Migranten verfügen gegenüber Deutschen über eine günstigere Morbidität und Mortalität. Da meist gesunde Menschen bereit sind ihre Heimat zu verlassen, verfügen jüngere Migranten im Schnitt über eine bessere Gesundheit als gleichaltrige Deutsche. Zudem kommt eine gesündere Lebensweise, die die Migranten aus ihrer Heimat mitbringen. Mit zunehmendem Alter haben die Migranten jedoch eine geringere Lebenserwartung. Diese Verschiebung ist die Folge von einem erschwerten Zugang der Migranten zum öffentlichen Gesundheitswesen sowie die Anpassung an die Lebensstile in ihrer neuen Heimat.
Laut Mikrozensus leben in Deutschland 15,7 Millionen Personen mit Migrationshintergrund. Angesichts des demographischen Wandels und einer alternden Bevölkerung in Deutschland, wird die Rolle von Migrationsbewegungen häufig diskutiert. Dabei steht meistens das generative Verhalten von Migranten im Vordergrund. Allerdings hat auch die Morbidität, welche typischen Krankheitsbilder auftreten, und Mortalität, die Sterblichkeitsrate, von Migranten eine nicht zu unterschätzende Auswirkung auf die deutsche Bevölkerungsstruktur. Aufgrund abweichender Lebensweisen unterscheiden sich die Zugewanderten in diesen Punkten im Vergleich zu Deutschen. Laut eines Forschungsberichts des BAMF weisen Migranten eine günstigere Mortalität und auch Morbidität auf. Für die Träger der Sozialversicherungssysteme, aber auch für die Politik, haben diese Erkenntnisse eine weitreichende Wirkung.
Der „Healthy Migrant Effect“
Eine mögliche Erklärung für die gute Gesundheit der Migranten bietet der „Healthy-Migrant-Effect“. Meist sind es gesunde Menschen die ihre Heimat zurücklassen. Zusätzlich herrscht in den Herkunftsländern oft ein gesünderer Lebensstil, den die Migranten zunächst beibehalten. Die Vorteile des „Healthy Migrant Effect“ verblassen allerdings mit zunehmendem Aufenthalt. Daten der Gesetzlichen Rentenversicherung zeigen, dass die Mortalität der Migranten im Alter von 20 bis 60 Jahren geringer ist als bei gleichaltrigen Deutschen. Bei älteren Migranten, ab 60 Jahren, hingegen sind höhere Sterberisiken als bei deutschen Senioren zu beobachten. 2007 lag die durchschnittliche Lebenserwartung von Deutschen, ab 60 Jahre, bei 20,0 Jahren und bei Migranten bei 18,8 Jahren. Dies liegt zum einen daran, dass sich die Migranten, die lange in Deutschland leben oder hier geboren sind, dem Ernährungs-, Risiko-, Gesundheits-, und Sozialverhalten der Einheimischen anpassen. Zum anderen sind viele der Personen in dieser Altersstufe im Zuge der Anwerbung von „Gastarbeitern“ nach Deutschland ausgewandert und übten überwiegen körperlich schwere Tätigkeiten aus. Im Durchschnitt weisen die Tätigkeiten der Migranten ein erhöhtes Unfallrisiko auf, was eine höhere Arbeitsunfähigkeit als bei den Deutschen zum Resultat hat. Daher sind zum Beispiel türkische Erwerbstätige überproportional von Frühberentung und Erwerbsminderung betroffen.
Die Morbidität der beiden Gruppen unterscheidet ebenfalls sich auffallend. Migranten leiden häufiger an bakteriellen Erkrankungen und Infektionskrankheiten, wie Tuberkulose, als Deutsche. Erklärungen hierfür bieten die Umwelt- und Lebensbedingungen der Herkunftsländer. Neben den gesundheitlichen Belastungen sind Migranten auch oft von ökonomischen und sozialen Belastungen betroffen, die sich mit zunehmendem Aufenthalt negativ auf ihre Gesundheit auswirken. Die häufig bei Deutschen auftretenden Erkrankung des Herz-Kreislauf-Systems und Krebserkrankungen treten dagegen seltener bei Migranten auf. Auch hier spielen die Ernährungsgewohnheiten des Herkunftslands wieder eine Rolle.
Informationsbedarf für Migranten im öffentlichen Gesundheitswesen
Negativ wirkt sich die geringe Inanspruchnahme des öffentlichen Gesundheitswesens auf die Gesundheit der Migranten aus. Bei Berufserkrankungen nehmen die Zugewanderten nur selten medizinische Rehabilitationsleistungen war. Außerdem suchen sie häufiger Rettungsstellen statt Hausärzte auf und dies auch vermehrt in den Abendstunden sowie am Wochenende. Die Nutzung von Vorsorgeleistungen sowie ambulanten Pflegediensten ist bei Migranten im Vergleich zu Deutschen ebenfalls gering. Zwar gibt es ein unterschiedliches kulturelles Verständnis von Gesundheit und Krankheit, die geringe Inanspruchnahme ist jedoch hauptsächlich ein Resultat des erschwerten Zugangs zu den Angeboten. Migranten sind ungenügend informiert und haben Probleme in der Kommunikation und Verständigung. Auch junge Migranten nutzen nicht das volle Angebot. Vorsorgeuntersuchungen hinsichtlich Zahngesundheit und Impfschutz werden unterdurchschnittlich in Anspruch genommen. Für die Träger der Sozialsysteme bedeutet dies, das ein Aufklärungsbedarf besteht und der Zugang für die Migranten erleichter werden muss.
Best Practice: Verbesserung der häuslichen Pflege von türkischen Migranten
Die Universität Bielefeld hat 2007 für einen Zeitraum von drei Jahren ein Projekt durchgeführt, welches das Selbstmanagement von türkischen Pflegebedürftigen und Pflegenden steigern sollte. Ziel war es Informationsdefizite und Zugangsbarrieren im Bereich der Pflege abzubauen. Dafür wurden die türkischen Pflegebedürftigen mit Hilfe eines Namensalgorithmus identifiziert und kontaktiert. Anschließend konnten sich die pflegenden Angehörigen regelmäßig mit geschulten Gesundheitsmediatoren treffen. Dabei konnten die Teilnehmer ihre pflegespezifischen Erfahrungen und Informationen in ihre Muttersprache austauschen. Das Projekt hatte eine höhere Autonomie und Lebensqualität bei den türkischstämmigen Pflegebedürftigen sowie eine Unterstützung der pflegenden Personen zum Ergebnis.
Beratung zur interkulturellen Ausrichtung
Zu den Themen „Gesundheitsvorsorge“ und „Pflegebedürftigkeit“ von Migrantinnen bietet das imap Institut Unterstützung bei Gesundheitsprojekten an. Das Angebot beinhaltet die Durchführung von Gesundheitskonferenzen, Workshops für Migranten sowie die Erstellung von Gesundheitswegweisern.
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