Erste Überlegung zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts von Michael Eckert, Rechtsanwalt – Spezialist für Oldtimerrecht
Unter großer öffentlicher Anteilnahme hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass Dieselfahrverbote grundsätzlich zulässig seien. Es stellt sich nun die Frage, ob und inwieweit hiervon auch Diesel-Oldtimer betroffen sein können, zumal Oldtimer mit H-Kennzeichen ja bisher in Umweltzonen der Städte einfahren dürfen.
Nachfolgend möchten wir einige wichtige Hinweise geben, allerdings zugleich betonen, dass das Bundesverwaltungsgericht keinesfalls Diesel-Fahrverbote ausgesprochen, sondern nur Rahmenbedingungen für Städte festgelegt hat, die erfüllt sein müssen, wenn im Einzelfall (!) für einzelne Strecken (!) ein Fahrverbot verhängt werden soll.
1.
Die beiden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 (Aktenzeichen 7 C 26.16 und 7 C 30.17) sind bisher nur in Form einer Pressemitteilung bekannt. Bis zur Vorlage des vollständigen schriftlichen Urteils kann noch einige Zeit vergehen. Daher lässt sich heute auch noch nicht im Detail sagen, was genau das Bundesverwaltungsgericht geurteilt hat.
2.
Diesel-Fahrverbote sind nur ausnahmsweise möglich. Bei der Prüfung, ob solche Verbote verhängt werden dürfen, sind strenge Maßstäbe anzulegen, insbesondere ist die Verhältnismäßigkeit zu beachten.
Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt, dass nach Bundesrecht zonen- und streckenbezogene Verkehrsverbote speziell für Dieselfahrzeuge (noch) nicht zulässig sind. Ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge kann aber ausnahmsweise zulässig sein, wenn ein solches Verbot sich als „einzig geeignete Maßnahme erweist, den Zeitraum einer Nichteinhaltung der NO2-Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten“.
3.
Wichtig ist die Wahrung der Verhältnismäßigkeit. Insoweit muss auch geprüft werden, ob (als milderes Mittel) phasen-/stundenweise Verkehrsverbote eingeführt werden können. Hier ist eine stufenweise Regelung vorzusehen, beispielsweise zunächst ein Verbot für Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 4. Euro 5-Fahrzeuge dürfen jedenfalls nicht vor dem 01. September 2019 mit einem Verkehrsverbot verlegt werden. Darüber hinaus erfordert die Verhältnismäßigkeit, Ausnahmen vorzusehen. Dies gilt zum Beispiel für Handwerker und bestimmte Anwohnergruppen.
4.
Vor Verhängung eines Verkehrsverbotes für Dieselfahrzeuge müssen also zunächst alle anderen möglicherweise geeigneten Maßnahmen zur Verbesserung der Luftwerte (NO2) geprüft werden.
5.
Bei erheblicher Überschreitung der Grenzwerte (wie in den entschiedenen Fällen in Düsseldorf und Stuttgart der Fall) können auch Maßnahmen über die sogenannte Plakettenregelung (rote, gelbe, grüne Plakette) hinaus notwendig und zulässig sein. Da Oldtimer bisher nur von der Plakettenregelung ausgenommen sind, bedeutet dies, dass das H-Kennzeichen nicht automatisch dazu berechtigen würde, Strecken oder Zonen zu befahren, die vielleicht einmal in Zukunft mit einem Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge belegt werden.
6.
Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit könnte es gerade auf Durchgangsstraßen sinnvoll sein, Oldtimer-Dieselfahrzeuge von einem Verkehrsverbot auszunehmen, da diese nicht in nennenswertem Umfang zur Schadstoffbelastung beitragen. Dies ist aber eine Frage, die die Verwaltung jeweils vor Ort in jedem Einzelfall prüfen muss.
Fahrer von Oldtimer-Dieseln, die Anwohner in solchen Bereichen sind, für die möglicherweise zukünftig ein Strecken- oder Zonenverbot verhängt wird, sollten eine Ausnahmegenehmigung beantragen. Dies zum einen deshalb, weil sie Anwohner sind, zum anderen mit Blick auf die Tatsache, dass Oldtimer aufgrund der geringen Fahrleistung nur so geringfügig zur NO2-Belastung beitragen, dass dies nicht mehr messbar ist. Schließlich können sie sich darauf berufen, dass der Erhalt und auch Betrieb von Oldtimerfahrzeugen von kulturhistorischer Bedeutung ist. Dies gilt insbesondere für alte Diesel-PKW, die auch im Oldtimerbereich äußerst selten sind.
Es ist völlig offen, inwieweit sich ein Dieselfahrverbot auch auf Nutzfahrzeuge erstrecken kann. Der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich dazu nichts entnehmen. Nutzfahrzeuge, insbesondere LKW, Busse etc., sind praktisch nur als Dieselfahrzeuge lieferbar (gewesen). Hierfür werden wahrscheinlich Ausnahmevorschriften vorgesehen werden.
8.
Ob es Ausnahmeregelungen auch für Dieseltaxis gibt, lässt sich der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls nicht entnehmen, zumindest findet sich dazu nichts in der Pressemitteilung. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit wäre dies aber wünschenswert.
Aktuelle Zusammenfassung:
Endgültige Aussagen über die Auswirkung des neuen Urteils lassen sich noch nicht treffen. Aus dem Urteil selbst ergeben sich keinerlei Fahrverbote. Lediglich wird in Kommunen in bestimmten Ausnahmefällen die Möglichkeit eingeräumt, bestimmte Bereiche oder Strecken für bestimmte Dieselfahrzeuge zu sperren, wobei zwingend Ausnahmen vorzusehen sind. Hier werden sich die Regelungen in den Städten erheblich unterscheiden. Jede Gemeinde ist nach derzeitigem Recht noch selbst berechtigt und verpflichtet, eigene Regelungen, Ausnahmevorschriften etc. zu erlassen.
Oldtimer können sich jedenfalls nicht auf die Plakettenfreiheit beim H-Kennzeichen berufen. Ob die Städte jeweils Ausnahmen für Diesel-Oldtimer schaffen, muss abgewartet werden.
Wichtig ist jedenfalls, dass Diesel-Fahrzeuge und insbesondere auch Diesel-Oldtimer nicht für eine gesamte Stadt verboten werden dürfen, sondern immer nur für bestimmte Strecken oder Zonen, die man natürlich auch innerstädtisch umfahren kann.
Die Auswirkungen auf die Oldtimer-Szene werden daher gering bleiben.
© Michael Eckert, Spezialist für Oldtimerrecht
Anwaltskanzlei EDK Eckert ∙ Klette & Kollegen GdbR
Sofienstraße 17
D-69115 Heidelberg
Telefon: +49-(0)6221-91 40 50
Telefax: +49-(0)6221-20 111
E-Mail: info@edk.de
Internet: http://www.edk.de