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Crowdfunding - ein Finanzierungsmodell für Kulturprojekte?

AutorPhilipp Eidinger, Robert Junge
VerlagScience Factory
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl295 Seiten
ISBN9783656498414
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Ein kostspieliges Projekt wird erfolgreich finanziert - aber nicht durch eine Bank, sondern dank dem Glauben vieler an die Projektidee. Das Modell der Schwarmfinanzierung ist kein Wunschtraum, sondern mit Plattformen wie kickstarter & Co. Realität. Wer Fans begeistertern und den Wunsch einzelner wecken kann, beim Start eines einzigartigen Projekts von Anfang an dabei zu sein, kann die Macht der vernetzten Öffentlichkeit nutzen, um stille Unterstützer in Kapitelgeber zu verwandeln. Dieses Buch befasst sich mit Potenzialen von Crowdsourcing und Crowdfunding mit Fokus auf die Kulturindustrie, unter anderem am Beispiel des Themas Film. Aus dem Inhalt: Die Macht der Crowd: Einführung ins Crowdsourcing und Crowdfunding Entstehungsgeschichte des Crowdfunding Potenziale für die deutsche Kulturindustrie und Vorstellung (deutscher) Crowdfunding-Plattformen Methoden der Filmfinanzierung und -förderung Aktuelle Beispielprojekte und Crowdfinancing: Stromberg, Iron Sky u.a.

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Leseprobe

Crowdfunding


Crowdfunding ist eine Finanzierungsmethode, um verschiedenste Arten von Projekten und Unternehmungen finanziell zu unterstützen oder komplett zu finanzieren. Wie der Name bereits zu verstehen gibt, tritt hierbei die „Crowd“ (dt. Masse) als Geldgeber auf. Im Gegensatz zum herkömmlichen Fundraising oder anderen Finanzierungsmethoden wie Beteiligungen durch Business Angels oder Risikobeteiligungen, bei denen meist wenige zahlungskräftige Investoren mit hohen Beträgen investieren, werden beim Crowdfunding kleine Beträge durch eine größere Masse an Menschen gegeben.[72] Man spricht auch teilweise von Mikrofinanzierung.[73] Der Begriff als solcher tritt erstmals 2006 im Blog „fundavlog“ von Michael Sullivan auf.[74]

Die Idee des Crowdfunding ist jedoch nicht unbedingt neu: Bereits Mozart und Beethoven finanzierten ihre Premieren oder Kompositionsdrucke durch sogenannte „a-priori-Subskriptionen“, bei denen eine festgelegte Anzahl an Subskribienten Zahlungen an die Komponisten vollzogen und dafür gewisse Privilegien als Gegenleistung bekamen.[75] Ein weiteres Beispiel frühzeitigen Crowdfundings ist der Bau des Sockels der Freiheitsstatue in New York, welcher - gefolgt durch einen Aufruf der New York Times - ebenfalls durch viele Spender finanziert wurde. Im Gegenzug wurden die Namen der Spender in der Zeitung genannt.[76]

Laut einer Crowdfunding-Studie durch Ikosom werden zum größten Teil Kreativ- und Unterhaltungsprojekte, wie Musikalben, Filme, Veranstaltungen und Bücher, durch Crowdfunding finanziert.[77] Weitere Felder sind Unternehmungsgründungen, die durch Crowdfunding in der sogenannten Early Gap Stage, also der Finanzierungslücke in der frühen Gründungsphase, unterstützt werden können. Zwischen der Unternehmung und den potenziellen Geldgebern können intermediäre Dienstleister agieren, die den monetären und informellen Austausch auf professioneller Ebene übernehmen. Es handelt sich dabei um Online-Plattformen, und man bezeichnet diese Form als indirektes Crowdfunding.[78] Bekannte Beispiele solcher Dienstleister sind „Fundable“[79], „Kickstarter“[80], „SellaBand“[81] und die deutschen Plattformen „Startnext“[82] und „seedmatch“[83]. In Hemer et al. werden die folgenden Crowdfunding-Finanzierungsinstrumente klassifiziert:

Spenden ohne Gegenleistung, Sponsoring mit fester Gegenleistung, Vorauszahlung mit festgesetzter Lieferung des bezahlten Guts bei Fertigstellung, Kredite mit festgelegten Zinsen und Equity als gesellschaftliche Beteiligung an Unternehmen.[84]

  • Crowdfunding ist zudem eine Form von Mikrofinanzierung und kann sich in folgenden Ausprägungen widerspiegeln:
  • Crowd-Spende (Mikrospende)
  • Crowd-Zuwendung (Mikrozuwendung)
  • Crowd-Sponsoring (Mikrosponsoring)
  • Crowd-Pre-Selling oder Pre-Ordering
  • Crowd-Kredite (Mikrokredite)
  • Crowd-Equity (Mikrobeteiligung) und Zwischenformen.[85]

Crowdfunding ist sowohl für den Profit- als auch für den Non-Profitsektor möglich und kann von materieller oder immaterieller Natur sein.[86]

