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E-Book

Glück: Wie das Leben gelingt (GEO Wissen eBook Nr. 1)

VerlagGEO WISSEN
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl107 Seiten
ISBN9783652003698
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis3,99 EUR
Wer möchte das nicht: glücklich und zufrieden sein. Doch da endet die Einigkeit schon. Allein zur Frage, was denn der Kern des Glücks sei, finden sich die unterschiedlichsten Antworten. Glück ist ein ebenso schillernder wie unpräziser Begriff, irgendwo angesiedelt zwischen dauerhafter Ekstase und stiller Zufriedenheit. In diesem eBook haben wir die besten Reports, Essays, Reportagen und Interviews aus GEO WISSEN zum Thema Glück zusammengestellt. Die Autoren dieses reinen Lesebuchs nähern sich dem Phänomen aus unterschiedlichen Richtungen und Perspektiven. Auf diese Weise geben sie Anregungen, wie man als Mensch den ein oder anderen Schritt weiterkommt auf dem ganz persönlichen Weg zu mehr Glück und Zufriedenheit. Inhalt Lebensmut: Auf der Suche nach den Quellen des Glücks Soziale Bindungen: Niemand ist eine Insel Persönlichkeitsforschung: Die Biochemie der Lebensfreude Gesellschaft: Das große Glück der kleinen Völker Philosophie: Ein Hauch, ein Husch, ein Augenblick Selbstwertgefühl: Den Schatten akzeptieren Auf der Suche nach der neuen Balance: Yoga-Klettern Innere Stärke: Was sich von Menschen mit großer Resilienz lernen lässt

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Leseprobe

Soziale Bindungen


Niemand ist eine Insel


Was sind uns andere Menschen wert? Wirtschaftswissenschaftler behaupten, dass sie sich in Geld kaum aufwiegen lassen. So lassen uns gute Freundschaften beispielsweise langsamer altern. Und auch enge Familienbande sind enorm wichtig für die Lebenszufriedenheit – wenn auch nicht um jeden Preis

Von Susanne Paulsen

Was macht Menschen glücklich? Glaubt man der Mehrheit jener Wissenschaftler, die sich mit dieser Frage befassen, so lautet die Antwort: vor allem andere Menschen, besonders aber Freunde und Familienmitglieder. Das jedenfalls ist ein Fazit im „World Book of Happiness“, einem Kompendium, in dem mehr als 100 Glücksforscher aus fast 50 Ländern die Erkenntnisse ihrer Arbeit zusammengetragen haben.

„Geben Sie engen Beziehungen den Vorzug vor Erfolg“, schreibt der US-Sozialpsychologe David G. Myers. „Wir sind vom Glück anderer abhängig“, erklärt der rumänische Soziologe Sergiu Baltatescu.

„Niemand ist eine Insel“, schreibt der Grieche Konstantinos Kafetsios, der über Gefühle forscht. „Erfahren Sie zwischenmenschliche Beziehungen“, rät dessen chinesischer Kollege Xing Zhanjun.

„Glück ist sozial“, so der britische Ökonom Andrew Clark.

Die Quintessenz all dieser Aussagen: Das soziale Wesen Homo sapiens ist bei der Suche nach Glück entscheidend von anderen Vertretern seiner Spezies abhängig, von Freunden, Partnern und Kindern.

Freunde: Das Netz, das einen trägt


Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen in den vergangenen Jahren haben ergeben, was ohnehin selbstverständlich erscheint: Freunde fördern das Wohlbefinden. Der Grund, weshalb die Forscher großen Aufwand betrieben, um eine auf den ersten Blick höchst triviale Frage zu beantworten: Sie wollten die umgekehrte Kausalität ausschließen – dass der augenfällige Zusammenhang zwischen Freundschaft und Glück also schon deshalb zustande kommt, weil glückliche Menschen leichter Kontakte schließen.

Freundschaften haben aber noch weitere positive Effekte. Sie halten gesund, mehr noch: Sie können das Leben des Einzelnen sogar um Jahre verlängern. Das zeigte sich kürzlich bei einer über zehn Jahre laufenden Studie mit fast 1500 australischen Männern und Frauen im Alter von mehr als 70 Jahren. Das Ergebnis: Ein starkes Netz aus Freunden erhöhte die Lebenserwartung der Probanden um bis zu 22 Prozent.

Dagegen blieb ein enger Kontakt mit den eigenen Kindern oder mit Verwandten ohne vergleichbare Effekte.

Die Forscher führen das darauf zurück, dass Menschen sich ihre Freunde im Gegensatz zu ihren Verwandten selbst auswählen können.

Die positiven Effekte wirken allerdings vor allem dann, wenn die Beziehung zu Freunden nicht ausschließlich dem gegenseitigen Nutzen oder dem gemeinsamen Vergnügen dient. Glücks- und gesundheitsfördernd ist vor allem jene Form der Freundschaft, die der griechische Philosoph Aristoteles bereits vor über 2000 Jahren als „tugendhaft“ bezeichnete: ein vertrautes Miteinander in gegenseitiger Anteilnahme und Fürsorge. Im Idealfall trifft man sich häufig, mindestens einmal pro Woche.

Wie viele Freunde ein Mensch hat, ist dabei nicht wichtig, sondern dass er überhaupt vertraute Beziehungen pflegt.

Große Studien haben gezeigt, das dies keineswegs selbstverständlich ist: Während bei Umfragen in Deutschland, der Schweiz und Norwegen immerhin 95 Prozent der Menschen angaben, zu mindestens einer Person in vertrauter Beziehung zu stehen, war das in Kanada und Großbritannien nur bei 87 Prozent der Fall. In Italien konnten sogar nur etwa 75 Prozent der Befragten eine ihnen vertraute Person benennen.

