die Cyanobakterien unter dem MikroskopDie Wissenschaftler des Leibniz-Instituts DSMZ erforschen Stoffwechsel von Cyanobakterien

Auf der Suche nach neuen Modellsystemen bei den Cyanobakterien verglichen Privatdozent Dr. Jörn Petersen und Nachwuchsgruppenleiterin Dr. Meina Neumann-Schaal vom Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH das Erbgut und den Stoffwechsel (Metabolismus) von sechs nicht-marinen Cyanobakterien. Die Untersuchungen enthüllten verblüffende Unterschiede im metabolischen Repertoire der Organismen und belegten einen völlig unerwarteten Austausch von Genen des Primärstoffwechsels zwischen den Arten. Die Ergebnisse publizierten die Braunschweiger Forscher jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Genome Biology and Evolution. In einem umfassenden Vergleich des Erbguts und Stoffwechsels von fünf verschiedenen Cyanobakterien mit dem Referenzorganismus Synechocystis sp. PCC 6803 stellten die Wissenschaftler fest, dass es erhebliche Unterschiede im Stoffwechsel zwischen den verschiedenen photosynthetischen Bakterien gibt und dass sich diese individuell an den Tag-Nacht-Zyklus anpassen. Bei der Assimilation des Treibhausgases CO2 und dessen Speicherung in Form von Kohlenhydraten gibt es große Diskrepanzen zwischen den untersuchten Bakterienstämmen. Grundlage für das Verständnis der metabolischen Vielfalt liefern die entschlüsselten Genome. So enthält etwa der bereits vor sechs Jahrzehnten in der chilenischen Atacama-Wüste isolierte und seitdem praktisch in „Einzelhaft“ gehaltene Stamm Calothrix desertica DSM 106972 dreimal so viele Gene wie der Referenzorganismus. Die Ergebnisse zeigen, dass es dringend erforderlich ist, die Biodiversität kultivierter Cyanobakterien über die etablierten Modellsysteme hinaus zu nutzen, um deren verborgenes biotechnologisches Potential voll auszuschöpfen.

Portrait Cyanobakterien

Cyanobakterien sind eine der ältesten Lebensformen auf der Erde. Aufgrund ihres Aussehens wurden sie fälschlicherweise lange Zeit zu den Algen gezählt („Blaualgen“), es ist jedoch seit vier Jahrzehnten bekannt, dass sie ein eigenes Phylum innerhalb der Bakterien repräsentieren. Sie gehören zu den wichtigsten Primärproduzenten der Weltmeere und haben vor über drei Milliarden Jahren die pflanzliche Photosynthese erfunden. Heutzutage spielen sie eine wichtige Rolle in der Biotechnologie; sie werden unter anderem für die Produktion von Peptiden, Aminosäuren, Vitaminen und Pigmenten eingesetzt. In der Öffentlichkeit werden sie meist aufgrund der Produktion von für Mensch und Tier giftigen Verbindungen wahrgenommen, die in warmen Sommern in der Folge von „Algenblüten“ gebildet werden.

Das Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH hat im letzten Jahr seinen Sammlungsbestand um die Organismengruppen Cyanobakterien und Protisten erweitert. Neben der Konservierung und Bereitstellung der Mikroorganismen werden diese an der DSMZ in Braunschweig auch umfassend erforscht. www.dsmz.de

Die DSMZ ist eines der größten Bioressourcenzentren weltweit. Die Sammlung umfasst derzeit über 67.000 Kulturen, einschließlich über 35.000 verschiedene Bakterien- und 4000 Pilz-Stämme, 800 menschliche und tierische Zelllinien, 41 Pflanzenzelllinien, 1.400 Pflanzen-Viren und Antiseren und 13.000 verschiedene Typen genomischer Bakterien-DNA.

Kontakt

Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen

Sven-David Müller

Inhoffenstraße 7 B

38124 Braunschweig

0531-5312616300

sven.david.mueller@dsmz.de

http://www.dsmz.de