Eine neue Studie von Kelvin Lui und Alan Wong von der Chinese University of Hong Kong kommt zu dem Schluss, dass die allgemeine Begeisterung für unterschiedliche Medienformen nicht unbedingt immer kritisch gesehen werden muss. Ihre Arbeit zeigt, dass diejenigen, die häufig gleichzeitig unterschiedliche Medien verwenden, Informationen besser mit verschiedenen Sinnen – in diesem Fall Sehen und Hören – aufnehmen können, um eine bestimmte Aufgabe zu lösen. Dies könnte daran liegen, dass diese Menschen es gewohnt sind, ihre Aufmerksamkeit gleichzeitig auf verschiedene Medien mit unterschiedlichen Informationsquellen aufzuteilen. Die Studie ist in der Online-Ausgabe der Springer-Zeitschrift Psychonomic Bulletin & Review nachzulesen.

Bisher gab es eine Menge medienwirksamer Artikel, die hervorgehoben haben, welche Nachteile Medien-Multitasking mit sich bringt, bei dem also mehr als eine Medienform bzw. Technologie gleichzeitig verwendet wird. Besonders junge Menschen nutzen Medien wie beispielsweise Instant Messaging, Musik, Internetsurfen, E-Mail, Online-Videos, Computerspiele oder soziale Netzwerke gleichzeitig. Forschungen haben unter Laborbedingungen und in realen Lebenssituationen nachgewiesen, dass bestimmte kognitive Prozesse, bei denen wechselnde Aufgaben, selektive Aufmerksamkeit und Arbeitsgedächtnis erforderlich sind, nur begrenzt möglich sind. Solche kognitiven Beeinträchtigungen könnten auftreten, weil Multitasker dazu neigen, ihre Aufmerksamkeit auf verschiedene Informationsquellen in ihrer Umgebung zu richten, ohne sich ausreichend auf die Informationen zu konzentrieren, die für die jeweilige Aufgabe am wichtigsten sind.

Aber bietet dieser kognitive Stil wirklich Vorteile? In der Studie von Lui und Wong werden die Unterschiede bei Tendenz und Fähigkeit von Multitaskern untersucht, Informationen von scheinbar irrelevanten Quellen zu erfassen. Die Wissenschaftler untersuchten insbesondere, inwieweit zwei unterschiedliche Gruppen (regelmäßige Multitasker und sporadische Multitasker) visuelle und auditive Informationen automatisch integrieren konnten.

Insgesamt beteiligten sich 63 Teilnehmer im Alter von 19 – 28 Jahren an dem Experiment. Sie beantworteten Fragebögen zu ihren Gewohnheiten bei der Verwendung von Medien und gaben Auskunft, wie lange sie unterschiedliche Medien einsetzen und in welchem Umfang sie mehr als ein Medium gleichzeitig verwenden. Anschließend wurde den Teilnehmern eine visuelle Suchaufgabe mit und ohne synchrones Geräusch gestellt, z. B. einem kurzen Piepton, der keine Informationen zum Ort des visuellen Zieles enthielt, aber anzeigte, wenn das Ziel seine Farbe änderte.

Durchschnittlich erhielten die Teilnehmer regelmäßige Informationen von mindestens drei Medien gleichzeitig. Die geübtesten Multitasker schienen effizienter bei der multisensorischen Verarbeitung zu sein. Sie erzielten bessere Ergebnisse mit dem Ton beim Lösen der Aufgabe als ohne. Auch war ihre Leistung bei Aufgaben ohne den Ton im Vergleich zu den sporadischen Multitaskern schlechter. Es zeigte sich, dass ihre Fähigkeit der routinemäßigen Erfassung von Informationen von einer Reihe unterschiedlicher Quellen es ihnen erleichterte, das unerwartete auditive Signal bei der Aufgabe mit Ton zu verwenden, was zu einer deutlichen Verbesserung der Leistung in Anwesenheit des Tons führte.

Die Autoren kommen zur Schlussfolgerung: „Auch wenn die vorliegenden Ergebnisse keine kausale Wirkung zeigen, weisen sie daraufhin, dass Medien-Multitasking durchaus geeignet sein könnte, um bestimmte kognitive Fähigkeiten zu nutzen, insbesondere hinsichtlich einer multisensorischen Verarbeitung. Der Multitasking-Einsatz von Medien muss daher nicht unbedingt immer schlecht sein.“

Quelle
Lui FH & Wong ACN (2012). Does media multi-tasking always hurt? A positive correlation between multitasking and multisensory integration. Psychonomic Bulletin & Review. DOI 10.3758/s13423-012-0245-7

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