Dieses Kapitel geht zunächst auf verschiedene Definitionen der Kundenbindung ein. Im Anschluss daran werden Voraussetzungen und verschiedene Ansätze zur Entstehung von Kundenbindung aufgezeigt und erläutert. Abschließend werden Strategien und Instrumente der Kundenbindung dargestellt.
Der Begriff Kundenbindung wird in der Literatur unterschiedlich aufgefasst. Nachfolgend werden zwei Definitionen näher dargestellt und erläutert:
Nach HOMBURG und BRUHN wird die Kundenbindung als „sämtliche Maßnahmen eines Unternehmens, die darauf abzielen, sowohl die bisherigen Verhaltensweisen als auch die zukünftigen Verhaltensabsichten eines Kunden gegenüber einem Anbieter oder dessen Leistungen positiv zu gestalten, um die Beziehung zu diesem Kunden für die Zukunft zu stabilisieren bzw. auszuweiten“ betrachtet.[70]
Demnach ist Kundenbindung aus Unternehmenssicht folglich die gezielte Tätigkeit eines Anbieters, um ein Produkt oder eine Dienstleistung positiv auf das Kaufverhalten eines Kunden hin auszurichten. Das bisherige Kaufverhalten soll durch gezielte Maßnahmen der Kundenbindung nicht nur beibehalten, sondern zukünftig noch weiter ausgebaut und gestärkt werden.
Bei der Konkretisierung des Begriffs der Kundenbindung unterscheidet MEFFERT zwischen zwei Sichten: der kaufverhaltens- bzw. nachfragerbezogenen und der managementbezogenen Perspektive.
Die managementbezogene Perspektive richtet sich auf ein Unternehmen und fasst die Bindung des Kunden als einen Tätigkeitsdrang auf, der auf Herstellung oder Intensivierung emotionaler oder faktischer Bindungen von Kunden ausgerichtet ist. Faktische Bindungen können also vertraglicher, technisch-funktionaler oder ökonomischer Natur sein. Bei emotionalen Bindungen stellt die Zufriedenheit des Kunden in Bezug auf das Unternehmen das zentrale Merkmal dar.[71]
Bei der Interpretation der managementbezogenen Perspektive wird Kundenbindung als ein aktiver Prozess gesehen, in dem der Kunde entweder aufgrund faktischer Rahmenbedingungen und Wechselbarrieren dem Unternehmen treu bleiben muss oder aus eigener Motivation dem Unternehmen treu ist und bleibt. Ein Wechsel zu einem anderen Anbieter wäre bei der emotionalen Bindung aber jederzeit möglich.[72]
Die kaufverhaltensbezogene Perspektive stellt Kundenbindung als „den Grad, zu dem private oder institutionelle Nachfrager aufgrund faktischer oder emotionaler Bindungen beim Wiederkauf eine identische Entscheidung bezüglich der Wahl einer Leistung, einer Marke (…) oder einer Geschäftsstätte treffen“ dar.
Hiernach wird Kundenbindung als Entschluss eines Kunden zu Wiederholungskäufen gesehen und ist im Unterschied zur managementorientierten Perspektive, die Kundenbindung als einen dynamischen Vorgang betrachtet, eine statische Zustandsbetrachtung.[73]
Um eine erfolgreiche und langfristige Kundenbindung zu erreichen, ist es notwendig, die Zufriedenheit eines Kunden und sein Vertrauen zu erlangen. Auf diese beiden Voraussetzungen (Zufriedenheit und Vertrauen) wird im Folgenden eingegangen, um anschließend durch ausgewählte verhaltenstheoretische Erklärungsansätze einen Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung aufzuzeigen.
Viele Unternehmen wünschen sich eine hohe Kundenzufriedenheit. Häufig haben sie die Bedürfnisse der Kunden erkannt, können die Erfüllung dieser jedoch nicht vollständig gewährleisten. Daher müssen alle zuständigen Bereiche und Mitarbeiter für den Kunden Verständnis zeigen und dieses auch in ihrem täglichen Handeln umsetzen, um das Ziel der Kundenzufriedenheit zu erreichen.
