In unterschiedlichen Bereichen des menschlichen Gehirns kann die Verteilung molekularer Lipidarten erfasst werden

New York / Heidelberg, 04. Mai 2011

Die Kenntnis der Fettverteilung im gesunden menschlichen Gehirn ist ein entscheidender Schritt zum Verständnis neurologischer Erkrankungen, insbesondere neurodegenerativer Erscheinungen bei Alzheimer. Antonio Veloso und seine Kollegen von der Universität des Baskenlandes in Leioa, Spanien, haben eine neue Technik entwickelt, um die Fettverteilung in drei Bereichen des gesunden menschlichen Gehirns zu erfassen. Ihre Arbeit ist im Fachjournal Analytical & Bioanalytical Chemistry von Springer erschienen.

Das zentrale Nervensystem des Menschen enthält eine Vielzahl von Fettmolekülen. Einige sind strukturelle oder energetische Bausteine von Zellen, andere Fettmoleküle spielen eine Rolle bei der Neurotransmission und sind als Neurolipide bekannt. Die Abbildung dieser Neurolipide kann dem Neurologen dabei helfen, die genauen Stoffwechselwege zu verstehen, die zur Entstehung der Neurolipide führen, sowie den Ort der Entstehung zu ermitteln. Das Wissen um die Fettzusammensetzung und die Verteilung der unterschiedlichen Fettarten im gesunden Gehirn kann Anhaltspunkte dafür geben, wie sich neurodegenerative Erkrankungen entwickeln.

Das interdisziplinäre Team verwendete für den Scan gesunder Gehirngewebeschnitte eine Kombination aus bildgebender MALDI-TOF-Massenspektrometrie (ein Verfahren zur Visualisierung der räumlichen Verteilung von Komponenten anhand ihrer Molekülmasse) und funktionaler Autoradiographie (hier wird eine Bildfolge aufgezeichnet, die die Verteilung der durch ein Medikament verursachten Aktivitäten zeigt). Damit erfassten die Forscher die detaillierte Verteilung von 43 Fettarten in drei speziellen Bereichen des menschlichen Gehirns: dem frontalen Kortex, dem Hippocampus und dem Striatum.* Einzigartig an der Methode der Wissenschaftler ist die Möglichkeit, sowohl die Fettart als auch ihre Position zu bestimmen. Mit traditionellen Methoden können Fettarten nicht lokalisiert werden.

Die Autoren kommen zur Schlussfolgerung: „Die Anwendung der bildgebenden Massenspektrometrie zur Lokalisierung von Fettarten im Gehirn ermöglicht insbesondere ein Verständnis der einzelnen Funktionen der verschiedenen Fettarten. Zusätzlich stellte sich in den letzten Jahren heraus, dass Veränderungen der durch Neurolipide übertragenen Nervensignale bei neurodegenerativen Krankheiten eine Rolle spielt. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Alzheimer-Erkrankung von besonderem Interesse, da die familiäre Mutation einiger lipid-transportierender Proteine, wie dem Apolipoprotein E, bei dieser Erkrankung ein Risiko darstellt. Die bildgebende Massenspektrometrie befindet sich immer noch im Frühstadium. Es ist davon auszugehen, dass in naher Zukunft neue Hardwareentwicklungen die genaue Bestimmung einer zunehmenden Anzahl von Fettarten ermöglichen werden, mit dem Ziel, eine dreidimensionale Karte der Fettverteilung im Gehirn zu erstellen.“

* Der frontale Kortex bzw. Frontallappen ist der vordere Teil des Gehirns. Der Hippocampus befindet sich oberhalb der Schläfen und ist wichtig für Erinnerungen und Gefühle. Das Striatum ist der gefurchte weiße und graue Teil des Vorderhirns.

Quelle
Veloso A et al (2011). Distribution of lipids in human brain. Analytical and Bioanalytical Chemistry;
DOI 10.1007/s00216-011-4882-x

Der Volltext-Artikel ist für Journalisten auf Anfrage verfügbar.

Kontakt: Joan Robinson, Springer, Tel.: +49-6221-487-8130, E-Mail: joan.robinson@springer.com

Springer-Verlag GmbH, Heidelberg, Zweigniederlassung der Springer-Verlag GmbH, BerlinTiergartenstrasse 17D-69121 Heidelberg