2. Sich selbst darstellen
Die klassische erste Phase des Vorstellungsinterviews besteht in der Regel darin, etwas über sich selbst zu erzählen. „Oh je, wo fange ich da bloß an …!“, sagt sich so mancher Bewerber, „mein Gesprächspartner hat meine schriftlichen Unterlagen doch schon vor sich liegen.“ Jedoch, das Anschreiben und den tabellarischen Lebenslauf kann man zu Hause in Ruhe ausformulieren – man kann sich sogar von anderen dabei helfen lassen. Im Vorstellungsgespräch ist man auf sich allein gestellt. Da gilt es, sich klar zu strukturieren und die eigene Persönlichkeit authentisch und positiv zu präsentieren. Ob das unseren Kandidaten gelingt?
Dialog 3: Mit 15 wollte ich Tierpfleger werden
Frank Wagner (35) war nach seiner Ausbildung zum Handelsfachwirt als Sachbearbeiter tätig. Er wurde vor ein paar Monaten gekündigt, in einem Monat läuft seine Kündigungsfrist ab. Er hat sich um die Stelle eines Sachgebietsleiters beworben und sitzt nun dem Personalchef gegenüber.
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Beurteilen Sie das Gespräch
Wie beurteilen Sie die Selbstdarstellung dieses Bewerbers?
| Sehr überzeugend, denn er erzählt Persönliches. So gewinnt der Interviewer einen Eindruck von ihm. |
| Mittelmäßig, denn er macht viel zu viele Pausen. |
| Schlecht, denn er kommt nicht auf den Punkt. |
Der Meinung bin ich nicht: Er verzettelt sich!
Gut erkannt. Aber dass er so viele Pausen macht, hat einen Grund: Tippen Sie noch einmal!
Herrn Wagner geht es wie so manchem Jobsuchenden. Er hat sich auf die zu erwartende Aufforderung, etwas über sich selbst zu erzählen, nicht vorbereitet. Er strukturiert die Informationen zu seiner Person nicht sinnvoll und trennt Wichtiges nicht von Unwichtigem. Er argumentiert widersprüchlich und wirkt dadurch unglaubwürdig.
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Personalchef: Ich habe mir Ihre Unterlagen gründlich angesehen und finde sie formal überzeugend. Mich würde trotzdem interessieren … erzählen Sie doch einfach mal etwas über sich.
Wagner: Tja, wo fange ich da am besten an? Sie wollen sicher etwas Persönliches erfahren.
Personalchef: Das liegt ganz bei Ihnen. Sie haben das Wort.
Wagner: Also, ich bin 35 Jahre alt und in einem kleinen Dorf bei Lüneburg aufgewachsen. Meine Eltern haben eine kleine Bäckerei im Ort. Sie wollten, dass ich einmal den Laden übernehme. Ich war ihre große Hoffnung. Aber das ist nichts für mich. Selbstständige Dorfbäckereien haben keine Zukunft. Sie können mit den großen Filialisten einfach nicht mithalten. Ich habe mich während der Ausbildung zum Handelsfachwirt mit dem Thema befasst. Für meinen Vater ist das bitter … Analyse
Für den Personalchef gilt: Wenn er jetzt nicht eingreift, kann er den nächsten Termin vergessen. Der Bewerber ist leider nicht in der Lage, sich vernünftig zu strukturieren und Prioritäten zu setzen.
Personalchef: Entschuldigen Sie. Warum haben Sie eigentlich die Ausbildung zum Handelsfachwirt absolviert? Was qualifiziert Sie Ihrer Einschätzung nach für die Anstellung in unserem Hause?
Wagner: Ich denke … also, eigentlich wollte ich schon immer einen kaufmännischen Beruf erlernen. Analyse
Antwort glatt verweigert! Er wurde nach den Motiven für die Berufswahl gefragt.
Ich habe ja nach dem Abitur erfolgreich eine Ausbildung zum Groß- und Einzelhandelskaufmann gemacht. Da spielt sicher der Familienhintergrund mit rein.
Mit 15 wollte ich Tierpfleger werden, damals habe ich ein Schulpraktikum bei einer Tierärztin gemacht, und das fand ich toll. Analyse
Das liegt im Widerspruch zu der Äußerung ‚Ich wollte schon immer einen kaufmännischen Beruf erlernen.’
Dialog 4: Man muss seine Ziele verfolgen
Der 45-jährige Lothar Schendel ist Werbekaufmann und diplomierter Wirtschaftsingenieur, möchte jetzt jedoch in die Marketingleitung aufsteigen. Er trifft sich mit einem Headhunter in einer Hotellounge.
