Alternative Wohnformen – Grundtypen für das Wohnen im Alter
In ca. 15 Jahren wird jeder vierte Haushalt von 70-Jährigen und älteren bewohnt. Dies entspricht ca. 10 Millionen Haushalten. Die Nachfrage nach Wohnformen, die eine Alternative zum Altenheim darstellen, nimmt immer mehr zu. – Allerdings in sehr kleinen und regional unterschiedlichen Dimensionen. So lag die Zahl von Seniorenwohngemeinschaften (Senioren-WGs) in 2010 bei nur ca. 500 Wohngruppen und in 2012 bei ca. 650. Interessant ist dabei, dass davon alleine ca. 400 Senioren-WGs in Berlin angesiedelt sind.
Die Seniorenwohngemeinschaften liegen voll im Trend. Die Aufmerksamkeit nimmt ebenfalls zu, wegen der bevorstehenden Änderungen durch die Einführung des Pflegeneuausrichtungsgesetzes 2013 (PNG). Ab dem 1.1.2013 soll die Zahl um ca. 3.000 Wohngruppen durch eine besondere Förderung erhöht werden. Helfen soll dabei u.a. eine Förderung von max. 10.000EUR für Neugründungen von Wohngruppen (EUR2.500 pro Person, max. EUR10.000 pro Wohngruppe). Insgesamt plant der Bund, ein Budget von 10 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen.
Der Trend zu Seniorenwohngemeinschaften wird auch durch den tief verwurzelten Wunsch nach selbstständigem und selbstbestimmtem Wohnen im Alter intensiviert. Die Stärke der Senioren-WG liegt zweifelsohne innerhalb der Gemeinschaft gleichgesinnter Seniorinnen und Senioren und in der Möglichkeit gegenseitiger Unterstützung.
Typen und Unterscheidungsmerkmale
Doch worin unterscheiden sich eigentlich die alternativen Wohnformen wie Seniorenwohngemeinschaften, ambulante Wohngemeinschaften und betreutes Wohnen? Da es bisher keine geschützten Begrifflichkeiten für diese Wohnformen gibt, sind der Fantasie bei Namensgebung und Angebot kaum Grenzen gesetzt. Als Oberbegriff steht die „alternative Wohnform“. Diese Bezeichnung bündelt die Vielfalt von Wohnformen und stellt eine Option zum Wohnen im Altenheim dar.
Neben der Anzahl der Mitbewohner und dem Haushaltstyp bietet der Grad der Unterstützung eine hilfreiche Orientierung, erläutert Herr Rosenthal vom zentrum für seniore betreuung (z-s-b). Seniorenwohngemeinschaften werden in der Regel von 3-12 Senioren bewohnt. Die Bewohner haben alle denkbaren Familienstände, vom Single, zu Paaren oder auch Frauen- und Männer-WGs. Die Zusammensetzung der Bewohner/Innen ist oftmals auf Grundlage persönlicher Bekanntschaften gewachsen oder durch öffentliche Einrichtungen (Gemeinden, Kommunen) initiiert. Die Architektur zeichnet sich in der Regel durch diverse Gemeinschaftsräume (z.B. Wohnküche und einen gemeinsamen Aufenthaltsraum) und durch Einzel- oder Doppelzimmer der Bewohner aus.
Die Senioren-WG ist für Senioren geeignet, die nicht zwangsläufig einen ausgeprägten Betreuungs- oder Pflegebedarf haben. Der Grad eines eventuellen Unterstützungsbedarfs hängt von den individuellen Anforderungen ab. Die Gemeinschaft sollte auf Grundlage eines gemeinsamen Betreuungskonzepts die Leistungen vereinbaren und eine zentrale Beauftragung an Dienstleister vornehmen. Neben der Einzel- und Gesamt-Kostenbetrachtung sind auch sinnvolle Regeln bezüglich der Auswahl und Beauftragung der Dienstleister zweckmäßig, um Kostenvorteile zu nutzen. Z.B. ist bei einem Neueinzug zu prüfen, ob der „gewohnte“ ambulante Dienstleister mitgebracht wird, wenn die Leistung eines schon beauftragten Dienstes auch einfach ausgedehnt werden kann und somit doppelte Kosten vermieden werden. Für die Erstellung eines Betreuungskonzepts erscheint eine gute Beratung durch einen externen Spezialisten durchaus angebracht.
