Mit der Gründung der „Deutschen Leasing GmbH“ Düsseldorf im Jahre 1962 begann die Verbreitung des Leasings in Deutschland.[57] Bis heute hat sich Leasing als innovative Alternative zur traditionellen Investition mit Krediten durchgesetzt, denn über die Hälfte aller außenfinanzierten und somit nicht mit Eigenmitteln oder aus Abschreibungsrückflüssen finanzierten Ausrüstungsinvestitionen werden durch Leasing finanziert. Dies spiegelt die Bedeutsamkeit des Leasings als zuverlässiger Investitionsmotor, auch in Zeiten rückläufiger gesamtwirtschaftlicher Investitionstätigkeit, wider.[58]
Unter Leasing[59] versteht man die miet- oder pachtweise Überlassung von Wirtschaftsgütern durch die Hersteller dieser Güter oder durch besondere Leasing-Gesellschaften an einen L.-Nehmer. Dies geschieht unter periodischen Zahlungen von Leasing-Raten[60] an den L.-Geber.[61] Bei den geleasten Wirtschaftsgütern handelt es sich meistens um Gebäude, Maschinen, Schiffe, PKW und sonstige Anlagegüter, die folgende Graphik zeigt.
Abbildung 4: Anteile in Prozent nach Anschaffungswerten
Quelle: BDL, Stand 2005
Der L-Vertrag enthält Elemente des Miet- und Pachtvertrages, des Ratenkaufvertrages, und u.a. Elemente des Nutzungsrechts und Mietkaufs. Somit ist Leasing rechtlich gesehen mit der Vermietung oder Verpachtung von Investitions- bzw. Konsumgütern vergleichbar.[62] Aus finanzwirtschaftlicher Sicht ist es die Nutzungsüberlassung eines Investitionsobjektes gegen Entgelt durch einen außenstehenden Finanzier und Eigentümer mit der Wirkung, dass der Nutzer die Anschaffung des Investitionsobjektes nicht aus eigenen Mitteln direkt bezahlen muss.[63]
Zusammenfassend kann man somit sagen: Leasing ist eine vertraglich geregelte, gegen Entgelt gewährte und zeitlich begrenzte Nutzungsüberlassung bewegl. oder standortgebundener Wirtschaftsgüter. Anders als bei der Kreditfinanzierung werden hier die Eigentumsrechte zeitweilig zwischen L.-Nehmer und L.-Geber aufgespalten.
Der L.-Nehmer hat neben dem Recht zur Nutzung des Leasingobjekts und dem Recht zur Aneignung von Gewinnen, die durch diese Nutzung entstehen, auch die Verpflichtung, Verluste aus der Nutzung des Leasingobjekts selbst zu tragen. Dem L.-Geber hingegen wird das Recht zugeschrieben, das Leasingobjekt entweder zu verändern oder zu verkaufen.[64]
Um die typischen Merkmale einzelner Leasingformen zu erfassen, ist es sinnvoll, eine Systematisierung nach verschiedenen auftretenden Kriterien vorzunehmen.
Für den Hersteller ist Leasing (Vertriebs- und Absatzleasing) ein wesentliches Instrument der Absatzförderung, da er dem Kunden eine Paketlösung für sein Investitionsprojekt anbieten kann. Da die Übernahme der Rolle des Finanzier ein zusätzliches Debitorenrisiko mit sich bringt und den Aufbau eines wirksamen Kreditmanagements erfordert, bietet es sich für den Hersteller an, entweder die Zusammenarbeit mit einem unabhängigen Leasinganbieter zu suchen (indirektes Leasing) oder die Gründung einer eigenen Leasinggesellschaft (direktes Leasing) zu erwägen.[65]
Das direkte und indirekte Leasing unterscheiden sich nach der wirtschaftlichen Stellung des L.-Gebers, wobei beim direkten Leasing der Hersteller des Leasing-Objektes zugleich als L.-Geber auftritt. Hingegen fungiert beim indirekten Leasing der Hersteller nicht als L.-Geber, sondern veräußert den Gegenstand an eine meist unabhängige Leasing-Gesellschaft, die es dem L.-Nehmer zur Verfügung stellt. Die Leasing-Gesellschaft selbst refinanziert sich über ein Kreditinstitut.[66]
Abbildung 5: Ablaufprozess indirektes Leasing
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Olfert, K.: Finanzierung
Bei dieser Form des Leasings wird nach der Art des Leasingobjektes unterschieden. Das Konsumgüterleasing, also das Leasen von Gütern, die nicht direkt der Einkommenserzielung bzw. dem Produktionsprozess dienen, wird überwiegend von Händlern bzw. Herstellern den Kunden am Point of Sale angeboten.[67] Es wird häufig bei höherwertigen Konsumgütern mit langer Lebensdauer verwendet, wie z.B. Automobile und TV-Geräte. Durch eine gering erscheinende Rate wird dem Interessenten die sofortige Realisierbarkeit seiner Wünsche suggeriert, zumal dies ohne Finanzierungsanfrage bei der Hausbank geschieht. Jedoch muss sich der potentielle Käufer einer Bonitätsprüfung bei der jeweiligen Leasing-Gesellschaft unterziehen.
