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E-Book

Handbuch Internetseelsorge

Grundlagen - Formen - Praxis

AutorBirgit Knatz
VerlagGütersloher Verlagshaus
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl336 Seiten
ISBN9783641140243
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Preisreduziert: Bisher 29,99 ? - jetzt nur noch 14,99 ?!
Kompetenz für die seelsorgerliche Begleitung im Internet

Für Beratung und Seelsorge hat das Internet neue Möglichkeiten eröffnet. Gerade zurückhaltende Menschen finden im Chatten und Mailen eine Möglichkeit, sich Unterstützung zu holen. Internetseelsorge ist zu einer eigenen Form der Seelsorge geworden. Allerdings verlangt die besondere Kommunikation im 'Netz'eine besondere Kompetenz der Seelsorgerinnen und Seelsorger. Dieses Handbuch vermittelt erstmals, wie sich seelsorgliches Wissen verbunden mit einer medienspezifischen Fachlichkeit zu einer Internetseelsorgekompetenz entwickeln kann. Es ist aus der Praxis entstanden und versteht sich als Praxishilfe für Internetseelsorgerinnen und -seelsorger!

  • Ein Grundlagenwerk, fundiert und praxisnah


Birgit Knatz, Dipl.-Sozialarbeiterin, Supervisorin (DGSv), Online-Coach (DGOB), Gründungsvorstand der Deutschen Gesesllschft für Online-Beratung, stellvertretende Leitung der TelefonSeelsorge Hagen-Mark, langjährige Redaktionstätigkeit im e-beratungsjournal.net, Ausbildungen im Leiten von Gruppen und Gestaltpädagogik.

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Leseprobe

2 Die Akteurinnen und Akteure der Internetseelsorge


2.1 Anbieter, Kompetenzen, Motive, Ausbildung


Ich beginne mit den Internetseelsorgerinnen und -seelsorgern sowie den Anforderungen an ihre Kompetenz zur Schaffung eines verlässlichen seelsorglichen Angebotes; um die persönlichen Qualitätsmerkmale. Danach stelle ich die Ratsuchenden mit ihren Erwartungen, Bedürfnissen und Profilen vor. Schließlich, drittens, widme ich mich der praktischen Umsetzung einer virtuellen Seelsorgestelle, in der sich die beiden Gruppen treffen.

2.1.1 Persönliche Qualitätsmerkmale der Internetseelsorge


»Der größte Feind der Qualität ist die Eile«, stellte der Manager und Autohersteller Henry Ford fest. Vielleicht wundert Sie dieser Einstieg, da doch eines der wichtigsten Merkmale des Internets neben der leichten Verfügbarkeit die der Schnelligkeit ist? Aber – ein Gespräch, ob im Internet, am Telefon oder von Angesicht zu Angesicht braucht Zeit. Und falls sich aus diesem einen Kontakt ein Dialog entwickelt, braucht auch dieser seine Zeit. Die schriftliche Kommunikation via Internet hat, wie bereits ausführlicher besprochen, ihre Besonderheiten und Gesetzmäßigkeiten. Kenntnisse und Erfahrungen aus mündlichen Seelsorge- und Beratungsgesprächen lassen sich nicht eins zu eins auf die an die schriftliche Form gebundene Internetkommunikation übertragen. Man sollte das Internet gleichsam wie einen neuen Kulturkreis betrachten, in den man vorstößt. Internetkommunikation ist ja auch nicht die Fortsetzung alter Kommunikationsmuster mit neuen Mitteln. Es geht, wie wir sahen, um Lesen statt Hören und um Schreiben statt Sprechen, statt Mündlichkeit nun Schriftlichkeit mit vielen spezifischen Eigenheiten und Unterschieden. Und dies kann man nicht eben im Handumdrehen lernen.

