In der Immobilienbranche wird mittlerweile ein höherer Umsatz als im Fahrzeugbau oder dem Handel verzeichnet. Die Zuwächse liegen in den großen Metropolen Deutschlands jährlich bei knapp neun Prozent. Die Bundesbank spricht bereits von überteuertem Wohnraum. Wie groß ist die Gefahr, dass der Immobilienboom zu einer Überhitzung des Marktes führt? Theodor J. Tantzen, Vorstand der Prinz von Preussen Grundbesitz AG und ausgewiesener Spezialist in Sachen Baufinanzierung und Immobilienprojekte, antwortet auf die wichtigsten Fragen der Anleger.
Frage: Herr Tantzen, welche Rolle spielt eigentlich die Immobilienbranche in der Wirtschaftslandschaft Deutschland?
Theodor J. Tantzen: Eine extrem große! Hätten Sie gedacht, dass in der Immobilienbranche in Deutschland inzwischen höhere Umsätze erzielt werden als in den Bereichen Fahrzeugbau oder dem Handel? So betrug die Bruttowertschöpfung hier – inklusive Bauwirtschaft, Immobilienfinanzierung sowie Architekten und Planern – im Jahr 2011 rund 434 Milliarden Euro, das entspricht 19 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistung der Bundesrepublik. Das geht aus dem kürzlich vorgestellten Gutachten „Wirtschaftsfaktor Immobilien 2013“ hervor.
Frage: Welchen Trend beobachten Sie zurzeit auf dem Immobilienmarkt, vor allem in Ballungszentren?
Theodor J. Tantzen: Seit 2010 ist der Immobilienmarkt in Deutschland verstärkt in Bewegung. Steigende Zuwanderungsraten in die Großstädte haben – nach jahrelanger Preis- und Mietstagnation – zu Preisanstiegen geführt, die sich aber primär auf Teilmärkte in den Ballungszentren beschränkt haben. Grund hierfür war unter anderem, dass das Neubauvolumen die über die Fertigstellung liegende Nachfrage nicht mehr befriedigen konnte.
In den sieben größten deutschen Städten beispielsweise betrugen die Zuwächse für neue Immobilien im Jahr 2011 rund neun Prozent. Dieser Trend hat sich bis 2012 fortgesetzt und er wird sich auch weiterhin anhalten. Und dafür gibt es fundamentale Ursachen, insbesondere niedrige Zinsen, steigende Einkommen und Zuwanderung aus dem Ausland.
Frage: Droht eine Überhitzung der Märkte, wie von Seiten der Bundesbank aktuell befürchtet wird? In Großstädten wie Hamburg, Frankfurt am Main, München oder Köln lägen die Immobilienpreise sogar bis zu 20 Prozent über dem Niveau. Teilen Sie diese Einschätzung?
Theodor J. Tantzen: Dieser Einschätzung kann ich mich nur bedingt anschließen. Sicherlich: Grundstücke und gute Bestandimmobilien in A-Lagen der Metropolen sind kaum noch erhältlich. Wie bei allen Wirtschaftsgütern führt eine solche Verknappung zu Preissteigerungen. Aus meiner Sicht wurden bislang diese hohen Preise akzeptiert, und sie werden es auch weiterhin, denn: Baugeld ist spottbillig! Doch nicht nur bei Immobilien an ausgewählten Standorten führen niedriges Zinsniveau und der Wunsch nach soliden Wertanlagen zu überproportionalen Preissteigerungen. Mittlerweile müssen Anlage- bzw. Wohnungsinvestoren bereits in Randregionen ausweichen, weil in den Ballungsgebieten kaum noch eine verträgliche Rendite erwirtschaftet wird.
Frage: Wie steht der Markt in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern da?
Theodor J. Tantzen: Allen Widrigkeiten zum Trotz ist der deutsche Immobilienmarkt deutlich stabiler als in anderen Ländern! Dies ist unter anderem auch zurückzuführen auf den funktionierenden Mietmarkt und eine solidere Immobilienfinanzierung. Erfahrung aus anderen Volkswirtschaften zeigen, dass es in einem Umfeld niedriger Zinsen und hoher Liquidität sehr wohl zu Übertreibungen an Immobilenmärkten kommen kann. Die deutschen Banken hingegen haben bisher nicht so leichtfertig Kredite an Immobilienkäufer vergeben, die kaum eigenes Geld mitbringen.
Frage: Wie lautet Ihre Prognose?
Theodor J. Tantzen: Solange Kredite so günstig bleiben, Bankguthaben nur noch Niedrigstzinsen erzielen und die Skepsis gegenüber dem Aktienmarkt überwiegt, tendieren viele Deutsche auch weiterhin zum Immobilienkauf. Darüber hinaus geht immer noch die Angst vor dem Euro-Crash um. Ein weiterer – von Fachleuten gern genannter – Grund ist das immer noch zu geringe Angebot an Neubauimmobilien.
Frage: Herr Tantzen, was ist also Ihr Resümee zur derzeitigen Diskussion um die potenzielle Überhitzung des Wohnungsmarktes?
Theodor J. Tantzen: Zusammenfassend kann man sagen, dass ein Crash am Immobilienmarkt nicht zu erwarten ist. Dies wird auch von der aktuellen Studie des Deutschen Verbands für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung und der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung belegt. Demnach wird der Markt in Berlin, München oder Hamburg auch noch in einigen Jahren liquide sein, sodass man auch dann seine Immobilien dort noch zu einem guten Preis weiterverkaufen kann.
Herr Tantzen, wir danken Ihnen für dieses informative Gespräch!
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