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E-Book

Der Schatten

Im Visier des Privatdetektivs

AutorWolfgang Paul
VerlagRowohlt Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783644478312
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Ein privater Ermittler packt aus. Noch nie hat ein Privatdetektiv derart aus dem Nähkästchen geplaudert: Kunststück, wer verrät schon seine Tricks? Doch Wolfgang Paul, genannt «Paule», hat seinen Beruf nach fünfzehn Jahren an den Nagel gehängt und zusammen mit Andreas Straub seine interessantesten Fälle aufgeschrieben. Paul nimmt uns mit auf eine abwechslungsreiche Reise durch unsere Gesellschaft: vom Hinterzimmer des Supermarkts bis ins Rotlicht-Milieu, vom ehebrecherischen Bäcker bis zum Management, das seine Mitarbeiter überwacht. Er erzählt spannende und bisweilen nachdenklich machende Geschichten aus einer Welt, die sonst lieber im Schatten bleibt. True Crime einmal anders!

Wolfgang Paul, 45, war fünfzehn Jahre lang als Detektiv tätig, unter anderem für einen großen deutschen Discounter. Er lebt am Bodensee.

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Leseprobe

Paule, der Schatten


Mein Name ist Paul, Wolfgang Paul. Ich bin ein Schatten. Im Dienste von Arbeitgebern, Kaufhäusern, Ehepartnern – oder wer auch immer mich dafür bezahlt – bespitzele, beschatte und spioniere ich. Es ist nur eine Frage des Geldes, dann forsche ich bis ins kleinste Detail alles aus. Ich fördere den ganzen Schmutz zutage.

Eigentlich bin ich aber ganz umgänglich. Alle, die mich näher kennen, nennen mich «Paule». Ich bin ein geselliger Mittvierziger, habe drei Kinder. Auf meine drei Mädels bin ich stolz. Sport treibe ich hauptsächlich sonntags im Schützenverein. Mit meinen Brüdern hebe ich gerne das Glas – meist erst nach dem Training. Dennoch bin ich körperlich fit. Wenn nur die Raucherei nicht wäre. Mir das abzugewöhnen: schwer. Sehr schwer. Dabei habe ich es, frei nach Mark Twain, schon oft geschafft, damit aufzuhören. Gerade als Detektiv habe ich viele langwierige Beobachtungsphasen – da lenkt Rauchen ein wenig ab und beschäftigt mich. Gute Ausrede, oder?

Zwar bin ich aktives Mitglied im Schützenverein, aber in meinem Beruf als Detektiv lehne ich Waffen kategorisch ab. Wenngleich ich oft in Gefahr bin, ist mir das Risiko zu hoch. Ich könnte nie damit leben, eventuell eine unbeteiligte Person zu verletzen oder gar zu töten. Während einer früheren Tätigkeit im Werttransport musste ich während der Arbeitszeit eine Schusswaffe tragen. Ich habe mich dabei immer unwohl gefühlt. Daher habe ich lediglich ein Pfefferspray bei mir. Es dient eher meinem eigenen Sicherheitsgefühl denn der echten Abwehr.

Ich bezeichne mich als Detektiv. Privatermittler klingt ein wenig hochtrabend, Schnüffler zu negativ. Ich bin eher zufällig in die Überwachungsbranche geraten, genauso wie die meisten Kollegen. Viele Vorstellungen, die sich auf meinen Beruf beziehen, rühren aus Filmen und Fernsehserien. Die Realität hat damit wenig zu tun. Pseudo-Dokus wie «Lenßen & Partner» überzeichnen den Alltag stark. Viele meiner Tage und Einsätze, genauso wie die der meisten meiner Detektivkollegen, sind wenig actiongeladen. Die Spannung liegt vielmehr im Zwischenmenschlichen. Ich erlebe Komödien und Tragödien, verschieden und abwechslungsreich wie das Leben.

