Stillen ist die natürliche Art ein Baby zu ernähren, und Sie beide haben die Fähigkeiten dazu. Gleichwohl muss das praktische Vorgehen der Mutter beim Stillen aber auch zum Teil erlernt werden.
Am einfachsten lässt es sich durch das Beobachten stillender Mütter lernen. Da wir aber heute nicht mehr in einer »Stillkultur« leben, fehlen solche Vorbilder für die Praxis des Stillens fast immer. Viele Frauen haben noch nie eine stillende Mutter beobachtet, wenn sie heute ihr erstes Kind erwarten.
Das war früher ganz anders. Denn in »Stillkulturen« lernten schon Kleinkinder im täglichen Zusammensein mit vielen stillenden Müttern ganz selbstverständlich, wie gestillt wird. Im Spiel ahmten sie dann das Stillen mit einer Puppe nach, wie es auch heute oft bei älteren Geschwistern von Stillbabys oder bei lang gestillten Kindern zu beobachten ist.
Auf diese Weise wurde der Umgang mit dem Baby schon früh geübt und verinnerlicht. Diese Art von Körperwissen war später den erwachsenen Frauen allerdings unbewusst. Die gespeicherten Tätigkeiten und Bewegungsabläufe konnten beim Stillen eines eigenen Babys abgerufen werden, sodass weitere Anleitung unnötig war.
Nebenbei bemerkt: Damit Kinder auch in Zukunft das Stillen am Modell lernen können, ist es wichtig, dass Mütter heutzutage unbehelligt in der Öffentlichkeit stillen können.
Auf den nächsten Seiten erfahren Sie, wie Sie sich innerlich und praktisch optimal auf das Stillen vorbereiten können und welche Anschaffungen für die Stillzeit sinnvoll sind.
Bereiten Sie sich mental auf das Stillen vor
Die wichtigste Vorbereitung auf das Stillen findet in Ihrem Kopf statt. Sie haben jetzt etwa neun Monate Zeit, um sich geistig darauf einzustimmen, dass Sie Ihr Kind stillen werden. Nutzen Sie die Schwangerschaft, um die wichtigen Dinge für Ihren Stillerfolg zu lernen und so das Fehlen des Modell-Lernens in unserer Kultur auszugleichen. So wie Sportler sich mit mentalem Training auf Erfolg programmieren, können Sie bereits vor der Geburt Stillpositionen und Bewegungsabläufe einüben, Ängste reduzieren und das Vertrauen in Ihre Stillfähigkeit stärken.
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Erstellen Sie eine Liste mit den Gründen, warum Stillen für Sie persönlich wichtig ist. Notieren Sie möglichst detailliert alles, was Ihnen einfällt: kurz- und langfristige Motive, emotionale, körperliche, intellektuelle, soziale, finanzielle, ökologische Gründe und so weiter. Das Aufschreiben Ihrer Gründe hilft Ihnen, sich bewusst zu machen, das Stillen weit mehr als Ernährung ist. Diese Liste kann Sie außerdem in schwierigen Phasen der Stillzeit motivieren, nicht zu schnell aufzugeben.
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Legen Sie eine Mappe an mit wichtigen Informationen und Adressen für die Stillzeit und heften Sie die Liste mit Ihren persönlichen Gründen darin ab.
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Machen Sie in Ihrem Umfeld erfolgreich stillende Mütter ausfindig. Löchern Sie sie mit Ihren Fragen zum Stillen. Zum Beispiel: Was war für sie besonders herausfordernd und wie haben sie es bewältigt? Verbringen Sie so viel Zeit wie möglich mit ihnen, damit Sie sie beim Stillen beobachten und dabei von ihnen lernen können.
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Wenn Sie keine erfolgreich stillenden Mütter finden können, besuchen Sie noch in der Schwangerschaft eine Stillgruppe vor Ort. In vielen Geburtskliniken, Geburtshäusern und auch Hebammenpraxen sowie auch in Privaträumen werden regelmäßige Treffen von Stillgruppen angeboten. Diese Gruppen werden meist von einer Stillberaterin geleitet und bieten Müttern Kontakt und Erfahrungsaustausch mit anderen Stillenden sowie Rat und Antworten bei vielen Fragen während der Stillzeit – und davor.
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Hören Sie sich keine Horrorgeschichten vom Stillen an. Wenn Sie merken, dass jemand Sie vom Stillen abbringen möchte, Ihre Stillfähigkeit anzweifelt oder ungefragt »gute« Ratschläge für die Stillzeit oder für das Leben mit dem Baby gibt, stellen Sie ruhig und sachlich klar, dass Sie diese Erfahrungen selbst machen möchten. Wenn es möglich ist und Ihnen nötig erscheint, reduzieren Sie den Kontakt zu diesen Personen.
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Im Zeitalter des Internets und der sozialen Medien gibt es Informationen, Tipps und Ratschläge zum Stillen im Überfluss. Manches davon ist hilfreich, einiges aber auch nicht. Leider überwiegen zumeist noch falsche Informationen und schlechte Ratschläge, die Sie sehr verunsichern können.
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Meiden Sie insbesondere Informationsmaterialien von Säuglingsnahrungsherstellern. Diese sind oft sehr ansprechend und aufwändig erstellt und wirken neutral und sogar hilfreich. Aber sie sind nicht dafür entwickelt, das Stillen dauerhaft zu unterstützen, da die Hersteller nicht wirklich daran interessiert sind, dass Babys lange gestillt werden.