In den ambulanten Wohngemeinschaften ist der Hilfebedarf zumeist schon mehr ausgeprägt (Pflegestufe 1 und höher). Diese werden durch einen ambulanten Pflegedienst und ggf. von Alltagsbetreuern in den personen- und haushaltsbezogenen Dienstleistungen unterstützt. Die Anzahl der Mitbewohner ist ähnlich zu der in Senioren-WGs, liegt aber eher am unteren Rand bzw. im Mittel bei ca. 8 Personen. Die Zusammensetzung der Bewohner/Innen erfolgt nach Kriterien wie Herkunftsmilieu, Bekanntschaften untereinander und körperlichen oder psychischen Erkrankungen.
Die Architektur ist sehr ähnlich zu der einer Senioren-WG. Besondere Anforderungen können in Abhängigkeit des Pflegebedarfs entstehen. Bei demenzkranken Bewohnern sollten die speziellen Anforderungen an Orientierung, Licht und Raumgestaltung besonders berücksichtigt werden. Die Zimmergrößen variieren zwischen 14 – 18 qm. Ambulante WGs sind besonders geeignet für psychisch veränderte oder demenzkranke, pflegebedürftige Senioren, die lieber in einer familienähnlichen Gemeinschaft zusammen leben möchten.
Die Kosten für Wohnen und Betreuung/Pflege entsprechen in etwa denen eines Heimplatzes. Die Kostenbestandteile setzen sich zusammen aus den Leistungsmodulen nach dem Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI) der ambulanten Pflege sowie einer Tagespauschale für die Alltagsbetreuer (Präsenzkräfte), die oftmals rund um die Uhr anwesend sind.
Pflege- und Betreuungsleistungen sind vertraglich mit den Dienstleister(n) vereinbart und können durch ein „Pooling“ von Leistungen durchaus auch Kostenvorteile bringen. Im Gegensatz zu einer stationären Pflegeeinrichtung besitzt der ambulante Pflegedienst nur „Gaststatus“ und hat kein eigenes Büro.
Das Betreute Wohnen spricht – ähnlich der Senioren-WG – ebenfalls die Senioren an, die (noch) keinen ausgeprägten Betreuungs- oder Pflegebedarf haben. Auf der anderen Seite ist diese Wohnform aber sehr wohl darauf vorbereitet und bietet diverse Dienstleistungen wie z.B. ambulante Pflege, Sicherheitsdienste (z.B. Hausnotrufdienste), Einkaufs-, Essen- und sonstige Dienste. Diese Wohnform ist für Senioren geeignet, die in einer eigenen Wohnung in einer Wohnanlage leben möchten. Die Grundidee des Betreuten Wohnens für Senioren ist es, die Vorteile eines eigenen Haushalts mit einer verbindlichen Organisation von Unterstützungsleistungen zu kombinieren. In der Regel besteht betreutes Wohnen daher aus einer Kombination von Wohnraum (in einer Miet- oder Eigentumswohnung) und Serviceleistungen.
Anders als das Betreute Wohnen fallen die ambulant versorgten WGs und Senioren-WGs nicht unter das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) und haben damit einen etwas weniger formellen Rahmen. Das Gesetz trägt dem Verbraucherschutzgedanken Rechnung, indem es u. a. eine größtmögliche Transparenz im Leistungsbereich festschreibt. So wurden umfassende vorvertragliche Informationspflichten für die „Unternehmer“ – also die Anbieter von Wohnraum sowie von Pflege- und Betreuungsleistungen – gesetzlich normiert.
