Newspaper Congress: „Berichterstattung muss nach den Spielen weitergehen“

Reporter ohne Grenzen erneuert Kritik (Foto: reporter-ohne-grenzen.de)

Wien (pte/22.04.2008/13:10) -# Die Frage nach dem richtigen Umgang mit China anlässlich der Olympischen Spiele spaltet die Medienwelt. Wie sich in einer Diskussionsrunde im Zuge des European Newspaper Congress http://www.newspaper-congress.eu heute, Dienstag, in Wien zeigte, sind die Herangehensweisen der einzelnen Redaktionen und Medienleute durchaus unterschiedlich. Einigkeit herrscht lediglich in dem Punkt, dass die Aufmerksamkeit, die derzeit auf China gerichtet ist, auch nach dem Sommer aufrecht erhalten werden soll. „Die Berichterstattung muss nach den Spielen weitergehen“, so der Tenor unter den Diskutanten. Herbe Kritik üben die Diskussionsteilnehmer am IOC. Peter Rothenbühler, Chefredakteur von Le Matin, bezeichnet das IOC gar als undemokratische, leicht korrupte Organisation. Und auch Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen, klagte über das Fehlverhalten des Komitees.

Während Menschrechtsorganisationen wie Reporter ohne Grenzen (ROG) vor allem den moralischen Zugang zu der Problematik China und Olympia 2008 herausstreichen, näherte sich Rothenbühler dem Thema hingegen auf pragmatischem Wege und warnte davor, politische Themen an Sportler abzugeben. Elmar Oberhauser, verantwortlich für die Übertragung der Spiele beim ORF, wiederum vertrat die Meinung, Peking hätte erst gar nicht als Austragungsort gewählt werden dürfen. Kelsang Gyaltsen, Gesandter des Dalai Lama, hofft seinerseits darauf, dass die Medien über Tatsachen berichten und Hintergründe beleuchten werden. Eine explizite Pro-Tibet-Berichterstattung erwarte er nicht.

„Es ist reine Heuchelei, nun zu versuchen, symbolische Gesten zu setzen. In Wirklichkeit geht es weder um Menschrechte noch um den Sport – es geht ums Geld“, meint Oberhauser. Er gehe außerdem davon aus, dass das Interesse an China, dem Tibetkonflikt und anderen Problemen der Region nach Olympia sehr bald wieder nachlassen werde. Rothenbühler sieht hinter den Spielen hingegen die Chance, nun endlich ausgiebig über China berichten zu können, nicht nur auf sportlicher Ebene. Dass Olympia 2008 an Peking vergeben wurde, ist seiner Meinung nach kein Fehler. „China ist derzeit die spannendste Weltmacht. Würde man streng nach menschenrechtlichen Kriterien vorgehen, dürfte man die Spiele fast nirgendwo hin mehr vergeben, auch in die USA nicht“, so die Ansicht des Schweizer Chefredakteurs.

Entgegen Rothenbühlers Meinung, Sportler völlig aus der politischen Verantwortung zu nehmen, sieht Uwe Vorkötter von der Frankfurter Rundschau wiederum einen klaren Zusammenhang zwischen Olympischen Spielen und der Politik. „Die Spiele wurden schon damals vor zehn Jahren auch aus politischen Gründen an China vergeben – nicht zuletzt, weil man hoffte, dadurch einiges in dem Land in Bewegung zu setzen.“ Für die Medien sei es jedenfalls wichtig, ihren Grundsätzen treu zu bleiben und sich bewusst zu machen, dass die so genannte Wahrheit natürlich nicht auf dem Silbertablett serviert werde. Auch Andreas Cichowicz vom Norddeutschen Rundfunk schließt sich dieser Meinung an und will sich bei der Berichterstattung auf Fakten und Recherche besinnen. (Ende)


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