Wir Menschen sind unterschiedlich in unserer Art der Sinneswahrnehmung, der Selbstwahrnehmung und auch der Mitteilung, des Austausches. Für die Internetseelsorge braucht es eine Affinität zum Schreiben. Wie ist das für Sie? Schreiben Sie gerne? Oder gelten für Sie eher Sätze wie: »Schreiben ist nichts für mich«, oder: »Ich kann keinen unverkrampften Zugang zu dieser Form der Seelsorge finden«, oder: »Ich komme mir vor wie früher in der Schule«, oder: »Schreiben setzt mich unter Druck«, oder: »Ich kann mich schriftlich nicht mitteilen. Ich brauche meine Stimme und die Stimme des Gegenübers«, und: »Eine Mail alleine verunsichert mich ...«

Neben einer Lese- und Schreibkompetenz ist eine seelsorgliche und beratungsrelevante Ausbildung Voraussetzung für die Mitarbeit in der Internetseelsorge, genauso wie Kenntnisse auf dem Gebiet der Kommunikationspsychologie und eine medienspezifische Qualifikation, die den Rahmen für die Internetseelsorge bietet. Internetseelsorgerinnen und Seelsorger müssen in der Lage sein, ihre Kenntnisse aus dem mündlichen Seelsorge- und Beratungskonzept in die an die Schriftlichkeit gebundene Form der Internetseelsorge zu übertragen.

Zudem brauchen Sie eine Feldkompetenz »Kommunikation im Internet«, in der alles an Wissen gebündelt ist, um sich auf die Gegebenheiten des virtuellen Settings sicher einstellen zu können. Dies bezieht auch die Reflexion virtueller und realer Bezüge der Ratsuchenden mit ein. Die Internetseelsorge basiert auf dem Ineinandergreifen von angemessenem technischem Know how hinsichtlich des Umgangs mit Hard- und Software und einem humanistisch theologischen und psychologischen Verständnis. Dazu kommen sichere Kenntnisse in den Bereichen Datenschutz und Datensicherheit sowie der rechtlichen Rahmenbedingungen.

All diese Kompetenzen sind anerkannte Standards der Deutschen Gesellschaft für Online-Beratung und werden in den Zertifizierungskursen vermittelt. Die Kompetenz der Internetseelsorgerin und des -seelsorgers wird in ihrer Gesamtheit als Prozessqualität bezeichnet. Neben der Prozessqualität beziehen sich die Qualitätsmerkmale darüber hinaus auf eine Konzept-, Struktur- und Ergebnisqualität, wie sie von Klessmann (2008) für die Seelsorge und von Kühne (2012) für die Online-Beratung beschrieben sind. Beginnen wir im Folgenden mit der Prozessqualität.

2.1.2 Prozessqualität


Hier geht es um die fachlichen Qualifikationen und Kompetenzen, die auch die Beziehungskompetenzen einschließen. Internetseelsorge erfordert eine angemessene Rollen- und Situationsdiagnose sowie das Verstehen der Beziehung zu den Ratsuchenden in ihren unbewussten und bewussten Ebenen. »Welche konkrete Aufgabe der Seelsorger im Gespräch hat, muss je nach Anliegen vereinbart werden. Als Begleitung in schweren Lebenssituationen geschieht sie durch respektvolle Anteilnahme und das Aushalten von Leiden und Begrenzung, ohne diese ändern zu können. Als Krisenhilfe geschieht sie durch Entlastung, Anleitung und Orientierung für die momentane Situation. Als Problem- und Konfliktbewältigungsgespräch geschieht sie durch Anregung von Suchprozessen und Lösungsideen, die den Selbstwert und bezogene Individuation fördern. Seelsorge als Beziehungsarbeit geschieht auch durch Abgrenzung, wenn Erwartungen enttäuscht werden müssen oder gegenseitiger Respekt eingefordert werden muss. Beziehungsförderlich wirken kann nur, wer auf sich selbst und seine eigene Stimmigkeit in der Begegnung achtet. Nicht nur reden kann helfen, auch das Ablehnen einer Erwartung oder gar eines Gesprächs kann gar nicht so selten zur Beziehungsfähigkeit helfen« (Sedlitz 2012, 12).