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Beurteilen Sie das Gespräch
Wie beurteilen Sie die Selbstdarstellung dieses Bewerbers?
| Er bringt seinen Lebenslauf auf den Punkt. |
| Er formuliert viel zu plakativ. |
| Er spricht viel zu langsam. |
100 Punkte für Herrn Schendel, der seine Persönlichkeit vorteilhaft präsentiert und Sympathiepunkte erntet. Er spricht zunächst sein Alleinstellungsmerkmal gegenüber vielen Interessenten an, den zweiten Bildungsweg. Er fasst die wichtigsten Soft Skills für seine Person überzeugend zusammen. Und er findet einen guten Abschluss, indem er sein persönliches Ziel anspricht, sich für die zu vergebende Aufgabe zu empfehlen.
Nein, er findet genau die richtige Mischung!
Das langsame Sprechen muss nicht schaden, wenn es wohlüberlegt und gut vorbereitet klingt.
Detailanalyse des Dialogs zur Vertiefung
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Headhunter: Herr Schendel, wo kommen Sie her und wo wollen Sie hin?
Schendel: Nun, meine persönlichen Daten kennen Sie schon. Natürlich bin ich stolz darauf, dass ich nach meiner Ausbildung das Abitur nachgeholt habe. Zweiter Bildungsweg – das war nicht einfach, hat sich aber gelohnt. Analyse
Er geht kurz darauf ein, dass der Headhunter natürlich gut vorbereitet ist. Ein Pluspunkt in Sachen Einfühlungsvermögen. Und er beginnt mit einer seiner Stärken im Werdegang, dem erfolgreich absolvierten zweiten Bildungsweg. Geschicktes Selbstmarketing – die Prioritäten werden sofort richtig gesetzt.
Meine Eltern haben mich unterstützt, und dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Analyse
Dankbarkeit – so was hört man heute eher selten. Meist werden Schuldzuweisungen herumgereicht, warum was nicht geklappt hat.
Ich glaube, mit dem Abi wollte ich beweisen: Ich kann mir Ziele setzen und diese erreichen. Analyse Davon abgesehen wollte ich natürlich meine beruflichen Chancen und Verdienstmöglichkeiten verbessern. Danach habe ich in einem Handelshaus für Kfz-Ersatzteile als Sachbearbeiter im Verkauf gearbeitet. Das hat mir Spaß gemacht, viel gelernt habe ich auch – das Zeugnis meines damaligen Arbeitgebers haben Sie ja gesehen. Aber dann wollte ich es eben doch wissen. Also habe ich mich informiert, habe mit vielen Leuten gesprochen – und mich schließlich für das Studium zum Wirtschaftsingenieur entschieden. Das hab’ ich auch erfolgreich durchgezogen, und heute stehe ich hier.
Hier macht er deutlich, dass er Zielorientierung, Selbstmotivation und Beharrlichkeit besitzt. Alles Schlüsselqualifikationen, die wir heute dringend brauchen.
Mein Motto ist: Man muss sich Ziele setzen und diese konsequent verfolgen. Analyse Ich denke, damit können Sie sich fürs Erste ein Bild von mir machen und mich, hoffe ich, für die Stelle empfehlen.
Er verdichtet hier die Merkmale der eigenen Persönlichkeit noch einmal kurz und setzt das Gesagte in Beziehung zum Job.
Headhunter: Okay! Ich habe natürlich noch einige Fragen. Schließlich möchten wir beide keinen Fehler machen.
So kommen Sie gut an
- Beherzt anfangen: Fragen Sie nicht, wo oder wie Sie anfangen sollen oder wie viel Zeit Ihnen zur Verfügung steht. Die Anforderung liegt ja gerade darin, dies gekonnt selbst zu entscheiden.
- Nicht bei der Geburt beginnen: Die Wiederholung des bereits schriftlich vorliegenden tabellarischen Lebenslaufs ist öde und auch nicht Sinn dieser Übung. Die meisten formellen Daten haben in der mündlichen Selbstdarstellung nichts zu suchen. Manchmal ist es zweckmäßig, mit dem Satz „Ich habe mich bei Ihnen beworben, weil …“ zu starten.
- Die Schlüsselfrage beantworten: Was empfiehlt mich für diese Aufgabe? Gehen Sie auf jene Stationen Ihres Werdeganges ein, die sich in Beziehung zur besprochenen Aufgabe setzen lassen. Das kann ein Ausbildungsabschluss, eine Fortbildungsmaßnahme oder ein Praktikum sein. Viele Bewerber bieten einen Gemischtwarenladen an, in dem man sich nach Belieben bedienen kann. Das ist wenig Erfolg versprechend, denn: Ein Interessent, der nicht weiß, was er in Hinblick auf eine Aufgabe zu bieten hat, weiß im Zweifelsfall gar nicht, was auf ihn zukommt. Wenn beispielsweise Organisationstalent gefragt ist, dann sollten Sie als Berufseinsteiger gegebenenfalls erwähnen, dass Sie Klassenfeste oder Freizeitunternehmungen eines Wohlfahrtsverbandes mit vorbereitet haben.
- Das Gesagte sinnvoll...