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Es ist ausreichend, wenn Sie ein (!) gutes Stillbuch lesen. Sie können und müssen sich vor der Stillzeit nicht auf alle vorstellbaren Szenarien vorbereiten. Aber Sie sollten wissen, wo Sie gute Informationen finden und schnell Hilfe erhalten können. Im Anhang dieses Buches finden Sie Tipps für empfehlenswerte Webseiten.
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Informieren Sie sich schon jetzt über die vielen Mythen und Ammenmärchen rund ums Stillen, damit schlechte Ratschläge – denn die werden Sie bekommen, selbst wenn Sie nicht danach fragen – Sie nicht so leicht verunsichern können. Leider sind es nicht nur Laien, die Ihnen meist aus Unwissenheit falsche Empfehlungen geben, auch bei Fachpersonen kommt das immer wieder vor. Wenn Sie selbst gut informiert sind, können Sie die Aussagen von anderen besser einordnen und Ihren eigenen Standpunkt dazu finden. In den nächsten Kapiteln werde ich die wichtigsten Mythen aufklären.
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In Geburtsvorbereitungs- und Babypflegekursen nimmt das Stillen manchmal wenig Raum ein. Wenn Sie neue Informationen am besten durch Fragen, Zuhören, Beobachten und praktische Übungen aufnehmen können, kann die Teilnahme an einem Kurs zur Stillvorbereitung hilfreich für Sie sein. Stillvorbereitungskurse werden in vielen Kliniken, Geburtshäusern und Praxen von Hebammen oder Stillberaterinnen angeboten. Falls Sie in Ihrer Nähe keinen passenden Kurs finden, können Sie auch über das Internet einen Stillvorbereitungskurs online oder auf DVD kaufen. So wäre es auch möglich, sich wichtige Lektionen mehrfach anzusehen.
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Notieren Sie sich in Ihrer Mappe auch Kontaktdaten und Telefonnummern von Stillberaterinnen in der Nähe, die bei einem Stillproblem einen Hausbesuch machen würden oder die Sie aufsuchen könnten. Falls es tatsächlich beim Stillen zu Problemen kommt, haben Sie dann bereits alles parat und müssen nicht zusätzlich zu dem Stress, den Sie ohnehin schon haben, noch mit der Suche nach Unterstützung beginnen.
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Finden Sie ebenfalls heraus, wo Sie mit einem ärztlichen Rezept eine gute elektrische Milchpumpe mieten können, falls Sie in der Stillzeit eine benötigen sollten – am besten mit Doppelpumpzubehör zum gleichzeitigen Abpumpen beider Brüste. Apotheken, Sanitätshäuser, Kliniken, Hebammenpraxen sowie selbstständige Hebammen oder Stillberaterinnen können hier Ihre Ansprechpartner sein.
Ihr Körper bereitet sich vor
Durch die Schwangerschaftshormone gesteuert, bereitet sich auch Ihr Körper ohne Ihr Zutun darauf vor, dass Ihr Neugeborenes nach der Geburt die Brust schnell finden und dort die optimale Nahrung bekommen kann.
Die Vorbereitung Ihrer Brüste auf das Stillen hat aber bereits lange vor Ihrer ersten Schwangerschaft begonnen. Schon kurz vor der Pubertät fingen Ihre Brüste an zu wachsen, indem dort Fett eingelagert wurde. Und auch das Drüsensystem in Ihren Brüsten begann sich zu entwickeln. Etwa nach zwei Jahren war diese Entwicklungsphase abgeschlossen und Ihre Brüste veränderten sich nur noch jeweils im Verlauf des Menstruationszyklus. Die Menge des eingelagerten Fettgewebes ist jetzt für die Form und Größe Ihrer Brüste verantwortlich, hat jedoch keinen Einfluss auf die Menge und Qualität der Muttermilch, die Sie bilden werden.
Während der ersten Schwangerschaft kommt es, unter dem Einfluss zahlreicher Hormone, zu weiteren Veränderungen in den Brüsten. Viele Frauen bemerken eine Schwangerschaft bereits ab der 3. bis 4. Woche an empfindlicheren Brustwarzen und einem Spannungsgefühl in den Brüsten. Die Haut Ihrer Brüste erscheint nun dünner, weil sie gedehnt wird, die Brüste stärker durchblutet werden und die oberflächlichen Venen deutlicher hervortreten. Ihr Brustumfang nimmt um ein bis zwei Körbchengrößen zu und bis zum Ende der Schwangerschaft wird jede Brust zirka 200 bis 300 g schwerer. Dabei wächst und verzweigt sich vor allem das Drüsengewebe, während das Fettgewebe in den Brüsten abnimmt.
Nach dem Abstillen bildet sich das Drüsengewebe wieder zurück, das Fettgewebe wird aber nicht wieder vollständig eingelagert. Darum haben die Brüste nach einer Schwangerschaft immer eine andere Form und mehr Elastizität als vorher.
Es stimmt nicht, dass Stillen zu Hängebrüsten führt. Die Brüste verändern sich allein schon durch die Schwangerschaft. Eine veränderte Form nach der Stillzeit ist völlig unabhängig von der Stilldauer. Nicht-Stillen schützt also nicht vor hängenden Brüsten. |
Die Warzenhöfe werden größer...