Noch immer ist in den Bereichen Wasserversorgung und Abwasser in den südlichen Ländern ein großer Handlungsbedarf. Auch die Türkei steht vor dieser Aufgabe: Nach Schätzungen der EU müssen bis zum Jahr 2023 ca. 50 Milliarden Euro in die Umweltinfrastruktur investiert werden, um europäische Standards zu erreichen. Die KfW Entwicklungsbank unterstützt Projekte in der Türkei zurzeit mit 800 Millionen Euro. Heute können 92% der Bevölkerung mit Trinkwasser aus öffentlichen Werken versorgt werden.
Spätestens nach der Niederschlagsarmut im Jahre 2007 und der damit einhergehenden Knappheit in der Trinkwasserversorgung wurden Politik und Bevölkerung für das Thema Wasserversorgung und Wasserqualität sensibilisiert. Schnell wurde deutlich, dass eine enge Verknüpfung zwischen den Bereichen Wasserver-und Abwasserentsorgung besteht. Aus diesem Grund setzt das türkische Umweltministerium unter anderem auch auf den vermehrten Bau von Kläranlagen. Auch deutsche Unternehmen unterstützen das türkische Vorhaben mit technischem Know-How. So erhielt die WTE Wassertechnik als Konsortialführer zusammen mit den türkischen Bauunternehmen Lidya und Kaylon im Frühjahr 2007 einen Auftrag über 108 Mio. Euro zur Errichtung einer Abwasserreinigungsanlage mit weitgehender Stickstoffentfernung und anschließender Schlammfaulung. Aus den aktuellen Zahlen, die das türkische Statistikamt Ende April 2010 veröffentlicht hat, geht hervor, dass pro Einwohner ca. 173 Liter Abwasser am Tag anfielen. Zwar verfügen 73% der Kommunen über eine Abwasservereinigung, jedoch sind lediglich 14% der Gemeinden an eine Kläranlage angeschlossen. Da es sich aber bei diesen Gemeinden um große Städte handelt, kann fast die Hälfte der türkischen Bevölkerung (46%) mit sauberem Wasser versorgt werden. Noch im Jahre 1994 wurden lediglich die Abwässer von 12% der türkischen Bevölkerung geklärt.
Basis der Veränderung: Gesetzesgrundlagen
Für diese Entwicklung sind die veränderten Gesetze und Verordnungen der vergangene Jahre bedeutend. Mit der Änderung des Umweltgesetzes im Jahre 2006 erhielten die Kommunen den Auftrag innerhalb eines Jahres einen Arbeitsplan aufzustellen, der den Ausbau der Abwasserreinigung organisieren sollte. Für die Installation der Anlagen wurde den Kommunen, abhängig von ihrer Einwohnerzahl, ein Zeitraum von 3 bis 10 Jahren gewährt. Bereits ein Jahr später konnten 194 Klärwerke in Betrieb genommen werden, 72 Anlagen befanden sich in der Bauphase und in 33 Kommunen standen Ausschreibungen bevor. Bei Nichteinhaltung der Fristen sind im Gesetz Strafen vorgesehen, daher ist die Aktivität auf dem Sektor groß. Zudem ist in diesem Gesetz auch eine Anpassungsstrategie an EU-Umweltstandards formuliert worden. Von den damit verbundenen Investitionen in Höhe von 18 Mrd. Euro sollen 42% in die Erneuerung
maroder Abwasser- Leitungsnetze gehen. Alle Maßnahmen, die in einem Aktionsplan festgehalten wurden, bis 2017 durchgeführt werden. Das Ziel ist dabei, alle Einwohner von Gemeinden mit einer Bevölkerung von 10 000 oder mehr an Kläranlagen angeschlossen zu haben.
Innovationen
Mit Hilfe von Faulgastürmen, die bei der Konstruktion oder der Modernisierung von Kläranlagen verwendet werden, lässt sich ein erheblicher Teil der notwendigen Energie in Form von Biogas gewinnen. Die Stadt Ankara kann ihren Energiebedarf auf diese Weise bereits zu 80% decken. Landesweit befinden sich zurzeit drei Faulgasanlagen in der Konstruktion, weitere stehen in der Planung.
Neben der Konstruktion von Faulgastürmen ist auch die Wasserversorgung der Städte aus benachbarten Flüssen in der Diskussion. So soll beispielsweise die Stadt Istanbul ab 2010 aus dem 180 km entfernten Melen- Fluss 268 Mio. cbm Wasser erhalten. In der endgültigen Ausbaustufe sollen täglich sogar 1,18 Mrd. cbm auf diesem Wege die Wasserversorgung bis 2040 sicherstellen, zusätzlich wird über den Bau einer Meerwasserentsalzungsanlage nachgedacht.
Best- Practice: Stadt Fethiye
Ein gutes Beispiel für eine gelungene Abwasserentsorgung ist in Fethiye an der türkischen Mittelmeerküste. In Fethiye liegt eine der letzten Brutstätten der großen Meeresschildkröte. Doch die Abwässer der Stadt wurden ungeklärt in das Meer geleitet und gefährdeten deren Brutstätten akut. Die deutsche Finanzielle Zusammenarbeit finanzierte 2003 den Bau einer hochmodernen Kläranlage. Nun werden die Abwässer gereinigt und Krankheitserreger weitgehend unschädlich gemacht. Die selbst unter europäischen Maßstäben vorbildliche Kläranlage wurde bereits mit mehreren Umweltpreisen ausgezeichnet. Und die Meeresschildkröten können wieder ungestört brüten.
Unser Portfolio für die Suche von Vertriebspartner
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