Seit fast 15 Jahren bin ich Detektiv, hauptsächlich im Dienste der Wirtschaft. Ich beobachte gezielt andere Menschen, die im Regelfall nichts von ihrem Glück wissen. Meine Zielpersonen stammen aus allen gesellschaftlichen Schichten und Altersklassen. Vom einfachen Arbeiter bis zum Manager, vom Supermarktkunden bis hin zur betuchten Klientel in Boutiquen, von kleinen Gaunern bis zu Schwerstkriminellen, von kleinen Dealern bis zu Größen im Rotlicht- und Drogenmilieu. Je nach Auftrag werde ich für eine kürzere oder längere Zeit zu ihrem Schatten. Meine Auftraggeber wollen alles wissen. Wie ein Jäger lauere ich meinem Ziel oft stundenlang auf. Instinkt und das richtige Timing sind entscheidend. Geduldig warte ich auf den entscheidenden, zielsicheren Schuss – in meinem Fall ein Schnappschuss. Unbemerkt beobachte und verfolge ich meine Zielpersonen, ich ermittle in alle Richtungen und sichere Beweise. Sobald ich genügend Material habe, übergebe ich es meinen Klienten, sorgsam aufbereitet und gerichtsfest dokumentiert.

Deshalb suchen sie Unterstützung vom Schatten. Wer sind sie, meine Mandanten? Unternehmen oder deren Rechtsanwälte beauftragen mich, Informationen über Mitarbeiter einzuholen. Das sind besonders spannende Fälle. Einen großen Teil meiner Arbeitszeit nimmt die Kundenüberwachung in Kaufhäusern und Supermärkten ein. Insgesamt habe ich in meinen knapp 15 Jahren als Detektiv etwa 2500 Ladendiebe überführt. Die meisten Fälle sind wenig spektakulär, aber einige Highlights sind darunter. Spannender als der Diebstahl an sich sind oft die Reaktionen der «unbescholtenen Bürger», wenn sie erwischt werden. Ich kann mit Sicherheit behaupten: Klauen ist Volkssport. Im Regelfall wird ein Diebstahl als Kavaliersdelikt abgetan. Ab und an beobachte ich nicht nur die Kunden, sondern auch die Mitarbeiter im Handel, sofern mein Auftraggeber dies wünscht. Ich montiere versteckte Kameras und filme die Mitarbeiter, obwohl und gerade weil sie es nicht wissen. Gelegentlich arbeite ich für Privatpersonen, die beispielsweise ihrem Ehepartner nicht mehr trauen. Das gibt, wenn sich der Verdacht bestätigt, besonders schöne Bilder und Videos.

Detektive werden eingesetzt, um Sachverhalte aufzudecken. Sie beschaffen Informationen und Beweismaterial. Im Allgemeinen wird zwischen Privatdetektiven und Wirtschaftsdetektiven unterschieden. Privatdetektive kümmern sich hauptsächlich um private und familiäre Angelegenheiten, beispielsweise um Überwachungen bei Partnerschaftsproblemen, Heiratsschwindel und Ehebruch. Dazu zählen auch Ermittlungen im Zusammenhang mit Erbschaften oder Sorgerechts- und Unterhaltsfragen. Sie werden von Privatpersonen beauftragt. Wirtschaftsdetektive hingegen werden von Unternehmen angeheuert. Um keinen direkten Kontakt zu unterhalten, wird in der Regel eine Anwaltskanzlei zwischengeschaltet, die den Auftrag an uns vergibt. Einsatzgebiete sind zum Beispiel Personenüberwachungen im Zusammenhang mit Einstellungen (sogenannte Leumundsprüfungen). Ist ein Mitarbeiter krankgeschrieben und besteht ein massiver Verdacht, dass die Krankheit nur vorgetäuscht ist, beauftragen Unternehmen häufig Detektive. Ähnliche Einsätze ergeben sich bei der Überwachung von Außendienstmitarbeitern oder wenn ein Mitarbeiter im Verdacht steht, nebenbei schwarz zu arbeiten. Spezialisierte Detektive kümmern sich auch um Betriebsspionage und Patentfragen. Im Versicherungsbereich bietet sich ein großes Einsatzfeld, das durch TV-Sendungen bekannt ist. Viele kleine Detekteien, oft Ein-Mann-Betriebe, sind in der Ladenüberwachung für Supermärkte tätig.

