Die Transaktionskostentheorie, die ursprünglich in den 1930er Jahren durch die theoretischen Arbeiten von Coase begründet wurde, ist durch die Weiterentwicklung von Williamson Anfang der 1970er Jahre populär geworden. Sie gehört dem theoretischen Gebilde der Neuen Institutionenökonomik[40] an, die sich aus der Kritik an dem traditionellen Paradigma der neoklassischen, mikroökonomischen Theorie heraus entwickelt hat. Unter modifizierten Annahmen beschäftigt sich die Neue Institutionenökonomik im Kern mit der Entstehung, dem Wandel, den Wirkungen und der spezifischen Gestaltung von Institutionen bei der Koordination wirtschaft-licher Aktivitäten unter dem Aspekt der ökonomischen Effizienz. Die Integration von wesentlichen Aspekten der verhaltenswissenschaftlichen Entscheidungstheorie als Teil der Organisationslehre in die mikroökonomische Theorie gibt dabei der Institutionenökonomik ihren „neuen“ Charakter.
Die Transaktionskostentheorie, als „paradigmatischem Kern der neuen Institutionen-lehre“ (Fischer, 1993: 43), erklärt als Theorie der Unternehmung nicht nur das Zustandekommen betrieblicher Organisationsstrukturen, sondern beantwortet darüber hinaus auf Basis einer vergleichenden institutionellen Analyse die Frage, welche Organisationsform für eine gegebene Aufgabe vorteilhaft bzw. effizient ist. Als Maß zur Effizienzbeurteilung der unterschiedlichen institutionellen Formen der Organisation einer spezifischen Transaktion wird die Höhe der anfallenden Trans-aktionskosten in den Mittelpunkt der Analyse gerückt. „Die Kernaussage des Transaktionskostenansatzes ist, dass diejenige Organisationsform von Transaktionen gewählt wird, die transaktionskostenminimal ist“ (Schäper, 1996: 62). Nur in der effizientesten Koordinationsform lassen sich durch Transaktionskosteneinsparungen Wettbewerbsvorteile erreichen.
Auch wenn sich das Aussagesystem der Transaktionskostentheorie primär auf nationale Unternehmensaktivitäten bezieht, so kann es doch als allgemeingültig in dem Sinne angesehen werden, als dass es sich grundsätzlich auf die Effizienz-beurteilung von Organisationsformen für eine bestimmte Aufgabe bezieht (Weiss, 1996: 48). Folglich eignet sich die Transaktionskostentheorie ebenso im Zusammen-hang einer Markteintrittsstrategie mit Direktinvestition in der VR China, bei der es um die Frage geht: „Under what circumstances is an entry mode the most efficient choice in the long run?“ (Anderson et al., 1986: 2).
Um die Transaktionskostentheorie für die Aufgabenstellung dieser Arbeit auf-zuarbeiten, ist zunächst eine Beschreibung der grundlegenden Begriffe und Zusammenhänge notwendig. Hierzu zählen die Transaktion und deren Kosten.
Die Transaktion wird von Williamson in Anlehnung an Commons als die zentrale Analyseeinheit der Transaktionskostentheorie beschrieben (Williamson, 1981: 550). Hält man sich auf der Suche nach einer Definition an Commons, der den Begriff auch als erster definiert hat, so ist darunter folgendes zu verstehen. „(...) transactions are, not the exchange of commodities, but the alientation and acquisition, between individuals, of the rights of property and liberty created by society, which must therefore be negotiated between the parties concerned before labour can produce, or consumers can consume, or commodities be physically exchanged” (Commons, 1931: 652). Der eigentliche Vorgang des physischen Güteraustauschs ist in dieser Definition ausgeklammert. Dass der Begriff der Transaktion in der Literatur unterschiedlich definiert wird zeigt Williamson, für den eine Transaktion dann vorliegt, „(...) when a good service is transferred across a technologically separable interface. One stage of activity terminates and another begins” (Williamson, 1985: 1). Mittlerweile hat sich in der Literatur die Definition durchgesetzt, die vor allen Dingen den prozessualen Charakter einer Transaktion betont. Dabei geht es nicht nur um den physischen Austauschprozess, sondern darüber hinaus um den Prozess der Vorbereitung, Vereinbarung, Durchführung und Kontrolle eines Tausches. Hiernach wird abschließend eine Transaktion verstanden als der „Prozess zur Klärung, Verein-barung und Kontrolle eines Leistungsaustausches“ (Picot, 1982: 269), der dem physischen Austausch gedanklich und zeitlich vorausgeht. Es geht also nicht nur um monetär erfassbare Größen, sondern auch um beispielsweise Zeit und Mühe die eingesetzt wurde. Demnach sind Transaktionen also Austauschbeziehungen, inner-halb derer ein Transaktionsobjekt (eine Leistung bzw. Verfügungsrechte über Güter oder Dienstleistungen) von einem Transaktionspartner auf den anderen übertragen wird, der dafür einen Gegenwert erhält. Die Organisationsform liefert dabei den institutionellen und rechtlichen Rahmen für die Vereinbarung einer wechselseitigen Austauschbeziehung.
