2 Berufsbild und Abgrenzung zu ähnlichen Tätigkeiten
In den letzten Jahren hat sich eine Vielzahl von Berufsbildern entwickelt, die sich mit den Themen Lebensberatung, Lebenshilfe, Therapie, Coaching, Persönlichkeitsentwicklung u. Ä. beschäftigen. Die Qualität der unterschiedlichen Angebote ist schwer überprüfbar und zum Teil inhaltlich fragwürdig. Mit der, eher negativ behafteten, Bezeichnung „Psychomarkt“ wird versucht, der Angebotsvielfalt einen Namen zu geben. Umso wichtiger ist es, dass Sie den genauen Wirkungsbereich des Heilpraktikers für Psychotherapie und seine Stellung im deutschen Gesundheitswesen kennen sowie die Abgrenzungen zu den anderen Berufsbildern erklären können. Vor allem die Bezeichnung Beratung, Coaching und Therapie werden häufig im gleichen Kontext verwendet und die Grenzen sind stellenweise fließend. Daher werden hier die wesentlichen Unterschiede noch einmal erläutert.
2.1 Was ist der Heilpraktiker für Psychotherapie?
Seit Jahren ist in unserem psychosozialen und therapeutischen Netzwerk der Heilpraktiker für Psychotherapie ein fester Bestandteil. Grundsätzlich gehört dieser Tätigkeitszweig zur Berufsgruppe der Heilpraktiker mit einer eingeschränkten Heilerlaubnis auf dem Gebiet der Psychotherapie. Es handelt sich jedoch nicht um eine Untergruppe, sondern um ein eigenständiges Berufsbild. Da sich die Beschränkung auf das Gebiet der psychischen Störungen bezieht, darf der Heilpraktiker für Psychotherapie keine organische, also körperliche Leiden behandeln wie der „normale“ oder „große“ Heilpraktiker. Es ist ihm auch untersagt, Medikamente einzusetzen oder zu verschreiben, Empfehlungen darf er jedoch aussprechen. Umgangssprachlich wird der Heilpraktiker für Psychotherapie auch der „kleine Heilpraktiker“ genannt.
2.1.1 Anerkanntes Berufsbild
Mit dem Heilpraktiker für Psychotherapie erlangen Sie den Titel eines anerkannten Berufsbildes, welcher Ihnen nach einer Prüfung vor dem zuständigen Gesundheitsamt verliehen wird. Grundlage hierfür ist ein Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.1.1993, wonach die Gesundheitsämter eine Überprüfungsmöglichkeit anbieten müssen. Es handelt sich um eine Berufserlaubnis zur Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung ausschließlich auf dem Gebiet der Psychotherapie. Für den Klienten muss das Berufsbild Heilpraktiker deutlich ersichtlich sein, da die Bezeichnung „Psychotherapeut/in“ nach dem Psychotherapeutengesetz von 1999 alleine den approbierten Ärzten und Psychologen zusteht. Diese sind grundsätzlich berechtigt, alle Krankheiten zu behandeln. Die Ausübung der Heilkunde dagegen dient der Erhaltung der „Volksgesundheit“ (gemäß dem Heilpraktikergesetz von 1939) und gilt nicht in Bezug auf schwere Erkrankungen. Neu hinzugekommen sind seit 2010 die sogenannten sektoralen Heilpraktiker, wie zum Beispiel für Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie. Diese Heilpraktikerzulassungen sind beschränkt auf das jeweilige Fachgebiet.
2.1.1.1 Fachliche Anerkennung
Mittlerweile ist ein positiver Trend erkennbar in Bezug auf die fachliche Anerkennung des psychologischen Heilpraktikers durch seine ärztlichen und psychologischen Kollegen. Der Stellenwert des Berufsbildes Heilpraktiker für Psychotherapie ist deutlich höher als noch vor ein paar Jahren und wird mittlerweile stärker geschätzt und respektiert. Ähnlich wie zuvor beim medizinischen Heilpraktiker war eine gewisse Zeit nötig, um dieses Berufsbild in das bisherige Gesundheitssystem zu integrieren und das Verständnis dafür zu schaffen, dass diese Tätigkeit eine Ergänzung des herkömmlichen, medizinischen Angebotes darstellt und keine Verdrängung bisheriger Berufsgruppen bedeutet. Diese Entwicklung freut mich persönlich sehr, da sie viele Möglichkeiten bietet, in fruchtbarer Zusammenarbeit für das Wohlergehen des Einzelnen und der Gesellschaft einen Beitrag zu leisten.
2.1.1.2 Bezahlung
Nach dem Einkommenssteuergesetz gehört der Heilpraktiker zu den sogenannten Katalogberufen, den freien Berufen. Sie behandeln Ihre Klienten eigenverantwortlich und diese Eigenverantwortlichkeit muss für Ihre Klienten auch stets erkennbar sein. Das Abrechnungssystem ist abweichend zu den ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten geregelt. Die Klienten bezahlen ihre Behandlung in der Regel selbst, da gesetzliche Krankenkassen die Behandlungskosten nicht übernehmen. Private Krankenkassen hingegen übernehmen teilweise einige Behandlungskosten, was jedoch in jedem Fall individuell mit der Kasse des Klienten zu klären ist.
2.1.1.3 Ähnliche Berufssparten
Diejenigen, die den Titel Heilpraktiker für Psychotherapie nicht erworben haben, dürfen auch psychische Erkrankungen nicht psychotherapeutisch behandeln. Sie nennen sich meist psychologische Berater, Lebensberater, Coaches o. Ä. Die Abgrenzung zu ähnlich klingenden Berufssparten und Tätigkeitsbezeichnungen sollte Ihnen geläufig sein, ebenso wie ihre genaue Stellung im Gesundheitswesen.
2.1.1.4 Ausbildungsrichtlinien fehlen noch
Im Gegensatz zu den Ärzten, Psychologen und Psychotherapeuten gibt es für Heilpraktiker bisher keine verbindlichen Ausbildungsrichtlinien. Im Extremfall kann ein zukünftiger Heilpraktiker ohne jede psychotherapeutische Zusatzausbildung psychotherapeutisch tätig werden. Auf die Bedeutung einer qualifizierten praktischen Ausbildung und umfassender Selbsterfahrung wurde bereits im Vorwort eingegangen, dennoch möchte ich an dieser Stelle die Wichtigkeit noch einmal hervorheben: Die Qualität Ihrer Ausbildung spiegelt auch Ihr Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit Ihren Klienten wieder. Sie werden täglich sehr unterschiedlichen Menschen begegnen, die mit ihren individuellen Bedürfnissen, Hoffnungen und Ängsten in Ihre Praxis kommen und sich durch Ihre Hilfe eine Verringerung ihres Leidensdrucks erhoffen. Jeder Klient für sich bildet einen wertvollen Teil der Gesellschaft und hat einen Anspruch darauf, mit größtmöglicher Kompetenz und Umsicht behandelt zu werden.
Für eine umfassende Ausbildung zum „Heilpraktiker für Psychotherapie“ sei im Folgenden ein Curriculum-Vorschlag mit 5 Modulen dargestellt (▶ Tab. 2.1).
Tab. 2.1 Sinnvolle Module zur Ausbildung zum „Heilpraktiker für Psychotherapie“.
1. Intensivkurs theoretischer Teil Psychiatrie und Psychotherapie | Die theoretische Ausbildung in Psychiatrie ist speziell auf den schriftlichen Teil der staatlichen Prüfung abgestimmt. |
2. Praktische Ausbildung humanistische Gesprächspsychotherapie und integrales Coaching | Wer die staatliche Prüfung zum Heilpraktiker ... |