Bei allen Wohnformen sollte dieser Gedanke aufgegriffen werden. Für eine größtmögliche Transparenz und Unabhängigkeit müssen die Betreuungsleistungen vertraglich strikt von den Wohnleistungen getrennt werden. Die Grund- und Wahlleistungen werden in einem Betreuungsvertrag mit den Dienstleistern vereinbart. Der Betreiber oder die Eigentümergemeinschaft ist für die Wohnleistung verantwortlich. Diese Leistungen sind in einem Mietvertrag oder in den Eigentumsvereinbarungen geregelt.
Bei den Wohngruppen sollte nicht vergessen werden, zweckmäßige Vereinbarungen zur Verpflegung zu verabreden und ein Verpflegungskonto im monatlichen Rhythmus zu führen. Bei den ambulanten WGs kann dies z.B. auch von den Angehörigen geführt werden.
Ein weiterer wohnform-übergreifender Aspekt ist die „Barrierefreiheit“. Mit zunehmenden Alter sind ggf. auch steigende bauliche Anforderungen zu berücksichtigen. Eine barrierefreie Planung sollte z.B. auch den Gebrauch eines Rollstuhl oder Rollators im Haushalt berücksichtigen. Hindernisse wie z.B. Balkonschwellen und unnötige Stufen sollten bei einem Neu- oder Umbau von vornherein vermieden werden. Die ambulanten WGs und die Anlagen im Betreuten Wohnen sollten diesen Anspruch am intensivsten abdecken. Es lohnt sich eine kritische Prüfung im Vorfeld des Einzugs. Die DIN-Vorschrift 18040, Teil 2 gibt hier eine Hilfestellung und legt fest, wie barrierefrei gebaut und Wohnungen ausgestattet sein sollten.
Schlussfolgerung und Vorteile
Egal für welche Wohnform sich der Einzelne entscheidet: die Vorteile der drei genannten Wohnformen liegen zweifelsohne innerhalb der Gemeinschaft. Das Risiko der Kommunikationsarmut und Vereinsamung wird wirksam eingegrenzt. Der gegenseitige Austausch gehört genauso zum Alltag, wie der gegenseitige Beistand in schwierigen Phasen.
Dieser Vorteil gilt insbesondere für die Senioren-WGs und ambulanten WGs, da die Bewohner hier in familienähnlichen Strukturen integriert sind.
Eventuell zunehmende Betreuungs- und Pflegebedarfe können bis zu einem gewissen Grad auch in der Gemeinschaft einer Senioren-WG aufgefangen werden. Ambulante Pflegedienste können im Bedarfsfall integriert werden. Bei der Planung eines Neu- oder Umbaus oder bei der Besichtigung einer bestehenden Einrichtung sollte das Augenmerk auch auf Aspekte der barrierefreien Gestaltung gerichtet werden.
Mindestens genauso wichtig ist aber auch das Umfeld außerhalb der Einrichtung. Anlagen des Betreuten Wohnens haben oftmals Vorteile in der Logistik. Ärztehäuser, Apotheken, Einkaufsdienste, Wäschedienste und vieles mehr, sind in der Regel in unmittelbarer Nachbarschaft zu finden.
Die Empfehlung lautet deshalb, sich im Bedarfsfall umfassend beraten zu lassen, persönliche Vergleiche zu ziehen und entsprechende Einrichtungen (mehrere!) zu besichtigen.
zentrum für seniore betreuung www.z-s-b.com
Vermittlung von Pflegebedarfen an Senioren und deren Angehörige. Von alternativen Wohnformen über ambulante Pflegedienste, Haushaltshilfen und Heimunterkünften.
Kontakt: zentrum für seniore betreuung Melanie Schmidt Münchener Str. 11 85540 Haar 089 189 396 225 melanie.schmidt@z-s-b.com http://www.z-s-b.com