 

 

Anfrage

Hallo

Ich habe folgendes Problem. Ich werde mich umbringen und bitte gehen sie nicht auf das töten ein sondern mein Problem ist es das ich meinen besten Freund als ich es ihm sagte ziehmlich schockte ... ich habe darauf nichts weiter gesagt und bin auch nicht weiter darauf eingegangen aber ich würde mich schon gerne von freunden und familie verabschieden, aber wie mache ich sowas richtig?

Antwort: Ablehnen einer Erwartung

Hallo,

mein Name ist ... Es tut mir sehr leid zu lesen, dass Sie sich im Moment an einem Punkt im Leben befinden, an dem nur noch die Selbsttötung ein Ausweg zu sein scheint.

Sie haben sich mit Ihrer Mail an die TelefonSeelsorge gewandt. Diese Institution ist auch gegründet worden, um Menschen mit Selbstmordgedanken durch Gespräche und jetzt auch Mails und Chats die Möglichkeit zu geben, diesen Schritt zu überdenken und dadurch wieder Mut und Hoffnung zu bekommen, ihren Lebensweg fortzusetzen. Diese lebensbejahende Einstellung schätze und unterstütze ich. Von daher habe ich ein Problem mit Ihrer Bitte an mich und kann und will Sie nicht darin unterstützen, den »richtigen« Abschied von Ihren Freunden und Familie einzuleiten und zu begleiten.

Alternatives Angebot

Ich kann Ihnen anbieten, dass wir gemeinsam überlegen, ob Ihre Selbsttötung, was Ihnen niemand nehmen kann, die Erlösung ist, oder ob es gelingen kann, diese Erlösung erst einmal an die Seite zu schieben.

Die Reaktion eines Freundes auf Ihre Selbstmordankündigung haben Sie bereits mitbekommen. Er war schockiert. Die Erfahrung zeigt, dass Freunde und Angehörige oft ein Leben lang darunter leiden, wenn ein naher und wichtiger Mensch sich das Leben nimmt. Sie scheinen dies nun zu spüren und wollen dieser leidvollen Erfahrung mit einem RICHTIGEN Abschied begegnen und dem Schmerz und der Trauer der anderen so entgegenwirken. Aus meiner Sicht wird Ihrem persönlichen Umfeld die Frage bleiben: »War die Art des Abschieds, nämlich die Selbsttötung, die einzig RICHTIGE für ihn und gab es nicht doch einen anderen Ausweg, bei dem ich ihm hätte helfen können?«

Für viele Menschen mit Kontaktängsten, mit (frühen) Störungen und einem labilen Selbst kann die Internetseelsorge sehr helfend sein. Daher muss, wie gesagt, jede Internetseelsorgerin und jeder Internetseelsorger über eine beraterische, therapeutische und kommunikationsspezifische Qualifikation verfügen. Weitere Voraussetzungen für eine gelingende Internetseelsorgearbeit sind persönliche Fähigkeiten wie: Empathie, Wertschätzung, Authentizität, Rollenreflexion, Sachwissen zu Störungsbildern, Affinität zum Schreiben, Wertschätzung des Mediums Internet, Gestaltung von Seelsorge- und Beratungsprozessen, eine Selbstreflexionsfähigkeit und regelmäßige Supervision. Dieses Kompetenzspektrum bildet den Rahmen, in dem sich Kenntnisse aus der mündlichen Seelsorge- und Beratungspaxis, medienspezifische Fachlichkeit und Reflexion virtueller und realer Bezüge der Schreibenden zusammenfinden. Schauen wir uns das nun im Einzelnen konkreter an.

2.1.3 Ergebnisqualität


Neben der Prozessqualität gehört die Ergebnisqualität ebenfalls zu den Kompetenzen. Gute Internetseelsorge hat eine Wirkung, die gespürt und überprüft werden kann. Die Zufriedenheit der Ratsuchenden kann in gezielten Umfragen und Rückmeldungen, die gerade in der Internetseelsorge leicht zu erstellen und beantworten sind, ermittelt werden. Ein aktives Beschwerdemangement wie die Anregung zur Rückmeldung gehört mit zum Messinstrument von Qualitätsentwicklung und Sicherung. Eine statistische Aufbereitung, die die Zahl der...

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