Die Präparation hochgefüllter Kunststoffe ist im Prinzip immer identisch: Man spricht von der Herstellung eines Anschliffs; geschliffen wird auf Siliziumkarbid-Papier und anschließend mit Tüchern mit Diamantsuspension poliert. Die Körnungen der Schleifpapiere und die Tücher und Suspensionen zum Polieren können auf unterschiedlichste Weise kombiniert werden. Die Vielfältigkeit der unterschiedlichen Kunststoffe, verbunden mit den unterschiedlichen Füllstoffen (Glas, Mineral, Metall usw.) lassen kein allgemeingültiges Rezept zu, da auch Füllgrad sowie Form und deren Haftung Einfluss auf die Präparation nehmen. Aus diesen Gründen werden bei der Vielfalt der Proben keine Vollautomaten eingesetzt. Jede Probe wird „nach Gefühl“ bearbeitet. Leider ist die Präparation bei den hochgefüllten Kunststoffen nicht so einfach wie bei den Metallen [persönliche Mitteilung: B. Kaiser].
Die meisten Füllstoffe sind lichtundurchlässig, so dass schon geringe Füllstoffmengen bei Untersuchungen mit der optischen Durchlichtmikroskopie zu wenig brauchbaren Ergebnissen führen. Außerdem ist es wegen der Härte der Füllstoffe und deren geometrisch geringen Verankerungen ähnlich wie bei den Glasfasern kaum möglich, Dünnschnitte herzustellen. Einerseits werden die Füllstoffe innerhalb der Matrix verschoben, andererseits leiden die Messer.
Somit beschränken sich die mikroskopischen Untersuchungsmethoden vor allem auf die Auflicht- und Rasterelektronenmikroskopie. Perspektiven bietet die Computertomographie; allerdings noch nicht bei Füllstoffen im einstelligen μm-Bereich als längster Dimension (die Kennzeichnung der Größe von Füllstoffen erfolgt meistens nach der größten Längenausdehnung).
Für die Präparation der Proben bieten sich daher die Anschliff- und im begrenzten Rahmen bei weichen Füllstoffen die Frästechnik mit einer Ultrafräse an. Ziel der Präparation ist eine plane, reflektierende Oberfläche der Proben. Beim Schleifen und Polieren ist darauf zu achten, dass die Ränder der Füllstoffe nicht gerundet werden. Durch Härteunterschiede zwischen Füllstoffen und Matrix erhält man auch bei sorgfältiger Präparation einen geringen Höhenunterschied. Diesen kann man dann zur deutlichen Darstellung der Füllstoffe im Differenzial-Interferenz-Kontrast im Auflicht nutzen, (DIK)-Methode (Abschnitt 2.1.3 in Mikroskopie). Soll neben den Füllstoffen auch die Morphologie der Matrix dargestellt werden, kann die Probe geätzt werden (Kapitel 4 „Ätzen für Strukturuntersuchungen“).
Das grundsätzliche Vorgehen bei der Präparation eines Anschliffes ist in Abschnitt 1.4.2 im Kapitel „Präparation unverstärkter Kunststoffe“ und in diesem Kapitel im Abschnitt 2.1.4 „Probenpräparation“ dargestellt.
2.1.1 | Besonderheiten bei Reaktionsharzen |
Die Wortwahl „Füllstoffe“ täuscht. Die Zugabe von Füllstoffen – in den meisten Fällen mineralische Stoffe – zur Reaktionsharzmasse macht die Verarbeitung größerer, kompakter Ansätze überhaupt erst möglich. Der Grund hierfür liegt in der Reaktion zwischen den organischen Komponenten – Harz und Härter. Es handelt sich um eine exotherme Reaktion, die unter Wärmeentwicklung stattfindet. Ein Großteil der Wärmeenergie wird von den mineralischen Bestandteilen aufgenommen und die Exothermie auf diese Weise gedämpft.
Des Weiteren ermöglicht der gezielte Einsatz der Zusatzstoffe die Erreichung spezieller Eigenschaften des Formstoffs.
Thermische Eigenschaften:
Wärmedehnzahl (WDZ)
Mineralische Zuschlagstoffe weisen in der Regel niedrigere Wärmedehnzahlen auf als die organischen Bestandteile des Formstoffes. Bei der Abkühlung des Bauteils von Härtungstemperatur auf Einsatztemperatur werden Abkühlungsspannungen verringert.
Wärmeleitzahl (WLZ)
Organische Werkstoffe weisen in der Regel niedrige Wärmeleitzahlen auf. Die Erhöhung der Wärmeleitzahl durch die Zugabe von mineralischen Füllstoffen stellt eine deutliche, in vielen Fällen unverzichtbare Verbesserung des Formstoffs dar.
Wärmedehnzahl und Wärmeleitzahl stellen außerdem wichtige Eigenschaften von Isolierstoffen dar. Die WDZ verhindert Schrumpfspannungen z. B. bei der Umhüllung metallischer Leiter. Die Verbesserung der WLZ ermöglicht bessere Abführung der Verlustwärme des Isolierstoffs und verringert so die Entstehung von Wärmedurchschlägen.