Transaktionskosten entstehen bei verschiedenen Aktivitäten im Rahmen von Transaktionen. In einem sehr weiten Sinn können sie nach Williamson als „Kosten zur Betreibung eines Wirtschaftssystems“ bezeichnet werden (Williamson, 1990: 21). Geht man nach Coase, so sind Transaktionskosten definiert als Kosten, die zur Koordination von wirtschaftlichen Leistungsbeziehungen unter einem bestimmten Organisationsdesign erforderlich sind (Coase, 1937: 395). Generell lassen sich unter den Transaktionskosten demzufolge alle Kosten subsumieren, die zur Koordination einer Transaktion unter einer bestimmten Organisationsform anfallen. Gemeint sind dabei in der Hauptsache Kosten zur Überwindung von Informations- und Kommunikationsproblemen zwischen den beteiligten Transaktionspartnern, die im Zusammenhang mit dem Prozess der Klärung, Vereinbarung und Kontrolle eines Leistungsaustausches anfallen (Picot et al., 1981: 101). Hierbei folgt der Kosten-begriff weniger der engen ökonomischen Auslegung im Sinne eines monetär zu bewertenden Betrages, sondern ist vielmehr im ursprünglichen Sinne als „costs as disadvantages“ zu verstehen (vgl. Coase, 1937: 391). Eine der häufigsten Klassifika-tionen der Transaktionskosten unterscheidet zwischen (Picot, 1982: 270; Williamson, 1985: 20 ff.):
- Anbahnungs- bzw. Suchkosten
- Vereinbarungskosten
- Abwicklungskosten
- Kontrollkosten
- Anpassungskosten
Anhand der Phasen des Transaktionsprozesses lässt sich eine weitere Klassifikation der Transaktionskosten vornehmen. So wird nach Williamson unterschieden zwischen solchen Kostenarten, die vor Vertragsabschluss (ex ante Transaktions-kosten) und solchen, die im Anschluss an den Vertragsabschluss (ex post Trans-aktionskosten) entstehen. Als ex ante bezeichnet Williamson die Kosten für Entwurf, Verhandlungen und Absicherung einer Vereinbarung über den Austausch von Leistungen (Gütern und Dienstleistungen). Ex post Transaktionskosten umfassen die Kosten infolge einer Verschiebung der ursprünglichen Transaktionsbedingungen, die Kosten des Korrigierens von Fehlentwicklungen ex post, Kosten die bei der Ein-richtung und dem Betrieb von Überwachungssystemen entstehen sowie die Kosten zur Durchsetzung verlässlicher Zusagen (vgl. Williamson, 1990: 22 ff.) (vgl. nach-stehende Abbildung 4).[41]
Abbildung 4: Transaktionskostenarten
Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Fu (2005: 91).
Hierbei ist zu beachten, dass zwischen den ex ante und den ex post Transaktions-kosten eine wechselseitige Beziehung besteht. Beispielsweise führen detaillierte Vereinbarungen und Regelungen in einem Vertrag zwischen zwei Transaktions-partnern zwar zu höheren Verhandlungskosten (ex ante), dem steht jedoch die Erwartung von geringeren Anpassungs- und Kontrollkosten (ex post) gegenüber. Die verschiedenen Kostenarten fallen zwar in jeder Organisationsform an, dennoch haben die jeweiligen Formen einen Einfluss auf die Bedeutung und die Höhe der einzelnen Transaktionskostenarten (Weiss, 1996: 54).
4.2 Einflussgrößen auf die Höhe der Transaktionskosten
Eine Vielzahl einzelner Faktoren beeinflussen die Abwicklung und Organisation ökonomischer Aktivitäten und damit die Höhe der Transaktionskosten. In seinem „Organizational Failures Framework“ systematisiert Williamson ein „Variablen-Set“, das die Gestaltung von Transaktionen bestimmt und Auswirkungen auf die daraus entstehenden Kosten hat (vgl. Williamson, 1975: 40).
Abbildung 5: „Organizational Failures Framework“
Quelle: Williamson (1975: 40).
Darin benennt er spezifische Annahmen über das menschliche Verhalten („human factors“), die Einfluss auf die Transaktion und ihre Kosten haben und bei der Verknüpfung mit eigenständigen, auf die Situation abgestimmten Umweltfaktoren („environmental factors“) zur Kosteneinflussgröße werden (vgl. Osterheld, 2001: 112). Darüber hinaus haben drei Dimensionen einer Transaktion in Anlehnung...