Das Investitionsgüter-Leasing, auch Equipment-Leasing[68], kann in die Vermietung bewegl. Anlagegüter (Mobilien wie Büro-, Werkzeug- oder Baumaschinen) und die Vermietung unbewegl. Anlagevermögens wie das Immobilien-Leasing oder die Pacht kompletter Industrieanlagen differenziert werden.[69] Letzteres wird auch als Plant-Leasing[70] bezeichnet, da die Betriebsanlagen meist aus bewegl. und unbewegl. Wirtschaftsgütern bestehen. Laufzeiten von 20-30 Jahren sind hier die Regel.
Ein bedeutendes Unterscheidungsmerkmal beim Leasing ist der Verpflichtungscharakter bei der Vertragsdauer und die Kündbarkeit. Danach gibt es zwei Grundformen: das Operate Leasing und das Finance-Leasing.
Kennzeichnend für das Operate-Leasing ist entweder eine vertraglich vereinbarte kurzfristige Gebrauchsüberlassung[71] oder aber ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Leasing-Vertrag, der sowohl dem L.-Nehmer als auch dem L.-Geber das Recht einräumt, eine Kündigung unter Einhaltung bestimmter Fristen auszusprechen, ohne dass eine Abschlusszahlung fällig wird. Diese Variante bietet den L.-Nehmer die Möglichkeit, ein vorübergehend benötigtes Wirtschaftsgut durch Leasing zu nutzen, ohne dabei eine langfristige Investition tätigen bzw. Bindung eingehen zu müssen.[72] Der L.-Nehmer hat jedoch für die Gebrauchsüberlassung ein entsprechendes Entgelt in Form einer äquidistanten monatlichen Rate zu entrichten. Hier ist hervorzuheben, dass das Investitionsrisiko der L.-Geber trägt, da die tatsächliche Nutzungsdauer kürzer als die technisch mögliche Nutzungsdauer sein kann. Ebenfalls übernimmt er die Reparatur-, Wartungs- und Versicherungskosten des Wirtschaftsgutes. Der L.-Geber hat zusätzlich das Amortisationsrisiko zu tragen.[73] Die Amortisation tritt meist erst nach mehrfacher Vermietung oder Verkauf des L.-Objekts ein. Zivilrechtlich gesehen stellt das Operate-L. ein gewöhnliches Miet- oder Pachtverhältnis dar.
Die andere Art der Nutzungsüberlassung erfolgt durch das Finance-L., die in Deutschland vorherrschende Vertragsform.[74] Bei dieser Form des Leasings wird eine feste Grundmietzeit (sie beträgt 50-75% der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer) vereinbart, die weder durch den Leasing-Geber noch durch den Leasing-Nehmer gekündigt werden kann. Die Ausnahme ist ein kündbarer Teilamortisationsvertrag.[75] Der L.-Nehmer hat ebenfalls ein Entgelt zu entrichten, welches den Anschaffungs- und Finanzierungskosten zzgl. des Gewinns und der Zinslast des Leasing-Gebers entspricht. In der Regel handelt es sich hierbei um einen langfristigen Vertrag, bei dem das Investitionsrisiko (z.B. Gefahr der technischen Überalterung während der Grundmietzeit) auf Seiten des Leasing-Nehmers liegt, da dieser die Amort. aller Aufwendungen des Leasing-Gebers sicherzustellen hat. Zusätzlich wird er zu umfassender Versicherung, Wartung und Instandsetzung verpflichtet. Der L.-Geber hingegen beschafft das Kapital, finanziert damit die Nutzungsmöglichkeit und trägt daher das Finanz- bzw. Kreditrisiko.
Hinsichtlich der Amortisation unterscheidet man beim Finance-L. zwischen Vollamortisationsverträgen (Full-Pay-Out) und Teilamortisationsverträgen (Non-Full-Pay-Out).[76] Bei Vollamortisationsverträgen decken die während der Grundmietzeit entrichteten Leasingraten die Anschaffungskosten sowie sämtliche Aufwendungen der Leasinggesellschaft vollständig. Bei Vertragsende muss der Leasinggegenstand normalerweise unverzüglich an den L.-Geber zurückgegeben werden. Da er aber oftmals an einer weiteren Nutzung des Wirtschaftsgutes interessiert ist, wird dem L.-Nehmer eine Kauf- bzw. Mietverlängerungsoption eingeräumt.[77] Mit diesen Optionen hat der L.-Nehmer das Recht, entweder den Leasing-Gegenstand käuflich zu erwerben oder die Grundmietzeit zu...