Einwirkung der Füllstoffzugabe auf die mechanischen Eigenschaften der Formstoffe – siehe hierzu DIN 16945 Gießharzformstoffe Typen.
Einige Tipps zur Eingangsprüfung an mineralischen Füllstoffen:
In der Praxis findet die Anlieferung von zu verarbeitendem Material häufig unter Zeitdruck statt. Die Lieferanten sind in der Regel nicht in der Lage, einen aufwendigen und langwierigen Prüfprozess ihrer Waren abzuwarten. Ein Tanklaster mit etlichen Tonnen Quarzmehl oder Kreidemehl oder Mikrodol soll möglichst bald entladen werden. Eine Prüfung zu unterlassen kann jedoch schwerwiegende und teure Folgen haben. Unerlässlich ist es daher, die wichtigsten Eigenschaften der Ware zu prüfen:
Die Korngrößenverteilung
Diese Eigenschaft beeinflusst die Verarbeitungseigenschaften der Mischung unmittelbar. Es gibt natürlich Messverfahren für diesen Wert. Sie erfordern Prüfmuster in der Größenordnung von 0,5 g und Zeit. Hier ist der Praktiker gefragt. Eine schnelle Möglichkeit bietet die Messung der Viskosität eines Gemischs von 1 kg Füllstoff und 1 kg Harz, welches unter definierten Bedingungen hergestellt wurde.
Als Gefahr bei zu hohem Anteil von Feinstpartikeln im Füllstoff kann bei der späteren Reaktionsharzmasse Strukturviskosität auftreten; ein Puddingeffekt. Dieser ist äußerst störend in der Verarbeitung und Erreichung gemischter Endeigenschaften, weil der Entgasungsverlauf durch Blasenbildung gestört wird.
Der Feuchtegehalt
Auch hier ist die Gefahr gegeben, dass in der gefüllten Reaktionsharzmasse Strukturviskosität auftritt. Eine Menge von ca. 0,5 kg wird entnommen und im Vakuumtrockner nach Ausbreitung einer dünnen Schicht getrocknet.
Verunreinigung des Füllstoffs mit ionogenen Bestandteilen
Werden ionogene Verunreinigungen in den späteren Formstoff eingeschleppt, besteht die Gefahr, dass es nach Lagerung der Bauteile zu einem nicht akzeptablen Anstieg dielektrischer Verluste kommt. Der Schaden kann beträchtlich sein, weil die Eigenschaftsänderung erst nach einiger Zeit eintritt.
Zwei Verfahren haben sich bewährt:
Ermittlung des ph-Werts eines wässrigen Auszuges, der unter stets gleichbleibenden Bedingungen hergestellt wurde.
Elektrische Leitfähigkeit eines ebensolchen Auszuges.
Ein negatives Beispiel: Waschung von Quarzsand vor der Mahlung mit Meerwasser.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass die genannten Methoden – einen vertrauenswürdigen Lieferanten vorausgesetzt – vor größeren Schäden bewahren.
Das Ultrafräsen erfolgt mit einer auf ein Schlittenmikrotom aufgesetzten Ultrafräse (Bild 2.1). Die Präparation mittels der Ultrafräse vermindert grundsätzlich das Ausbrechen von Füllstoffpartikeln aus der Präparationsoberfläche. Besonders bei kugelförmigen Füllstoffpartikeln brechen die Füllstoffe beim Schleifen leicht aus, wenn über die Hälfte der Kugeln abgetragen wurde. Durch leichtes Verkanten beim Schleifen wird das Ausbrechen der kugelförmigen Füllstoffe verstärkt.
Bild 2.1 Schlittenmikrotom Polycut E mit Ultrafräsaufsatz
Bei der Präparation in der Ultrafräse wird hingegen das Material mittels eines Fräskopfes abgetragen, wobei die Probe fest in eine Vorrichtung eingespannt ist. Das Verkanten beim Abtragen des Materials sowie die auf die einzelnen Füllstoffpartikel wirkenden Kräfte werden so vermindert. Das Ausbrechen von kugelförmigen Füllstoffpartikeln kann so stark vermindert werden (Bild 2.2).
Bild 2.2 PA6 + 50 Vol.-% Kupferkugeln
links: RT gefräst, Auflicht, DIK
rechts: Anschliff, Auflicht, Dunkelfeld
Der Fräsvorgang wird in die zwei Stufen des Vorfräsens und Fertigfräsens eingeteilt. Der grundlegende Unterschied beider Stufen liegt in der Beschaffenheit des Fräskopfes. Beim Vorfräsen wird das Material des Prüfkörpers auf die zu betrachtende Ebene abgetragen (Bild 2.3). Als Fräskopf wird beim Vorfräsen eine dreiseitige Diamantschneide mit einem Spanwinkel...