Studie zeigt, wo, wie und aus welchen Gründen das Internet kontrolliert wird
New York / Heidelberg, 1. Dezember 2010
Ein freier Zugang zum Internet hängt weitgehend davon ab, wo der Einzelne lebt. Barney Warf von der University of Kansas zufolge korreliert das Ausmaß der Cyber-Zensur in den unterschiedlichen Ländern der Welt direkt mit dem autoritären Führungsstil einer Regierung. In einer großangelegten Studie1 hat er die Weltkarte genauer unter die Lupe genommen und analysiert, wo überall Internet-Zensur ausgeübt wird. Die Ergebnisse sind in dem Online-Artikel der Springer-Fachzeitschrift Geo-Journal nachzulesen.
Mitte des Jahres 2010 wurde das Internet von mehr als 1,9 Milliarden Menschen genutzt. Somit wurde es für 28 Prozent der Weltbevölkerung zu einem Medium, das der Kommunikation, der Unterhaltung sowie der Nutzung unterschiedlichster Anwendungen dient. Die Gemeinschaft der ‚Netizens‘ verteilt sich jedoch höchst ungleichmäßig. Für viele stellt der Zugang zum Internet keinen Luxus mehr dar, sondern eher eine Notwendigkeit. Dennoch wird der Internetzugang von vielen Regierungen weltweit aufs Schärfste beschränkt und die Inhalte für die Bürger zensiert.
Warf untersucht die Ursachen, die Art, das Ausmaß und den Protest gegen die eingeschränkten Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten sowie die von den Regierungen zensierten Inhalte. Die Studie befasst sich außerdem mit den gravierenden Auswirkungen der Zensur weltweit und gibt Auskunft über die Anzahl der betroffenen Personen. Diese Analyse belegt, dass von dem Ausmaß und der Art der Zensur darauf geschlossen werden kann, wie demokratisch und offen für Kritik die unterschiedlichen politischen Systeme sind.
In den nordeuropäischen Ländern, den USA, Kanada, Australien, Neuseeland und Japan herrscht nur eine geringe oder gar keine Zensur. Am anderen Ende des Spektrums, in China, Vietnam, Bur-ma/Myanmar, Iran, Nordkorea und in Turkmenistan unterliegt das Internet den strengsten und um-fangreichsten Beschränkungen. Zwischen diesen Extremen gibt es eine Reihe von Staaten mit ge-mäßigten bis maßvollen Formen der Internetzensur. Darin lassen sich ihre unterschiedlichen Regierungssysteme, das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein bürgerlicher Freiheiten und die Möglichkeit verschiedener Gruppen ablesen, ihre Fähigkeiten oder Rechte zur Nutzung des Internets zu verteidigen, in welcher Form auch immer sie es möchten.
“Die globale Verbreitung des Internets stellt eine wachsende Herausforderung für viele autoritäre Regime dar und stärkt gleichzeitig das Wachstum und die Effektivität der globalen bürgerlichen Gesellschaft. Die Zensur des Internets durch Regierungen in Form einer gemäßigten Einflussnahme auf pornographische Inhalte bis hin zur Verhaftung und Exekution von Cyber-Dissidenten hat sich zu einem weltweiten Cyberspace-Phänomen entwickelt“, so Barney Warf. Er warnt: “Beim Versuch, den Internetzugang zu kontrollieren und dessen Inhalte zu manipulieren, müssen die Staaten darauf achten, dass Investoren, Touristen, Unternehmer und Softwareentwickler als Wegbereiter von Wirtschaftswachstum und Produktivitätssteigerung nicht abgeschreckt werden.”
Quelle: Warf B (2010). Geographies of global internet censorship. GeoJournal; DOI 10.1007/s10708-010-9393-3
Der vollständige Artikel steht Journalisten auf Anfrage zur Verfügung.
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