieser Hinsicht etwas ganz entscheidend geändert, denn das Problem ist nicht die Vorteilsnahme durch mehr Geld an sich, sondern es sind die Unsummen, mit denen Spitzenvereine mittlerweile jonglieren können und die eine schier unüberwindbare Kluft zwischen ihnen und den restlichen Vereinen schaffen. Allein die Teilnahme an der Champions League bringt Millionen von Einnahmen. Und das selbst dann, wenn man in Runde eins oder zwei sang- und klanglos scheitert. Dies macht die ausgedehnte Gruppenphase (Runde 1 der Endrunde) möglich. Bereits die Teilnahme an der ersten Runde der Champions League bringt sechs Spiele (drei Gegner je Gruppe mit Hin- und Rückspiel). Das bedeutet sechsmal Fernsehgelder absahnen, mehr Geld durch die Sponsoren aufgrund der internationalen Aufmerksamkeit, Prämien in Höhe von über 4 Millionen Euro (allein für die Teilnahme und unabhängig vom Erfolg) und dreimal zusätzliche Gewinne an der Stadionkasse für die drei Heimspiele. Diese Heimspiele werden dann auch noch etwas überteuert feil geboten, da es sich ja um internationale Begegnungen auf europäischer Bühne handelt, auch wenn diese bei einer ausgedehnten Gruppenphase längst bar jeden Turniercharakters sind. Erst ab Runde zwei geht es im klassischen Turniermodus (allerdings mit Hin- und Rückspiel) weiter. Man kann davon ausgehen, dass sich die meisten Favoriten (sprich Top Vereine) über die sechs Spiele der Runde eins in ihren Gruppen durchsetzen werden. Dadurch büßt die Champions League massiv an sportlicher Brisanz ein und wird vorhersehbarer.
Wenn eine Mannschaft sich also mit viel Dusel in Runde eins durchsetzt und in der zweiten Runde erbärmlich scheitert, dann hat sie nichts desto trotz ein exzellentes Geschäft gemacht. Denn wir reden hier bereits von sieben Spielen, die jeweils mächtig Kohle bringen. Zum Vergleich: In dem Turnier der Turniere – der WM – steht man nach sieben Spielen entweder im Finale oder im Spiel um Platz drei! Es wird also nicht in erster Linie der sportliche Erfolg honoriert, sondern die bloße Teilnahme an der ersten Runde Champions League bringt bereits wesentliche Mehreinnahmen. Wer das Achtelfinale erreicht (Runde 2) hat bereits zu diesem Zeitpunkt Einnahmen eingespielt (Prämien + TV Gelder), die durchaus dem Etat eines Bundesligaklubs entsprechen können. Wenn man nun in Betracht zieht, dass gewisse Top Klubs fast regelmäßig bis ins Viertelfinale der Champions League (oder darüber hinaus) kommen, dann wird klar, was für ein finanzieller Selbstläufer die Champions League über die Jahre hinweg für diese Vereine ist.
Ein Beispiel: Das Erreichen des Viertelfinals bringt allein an Prämien über 12 Millionen Euro. Bereits das entspricht schon bald dem Etat eines niederen Bundesligaklubs. Dazu kommen noch Fernsehgelder, Sponsorengelder, Eintrittsgelder …. Ob das mit dem sportlichen Motto: “Dabei sein ist alles!“, so gemeint war? Es ist zu bezweifeln.
Es gab sogar eine Phase, in der die Entschärfung der Champions League zu einem teilnehmerfreundlichen Selbstläufer noch viel weiter gediegen war. So gab es zeitweise nach der ersten Gruppenphase eine weitere Gruppenphase mit sechs Spielen. Das heißt, dass es erst ab dem Viertelfinale zum Turniermodus kam – also wenn gerade noch acht Mannschaften übrig waren. Das war den Zuschauern verständlicherweise aber zu langweilig und überstieg das Maß an zumutbarer Vorhersehbarkeit. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass es von 2000 bis Anfang 2008 eine Gruppe von europäischen Top Vereinen gab, die sich unter dem Namen “G-14“ zu einem Interessenverband zusammenschloss. Dies war ein Interessenverband der (zunächst) 14 mächtigsten Vereine Europas. Im Laufe der Zeit stießen noch weitere starke Klubs hinzu. Aus Deutschland waren schließlich Leverkusen, Dortmund und natürlich Bayern München darunter zu finden. Aus deutscher Sicht zählten jedoch nur die Bayern und die Dortmunder zu den Gründungsmitgliedern. Der Name “G-14“ spielte übrigens auf die G-8 Staaten an und lies tief blicken, mit welchem Selbstverständnis sich diese Vereinigung sah. Die UEFA sah die G-14 jedoch Gott sei Dank als den eigennützigen Interessenverband, der dieser zweifelsohne war und akzeptierte sie nicht als Verhandlungspartner. Entsprechend wurden die Forderungen der G-14 abgelehnt. Diese wollten nämlich gerne wieder die Zwischenrunde (in Form der zweiten Gruppenphase) einführen – brachte diese doch mehr Spiele und noch mehr Einnahmemöglichkeiten als ohnehin schon. Zudem sollte die sportliche Ungewissheit (aus Sicht der Top Vereine) mit gleich zwei Gruppenphasen wieder auf ein Minimum reduziert werden. Garantierte doch das bloße Erreichen der zweiten Gruppenphase bereits zwölf sichere Spiele mit den entsprechenden Mehreinnahmen. Die G-14 stellte ferner sogar die unverfrorene Forderung, dass die Champions League künftig nur noch geschlossen, zwischen den immer gleichbleibenden Teilnehmern stattfinden solle – unabhängig von den nationalen Meisterschaften. Die Dreistigkeit dieser Forderung ist kaum zu fassen, geht die Champions League doch auf den “Pokal der Landesmeister“ zurück. Aber Tradition ist nach Auffassung einiger Top Klubs scheinbar etwas, das nur in die Glasvitrinen der vereinseigenen Museen passt, um damit kokettieren zu können.