Ein Kunde ist zufrieden, wenn seine Erwartungen an das Produkt oder Dienstleistung erfüllt beziehungsweise übertroffen werden. Beim Kauf unterscheidet der Kunde daher zwischen drei Qualitätsmerkmalen: Grundqualität, Leistungsqualität und Begeisterungsqualität. Die alleinige Grundqualität eines Produktes reicht allerdings nicht aus, da dies als selbstverständlich für den Kunden angesehen und beim Kauf nicht ausdrücklich geäußert wird. Ist diese Qualitätsanforderung des Kunden an ein Produkt nicht erfüllt, entsteht Unzufriedenheit. Durch eine intensivere Bereitstellung von Grundqualität entsteht jedoch noch keine Zufriedenheit, daher sollte ein Produkt mindestens Leistungsqualität aufweisen. Leistungsqualität enthält Forderungen, die Zufriedenheit beim Kunden auslösen, so dass er bereit ist, etwas mehr zu bezahlen. Jedoch sollte dabei berücksichtigt werden, dass Leistungsqualität individuell bewertet wird. Der Kunde wird sodann die Besonderheiten des Produktes positiv bewerten und als Stärken herausstellen. Dadurch ist es ihm möglich, einen Vergleich der verschiedenen Produkte auf dem Markt durchführen zu können.
Die höchste Zufriedenheitsstufe wird als Begeisterungsqualität bezeichnet. Hierbei handelt es sich i. d. R. um Soft Facts, wie beispielsweise das Markenbewusstsein eines Kunden. Durch eine Marke kann sich der Kunde schnell orientieren, weiß z. B., dass Qualität und Preis stimmen. In den meisten Fällen hat Begeisterungsqualität nur indirekt etwas mit dem gekauften Produkt oder der Leistung zu tun. Um den Beitrag zur Kundenzufriedenheit zu erhöhen bzw. zu erneuern, sollte ein Unternehmen ständig durch Begeisterungsqualität beeindrucken können, da diese mit der Zeit auch abnehmen kann.[74]
„Man sollte nicht unterschätzen, wie stark die Begeisterungsqualität aufgefrischt wird, wenn ein Käufer erfährt, dass seine Bekannten dasselbe Produkt wie er gekauft haben und dass sie ihre Kaufentscheidung als richtig betrachten“.[75]
Folglich erhält eine kontinuierliche Auffrischung durch Begeisterungsqualität diese Zufriedenheit, da der Kunde gewissermaßen im positiven Sinne „überrascht“ wird. Kundenzufriedenheit erhöht damit den wahrgenommenen Nutzen der Grundleistung. Ihr Nichtvorhandensein führt jedoch nicht zur Kundenunzufriedenheit, da der Kunde diese Leistung von vornherein nicht ausdrücklich vorausgesetzt hat.[76]
Die Erfüllung beziehungsweise Nichterfüllung der drei Qualitätsmerkmale Grundqualität, Leistungsqualität und Begeisterungsqualität führt zu Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit. Ist ein Kunde unzufrieden, da seine Erwartungen nicht erfüllt oder nicht mehr erfüllt sind, kann davon ausgegangen werden, dass dieser eine bestehende Geschäftsbeziehung sicherlich beenden wird. Dies setzt jedoch voraus, dass keine Wechselbarrieren für den Kunden bestehen und er die Geschäftsbeziehung zu jeder Zeit beenden kann.
Das Ziel sollte daher sein, den Kunden zum Wiederholungs- und Folgekauf zu bringen, ihn an das Unternehmen zu binden und dadurch eine strategische Geschäftsbeziehung aufzubauen. Denn nur bei vollkommener Zufriedenheit bleibt ein Kunde auch weiterhin dem Unternehmen erhalten.
Grafisch stellt sich der Zusammenhang zwischen Grund-, Leistungs- und Begeisterungsqualität wie folgt dar:
Abb. 2: Kano-Modell[77]
Funktioniert eine Geschäftsbeziehung zwischen Kunden und Unternehmen, kann als Ergebnis daraus eine Kundenbindung folgen. Damit eine Geschäftsbeziehung jedoch funktioniert, ist Vertrauen zwischen den Geschäftspartnern sehr wichtig. Vertrauen ist damit Basis einer jeden Beziehung. Unter Vertrauen wird die Bereitschaft der Kunden, sich auf ein Unternehmen und dessen zukünftiges Handeln ohne weitere Prüfungen zu verlassen, verstanden.
Vertrauen entsteht erst über einen längeren Zeitraum sowie über die Erfahrung aus den Abwicklungen vergangener Geschäfte. Sind diese in der Vergangenheit positiv verlaufen, ist eine Vertrauensbasis entstanden. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese zukünftig nicht missbraucht wird. Vertrauen beruht folglich auf Gegenseitigkeit.
Vertrauensfördernde Maßnahmen können das Nutzen von Referenzen, die Schaffung von Ähnlichkeiten und eine Vertrauenskommunikation sein....