Idealtypische Vorstellungen vom Elternsein schädlich für die Psyche der Mutter?
Werden Frauen, die mit Leib und Seele Mütter sind, unglücklich? Eine neue Studie von Kathryn Rizzo und Kollegen von der University of Mary Washington in den Vereinigten Staaten hat gezeigt, dass Frauen, die von ihrer Elternschaft ganz und gar überzeugt sind, häufiger unter negativen Folgen für die psychische Gesundheit leiden. Typisch für diesen Typ Mutter sind beispielsweise die Überzeugungen, dass Frauen der bessere Elternteil sind, dass das Kind im Zentrum der Mutterschaft stehen sollte und dass Kinder etwas Heiliges und eine Erfüllung für die Eltern darstellen. Die Arbeit erscheint online in der Springer-Fachzeitschrift Journal of Child and Family Studies.
Elternschaft kann eine Herausforderung sein – eine wirklich große Aufgabe, die umfassende Fähigkeiten und Erfahrungen erfordern. Oftmals idealisieren Frauen das Elternsein als eine der meist erfüllenden Erfahrungen im Leben. Dennoch gehen einige Untersuchungen davon aus, dass Elternschaft möglicherweise negative Folgen für die Psyche hat. So haben Frauen berichtet, dass die Betreuung der Kinder stressiger ist als der Job. Gerade bei Frauen, die zu hohe Anforderungen an sich als Mutter stellen, kann dies Stress und Schuldgefühle auslösen. Bekannt ist diese Diskrepanz als Paradox der Elternschaft.
Rizzo und ihr Team gingen der Frage nach, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Elternsein – und zwar insbesondere einer sehr ‚intensiven‘ Elternschaft – und vermehrtem Stress, Depressionen und geringerer Lebenszufriedenheit. 181 Mütter mit Kindern unter fünf Jahren beantworteten einen Online-Fragebogen. Für die Autoren stand im Fokus, inwieweit die Frauen von den Grundsätzen intensiver Elternschaft überzeugt waren: Mütter sind der wichtigste und fähigste Elternteil; das Glück der Eltern ist in erster Linie von den Kindern abhängig; Eltern sollten ihre Kinder durch stimulierende Aktivitäten in der Entwicklung fördern; Kinderbetreuung ist schwieriger als der Job; elterliche Bedürfnisse sollten grundsätzlich hinter denen der Kinder zurückstehen.
Die Frauen waren generell mit ihrem Leben zufrieden, dennoch litten sie in einem gewissen Maß an Stress und Depressionen. Etwa 23 Prozent zeigten Anzeichen einer Depression. Ganz deutlich litten Frauen, die überzeugt waren von den Grundsätzen einer intensiven Elternschaft, unter negativen Auswirkungen auf die Psyche. Mütter, die glaubten, dass Frauen der wichtigste Elternteil seien, waren mit ihrem Leben weniger zufrieden; wer die Elternschaft für eine Herausforderung hielt, litt eher unter Stress und Depressionen. Berücksichtigt wurde hierbei immer auch das Maß an familiärer Unterstützung.
Die Autoren: „Wenn sich eine so intensiv erlebte Mutterschaft derartig negativ auf die Psyche auswirkt – warum sind Frauen dann so davon überzeugt? Sie sind bereit, ihr eigene psychische Gesundheit aufs Spiel zu setzen, um die kognitive, soziale und emotionale Entwicklung ihrer Kinder zu fördern. Möglicherweise halten sie sich auf diese Weise für die besseren Mütter. Fakt ist jedoch, dass sich eine derartig idealtypische Elternschaft vollkommen anders auf Kinder auswirken kann als Eltern glauben – der gegenteilige Effekt ist möglich.“
Quelle
Rizzo KM, Schiffrin HH, Liss M (2012). Insight into the parenthood paradox; mental health outcomes of intensive mothering. Journal of Child and Family Studies; DOI 10.1007/s10826-012-9615-z
Der vollständige Artikel steht Journalisten auf Anfrage zur Verfügung.
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