Die Forderungen der G-14 entlarvten jedoch sehr stark, wie sich heutige Top Klubs sehen und mit welchem unsportlichen, aber dafür wirtschaftlichem Kalkül gearbeitet wird. Denn was die G-14 wollte, war wieder einen Wettbewerb, der nach zwei Gruppenphasen mit Hin- und Rückspiel schon halbwegs gelaufen wäre und der zudem nur einem Kreis immer gleicher Auserwählter vorbehalten sein sollte. Die Gedanken dahinter – aus Sicht dieser Top Vereine – waren folgende: Ein Wettbewerb mit ausgeprägtem Turniercharakter (beispielsweise ein K.O. System mit Hin- und Rückspiel) beinhaltet die Möglichkeit, dass man selbst gegen einen kleineren Verein oder gegen einen gleichstarken Gegner binnen zwei Spielen ausscheidet. Das ist natürlich extrem beängstigend und ungünstig, wenn man sich einen Stab an Millionären erhalten und selbst noch gut verdienen will. Denn die Tatsache, dass man diesen begnadeten Fußballern auch begnadet viel Geld unterjubeln kann, um das Gros der anderen Vereine problemlos zu überbieten, macht auch erforderlich, dass die entsprechenden Einnahmen fließen. Also wollte man die Champions League sportlich noch weiter entschärfen, als sie es ohnehin schon ist und wieder die zweite Gruppenphase einführen. Dann wäre es denkbar unwahrscheinlich, dass man überraschend ausscheidet. In sechs Spielen darf man sich auch als Top Verein mal den einen oder anderen kleinen Ausrutscher erlauben. Und mit einer zweiten Gruppenphase würde selbst ein Ausscheiden in Runde zwei (mit insgesamt 12 sicheren Champions League Partien) durchaus zu verschmerzen sein. Es ging also nur darum, die millionenschweren Schäflein alle im Trockenen zu halten. Denn mit zwölf Spielen ab Runde zwei hätte sich einfach verdientes Geld einspielen lassen können. Und die Beschränkung der Champions League auf einen Kreis immer gleichbleibender Auserwählter hätte dafür gesorgt, dass man sich auch keine Sorgen darüber hätte machen müssen, infolge einer etwas schlechteren Saison mal die lukrative Champions League zu verpassen. Denn das wäre dann von vorneherein ausgeschlossen gewesen
Auch wenn die Forderungen der G-14 abgeschmettert wurden, hat die Champions League Endrunde viel vom einstigen Turniercharakter eingebüßt. Es setzen sich oft die üblichen Verdächtigen durch und spielen es wieder mal unter sich aus. Denn in der Gruppenphase der Vorrunde ist nahezu kein Raum für Überraschungen. Wenn ein potenzieller Außenseiter sechs Spiele lang über seine Rolle als Außenseiter hinauswachsen soll und dabei – im Gegensatz zur direkten Konkurrenz – nicht auf eine Garde aus Weltstars zurückgreifen kann, dann muss man sich nicht wundern, wenn dieser Außenseiter sich nicht durchsetzen wird. Die Struktur der Champions League begünstigt die Vereine, die mit viel Geld und somit großen Namen auftrumpfen können über alle Maßen! Dadurch werden die ohnehin reichen Vereine immer noch reicher, da die regelmäßige Teilnahme und das tendenziell gute Abschneiden an der Champions League stets erhebliche Einnahmen sichern. Und selbst dann, wenn es im Wettbewerb sportlich einmal nicht so läuft, kann man sich eines Mindestkontingents von sechs Spielen sicher sein. Was für fatale Auswirkungen dies auf den sportlichen Wettbewerb (sowohl national als auch International) hat, sieht man auch in diesem Fall an der “stärksten Liga der Welt“: der Premier League.