All diese Aufgaben könnten die Endkunden, die Unternehmen, im Grunde selbst durchführen. Detektive haben keinerlei Sonderrechte. Sie machen lediglich häufiger von dem sogenannten «Jedermann-Festnahmerecht» gemäß § 127 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) Gebrauch: Jeder Bürger darf eine tatverdächtige Person unter gewissen Umständen vorübergehend festhalten. Insbesondere in der Kaufhaus- und Supermarktüberwachung spielt die vorläufige Festnahme von Ladendieben, bis die Polizei eintrifft, eine wichtige Rolle. Hierfür muss der Dieb auf frischer Tat ertappt werden, und es muss Fluchtverdacht bestehen. Von beiden Voraussetzungen ist im Regelfall auszugehen. Dennoch sind Detektive, entgegen der Darstellung in einigen Filmen und Serien, weniger mit der Polizei als vielmehr mit ganz normalen Bürgern vergleichbar. Jeder darf sich Detektiv nennen und als solcher arbeiten. Im Wach- und Sicherheitsgewerbe, zu dem die Ladenüberwachung zählt, ist eine IHK-Schulung, eine Sachkundeprüfung sowie eine Gewerbeanmeldung nach § 34 a der Gewerbeordnung notwendig. Für Unternehmen sind Detektive externe Dienstleister. Weshalb werden sie beauftragt, könnten die Aufgaben doch prinzipiell von eigenen Mitarbeitern ausgeführt werden?

  1. Mangel an Zeit und Erfahrung. Spezialisiertes Personal für Überwachungsdienstleistungen ist in der Regel nicht vorhanden.

  2. Mangel an technischem Equipment, dessen Anschaffung für nur einen Einsatz unrentabel wäre.

  3. Mangel an geeigneten Informationsquellen. Jeder Detektiv baut sich im Verlauf der Zeit ein Netzwerk auf. Für verschiedene Einsatzgebiete gibt es echte Spezialisten.

  4. Mangel an Mut. Die Ermittlungen, gerade bei Wirtschaftsdetektiven, bewegen sich oft in rechtlichen Grauzonen. Die Unternehmen möchten zwar die Informationen bekommen, nicht aber mit deren Beschaffung in Verbindung gebracht werden.

Detektiveinsätze, wenn sie länger andauern, sind meist kostspielig für die Kunden. Für die Honorare von Detektiven gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Zwischen jedem Kunden und der Detektei wird eine individuelle Vereinbarung geschlossen. Die marktüblichen Stundensätze bewegen sich gemäß «Bund internationaler Detektive» zwischen 40 und 100 Euro plus 0,30 bis 1 Euro Kilometergeld. In vielen Fällen entsteht nach Abschluss der Ermittlungen Streit, wer die Kosten zu tragen hat. Die Unternehmen versuchen oft, die, gerade in Fällen von vorgetäuschter Krankheit oder Schwarzarbeit, den entsprechenden Mitarbeitern aufzubürden. Das Angebot, auf die Erstattung solcher Kosten zu verzichten, wird gern einmal als Druckmittel eingesetzt, um einen Aufhebungsvertrag abzuschließen und so potenziell langwierige arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen zu umgehen. Gelten sie als sogenannte Rechtsverfolgungskosten, sind Überwachungskosten zumindest teilweise erstattungsfähig. Es gibt verschiedene Gerichtsurteile zu diesem Thema, die mal zu Gunsten der Unternehmen, mal zu Gunsten der Mitarbeiter ausfallen. Generell gilt, wenn eine Erstattungsfähigkeit vorliegen soll, dass der Detektiveinsatz notwendig gewesen sein muss. Das heißt, das Unternehmen beauftragt den Detektiv auf einen konkreten Verdacht hin, und dieser trägt wesentlich dazu bei, den Verdächtigen zu überführen. Weiter müssen die Überwachungskosten in einer angemessenen Relation zum zu erwartenden Schaden für das Unternehmen stehen. Beispielsweise rechtfertigt ein zweiwöchiger Arbeitsausfall noch keinen Detektiveinsatz für 30000 Euro – ein Schaden für das Unternehmen in Höhe von 200000 Euro hingegen schon.

Im Bereich der Ladenüberwachung sieht die Welt anders...

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