Britische Wissenschaftler haben nachgewiesen, wie stark sich Unterstützung durch Vertraute auswirken kann, selbst wenn man sie erst verhältnismäßig kurz kennt. Die Forscher brachten Frauen, die an chronischen Depressionen litten, mit sogenannten „Befrienders“ zusammen: freiwilligen Helferinnen, die sich regelmäßig mit ihnen trafen und so etwas wie eine enge Freundschaft simulierten.

Manchmal plauderten sie einfach mit den Probandinnen. Aber sie versuchten auch, tiefer gehende Gespräche zu führen, etwa über Gefühle. Nach einem Jahr war die Depression bei 72 Prozent der Frauen stark zurückgegangen. In der Kontrollgruppe ohne Befrienders erlebten dagegen nur 45 Prozent der Frauen eine derartige Besserung.

In solch vertrauten Beziehungen – gleichgültig, ob künstlich angebahnt oder natürlich entstanden – haben

Experten mehrere „Wirkfaktoren“ identifiziert. So erzeugt die Gegenwart eines Freundes ein Gefühl von Sinn und lindert Stress. Auch treffen Menschen bessere Lebensentscheidungen, wenn jemand mitdenkt und mitfühlt. Sehr wichtig auch: Ein Mensch, der über seine Sorgen sprechen kann, versucht sie nicht so leicht durch Alkohol oder andere Süchte zu überdecken.

Welche Rolle aber spielen soziale Netzwerke wie etwa „Facebook“ oder „Myspace“, in denen man Hunderte virtueller Freunde um sich scharen kann?

Freundschaftsforscher sehen die Beziehungspflege per Internet meist kritisch: Virtuelle Nähe könne kein Ersatz sein für echte Freundschaft mit ihrer körperlichen Nähe, den real erlebten Hochs und Tiefs des Gegenübers. Allerdings schaffe das Netz neue Möglichkeiten, Bekanntschaften zu schließen und alte Freundschaften zu pflegen.

Zudem dokumentieren erste Studien, wie schwer manchen Menschen der Verzicht auf die virtuellen Kontakte fällt. So veranlasste ein Schweizer Wirtschaftspsychologe 50 Männer und Frauen im Alter von 17 bis 52 dazu, sich für einen Monat nicht bei Facebook einzuloggen – zuvor hatten sie dies mindestens dreimal am Tag getan.

Etliche der Studienteilnehmer bekamen nach kurzer Zeit regelrechte Entzugserscheinungen: Herzklopfen, schweißnasse Hände, ein Gefühl innerer Leere. Vor allem die Jüngeren fühlten sich sozial ausgegrenzt; einige von ihnen kannten von ihren Facebook-Freunden weder die E-Mail-Adresse noch die Telefonnummer.

Dann aber spürten die Probanden auch positive Folgen des Entzugs. Manche widmeten ihrem Partner mehr Zeit. Andere beschäftigten sich wieder mit Hobbys oder schrieben erstmals seit Jahren persönliche Briefe. Viele nahmen sich vor, Facebook nach der Zwangspause bewusster zu nutzen. Ganz darauf verzichten wollte jedoch keiner.

Forscher glauben, dass die Facebook-Nutzer es vor allem vermisst haben, sich vor Publikum möglichst positiv darstellen zu können. Dafür sprechen auch Daten von Facebook selbst. Demnach listen Nutzer zwar durchschnittlich 120 virtuelle Freunde auf. Doch nur mit vier bis sechs von ihnen wird regelmäßig korrespondiert.

In Deutschland haben sich Freundschaftsbeziehungen in den vergangenen Jahrzehnten merklich intensiviert; das bestätigen unabhängig voneinander der Familien-Survey des Deutschen Jugendinstituts in München und das Hamburger Institut für Sozialforschung.

Dazu, so die Forscher, habe auch beigetragen, dass immer mehr Menschen heute kaum noch Familie haben.

Partner: Auf der Suche nach dem Gegenüber


Umfragen zeichnen ein eindeutiges Bild: Verheiratete sind – im Durchschnitt – glücklicher als Singles. „Trotzdem können wir keine eindeutige Empfehlung für eine Heirat aussprechen“, sagt Alois Stutzer, Glücksforscher an der Universität Zürich. Denn ein großer Teil des Effekts komme dadurch zustande, dass glückliche Menschen ohnehin häufiger heiraten.

US-Psychologen haben das in einer Langzeitstudie anhand der Fotos von 111 College-Studentinnen aus den Jahren 1958 und 1960 demonstriert. 50 der Studentinnen zeigten auf diesen Fotos ein „echtes Lächeln“. Anders als das „soziale Lächeln“ – das auf den Gesichtern der meisten anderen Studentinnen zu sehen war – bezieht das „echte Lächeln“ die Augenringmuskeln mit ein. Es ist ein Zeichen dafür, das sich diejenige Person auch innerlich froh fühlt und wahrscheinlich bei anderen besser positive Emotionen erspüren kann.

Das wirkte sich auf die Heiratschancen aus: Vier Jahrzehnte später waren die Mädchen mit „echtem Lächeln“ – unabhängig von ihrem Aussehen und ihren Charaktereigenschaften – mit größerer Wahrscheinlichkeit verheiratet als ihre eher aus sozialen Gründen lächelnden Mitstudentinnen.

Ähnliches gilt für Männer, haben Alois Stutzer und sein Kollege Bruno Frey kürzlich gezeigt: Auch bei ihnen lässt Zufriedenheit die Heiratswahrscheinlichkeit ansteigen.

Beziehen die Forscher diesen Effekt in ihre Berechnungen ein, bleibt (je nach Studie und Auswertungsmethode) nur...

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