Die englische Premier League besteht seit 1992 und wurde damals anstelle der First Division (der heutigen zweiten Liga Englands) als neue höchste Spielklasse ins Leben gerufen. Ihren Ruf als stärkste Liga der Welt verdankt die Premier League dem Umstand, dass sie die meisten (hoch bezahlten) Weltstars des Profifußballs beschäftigt. Zudem schneiden die Klubs der Premier League in den letzten Jahren international nicht selten sehr gut ab. Allerdings ist das Ganze eher ernüchternd, wenn man in Betracht zieht, welche Clubs dies sind. In der Premier League qualifizieren sich nämlich die ersten zwei Klubs automatisch für die Champions League und selbst die Dritt- und Viertplazierten müssen erst ab der dritten (und letzten) Qualifikationsrunde für die Champions League Endrunde einsteigen (aufgrund der guten Fünfjahreswertung). Und auf den Rängen eins bis vier standen in den letzten Jahren, bis auf eine einzige Ausnahme, stets die selben vier Mannschaften: FC Chelsea, FC Liverpool, Arsenal London und Manchester United! Und da zeigt sich, wie sehr die Champions League zum Geldmotor für diese Mannschaften wird. Denn die regelmäßige Teilnahme bringt stets viele Millionen. Diese wiederum bringen neue Weltstars. Und diese wiederum sichern den Erfolg in der Premier League und die nächste Teilnahme an der Champions League. Denn mit einem Aufgebot von Weltklasse und einem Etat von über 100 Millionen Euro und mehr ist es über 38 Spieltage auch in der Premier League kein Hexenwerk, unter die ersten vier zu kommen. Dies zeigten die vergangenen Jahre überdeutlich.
Durch die Struktur der Champions League (die Gruppenphase, die wenig sportliche Brisanz dafür aber sicheres Geld verspricht) und den ungleichen Teilnahmeschlüssel (Fünfjahreswertung) werden die großen Vereine ganz klar mit Vorteilen überschüttet. Die Entwicklung, die über die letzten Jahre in England stattgefunden hat, ist eine klare Konsequenz dessen. Fußball wird somit in einem Ausmaß durch wirtschaftliche Gesichtspunkte entschieden, wie es vorher noch nicht gegeben war.
Die Premier League ist übrigens seit ihren Anfängen (1992) nur mittels Pay-TV zu verfolgen. Dort ging die Rechnung jedoch auf. Denn die neu eingeführte Premier League brachte ja einen Innovationseffekt mit sich, der die meisten Zuschauer dazu bewog, auch das Pay-TV in Anspruch zu nehmen. Dies ist übrigens mit ein Grund dafür, dass die TV Gelder in der Premier League sogar noch wesentlich höher ausfallen, als in der Bundesliga. Die englische zweite Liga hingegen erhält aus dieser Richtung viel weniger Zuwendungen. Das Gefälle zwischen Erst- und Zweitklassigkeit ist im englischen Fußball enorm! Häufig haben Aufsteiger es viel schwerer die Klasse zu halten, als es in der Bundesliga der Fall ist. Es kam sogar schon vor, dass alle drei Aufsteiger wieder postwendend in die Zweitklassigkeit abgerutscht sind (das war 1997/98). Die Saison 2001/02 hingegen markiert die einzige Saison in der bisherigen Geschichte der Premier League, in der alle drei Aufsteiger die Klasse halten konnten. Ansonsten stieg immer mindestens einer der Aufsteiger wieder ab. Das Gefälle nach unten ist in der Premier League also überaus steil. Während immer häufiger die selben Klubs die Tabellenspitze dominieren, schmieren unten immer wieder regelmäßig ein bis zwei Aufsteiger ab. Nicht selten werden sie zu regelrechten Fahrstuhlmannschaften, da sie am Geldsegen der Premier League schnuppern und so zu stark für viele Mitbewerber der zweiten Liga werden, in der Premier League selbst aber immer noch nicht bestehen können. Und das, obwohl (nein – eher gerade weil!) die Premier League die reichste Liga der Welt ist. Das Geschäft “Pay-TV“ hat es möglich gemacht.
Dass das Ganze hierzulande nicht so einwandfrei funktioniert, liegt vor allem daran, dass Herr Kirch einfach etwas aufgekauft hat, das vorher als gesellschaftliches Allgemeingut galt und für jeden verfügbar war, der ein Fernsehgerät sein Eigen nannte. Scheinbar ging Kirch davon aus, dass sein dahindümpelndes Pay-TV im selben Maße von der Bundesliga profitieren könnte, wie dereinst die privaten TV-Sender. Doch damit hat er sich ordentlich verschätzt, denn viele Fans zeigen dem Pay-TV die kalte Schulter. Und es bleibt zu hoffen, dass die quotenfreundlichen Anstoßzeiten der Bundesliga, die wir der DFL zu verdanken haben, nicht Wesentliches daran ändern. Bis her taten sie das jedoch nicht.
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