Gegenleistungen


Gegenleistungen divergieren beim Crowdfunding je nach Art des zu finanzierenden Projekts zwischen monetären und nicht monetären Leistungen. Wenn bei dem jeweiligen Projekt Gegenleistungen als Anreiz angeboten werden, vollzieht sich ein wechselseitiges Geschäft zwischen dem, der die Leistung bzw. das Kapital bereitstellt, und dem, der dafür eine Leistung bzw. Gegenleistung erhält.[87] Die am häufigsten verwendete Gegenleistung ist die Prämie bzw. das „Dankeschön“ in nicht-monetärer Form.[88] Als Beispiel hierfür dient die deutsche Plattform „Sellaband“. Hier können Bands oder einzelne Musiker ihre CD-Produktion finanzieren, indem sie den für eine solche Produktion von der Plattform standardmäßig angegebenen Betrag von 50 000$ zusammentragen. Die Gegenleistung ist in dem Falle, dass man eine Investition von 10$ tätigt, der Erwerb einer solchen produzierten CD.[89] Die Prämien werden meist nach der Höhe des Spendenbetrags gestaffelt. So kann man beispielsweise im Abspann eines Films oder auf einem CD-Cover namentlich erwähnt werden oder zusätzlich auf Konzerte eingeladen werden.[90]

Die monetären Gegenleistungen wiederum setzen eine andere Form der Finanzierung voraus. Es handelt sich entweder um zinsfreie oder verzinste Kredite oder um Gewinnbeteiligungen oder Dividenden.[91] Die letztgenannte Form ist vor allem bei karitativen Organisationen oder Start-Up-Unternehmen anzutreffen.

Crowdfunding-Prozess


Um die Möglichkeiten des Crowdfunding für den Kulturbetrieb näher zu untersuchen, muss zunächst eine Analyse des Crowdfunding-Prozesses als solcher erfolgen. Anhand einer solchen Analyse kann man die unterschiedlichen Typen, deren Randbedingungen und den spezifischen Zweck besser einordnen.

Die Analyse bezieht sich hierbei auf die Dimensionen: Akteure, Zielsetzung und Motive sowie die organisatorische Verankerung der Organisatoren.

Die Hauptakteure setzen sich erstens aus den Ziel-Empfängern bzw. den Vorhaben, die Kapital suchen – also Künstlerprojekte, Start-ups oder gemeinnützige Projekte – und zum zweiten aus den Geld- bzw. Kapitalgebern - also individuelle oder organisierte Investoren - zusammen. Zwischen beiden steht, je nach Komplexität des Crowdfunding-Prozesses, ein Intermediär bzw. eine Internetplattform, welche zwischen den beiden Akteuren kommuniziert, den Finanztransaktionen regelt und eine Onlineplattform zur Verfügung stellt.[92] Dabei sind sogenannte Crowd-Spenden und Crowd-Sponsoring meist rechtlich und formal noch nicht so komplex wie Crowd-Kredite und Crowd-Equity.[93]

Quelle: Hemer. S. 35.

Die meisten Intermediäre entwickeln zusammen mit den Ziel-Empfängern ein Konzept und einen zeitlichen Rahmen für das zu finanzierende Projekt. Dabei haben die Intermediäre fast immer einen festen Zeitraum für alle Projekte, in denen die Zielsumme zusammenkommen muss, um das Projekt erfolgreich durchzuführen.

Verschiedene Crowdfunding-Finanzierungsmodelle


Grundlegend muss man zwei Crowdfunding-Finanzierungsmodelle voneinander unterscheiden: „Ex-ante“ Modelle, bei denen das Funding vor der Realisierung des Vorhabens stattfindet und „Ex-post-facto“-Modelle, bei denen das bereits realisierte Vorhaben finanziert wird.[94] Kappel befasst sich ausschließlich mit dem „Ex-ante“-Modell, welches beispielsweise zur Finanzierung von Musikproduktionen dient. Das besondere Interesse besteht darin, dass die Unterstützer- im Gegensatz zum bloßen Sponsoring - einen monetären Nutzen aus dem Erfolg eines Musikprojektes ziehen können und, ganz wie eine Plattenfirma, an das zu finanzierende Projekt glauben müssen.[95] Auch für die hier zu untersuchende Fragestellung sind die „Ex-ante“-Modelle von größerem Interesse.

Spenden

Spenden sind freiwillige Leistungen ohne Verpflichtungen zur Gegenleistung. Sie basieren auf Vertrauen und folgen altruistischen und philantropischen Motiven. Spendenmodelle sind daher beim Crowdfunding von nichtkommerziellen Vorhaben am häufigsten zu beobachten.[96] Für altruistische Spenden besonders in künstlerischen Bereichen wird im angelsächsischen Raum oft der Begriff Patronatsmodell verwendet.[97] Der Hauptzweck für das Spenden besteht darin, die Not anderer zu lindern. So gingen 2005 laut deutschem Spendenmonitor 57% aller Spenden an Nothilfeprogramme in Kriegs- oder Katastrophengebiete. Nur 2% wurden für Kunst und Kultur gespendet.[98]

Spenden werden zum überwiegenden Teil von Privatpersonen ausgeführt. In den USA beträgt der Anteil privater Spenden am gesamten Spendenvolumen sogar 75%.[99]

Reine Spenden sind daher für das Crowdfunding von kulturellen Gütern und Projekten nur bedingt möglich, da es sich in der Regel um ein Gut handelt, und der Spender dafür eine Gegenleistung erwartet.[100]

Sponsoring

Im Unterschied zum Spendenmodell erwartet der Sponsor eine vertraglich festgesetzte Gegenleistung.[101] Sponsoren sind in fast allen Fällen Unternehmen, die mit der Gegenleistung...

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