Damit die Federgabel Komfort und Sicherheit bietet, muss sie sowohl steif als auch ein Sensibelchen sein. Die Entwicklung findet meist im Detail statt, die Effekte sind jedoch sehr umfassend. Der pressedienst-fahrrad beleuchtet die Trends in Technik und Design; Weltpremieren inklusive!
Ohne Federgabel fährt kaum ein Mountainbiker im Gelände. Das hat gute Gründe: Eine Federgabel bringt Komfort, weil sie die Schläge der Unebenheiten im Geläuf abdämpft. Und genau damit sorgt sie auch für Sicherheit, denn sie verbessert die Traktion zwischen Reifen und Untergrund: „Wo das ungefederte Laufrad springt, sorgt die Federgabel für kontinuierlichen Bodenkontakt“, erklärt Maximilian Topp vom Gabelhersteller Rockshox.
Lyrisch über Stock und Stein
So unterschiedlich Fahrstil und Terrain sind, so unterschiedlich sind die Anforderungen an die Federgabel. In einem aber sind sich alle Fahrer einig: Gabeln sollen möglichst sensibel federn und präzise steuern. Ein gutes Beispiel dafür ist die neue „Lyrik RC2“ (ab 1.109 Euro, bereits im Fachhandel) von Rockshox. Die Gabel ist für Enduro-Bikes gedacht, also trotz einfacher Gabelkrone für schweres Gelände konzipiert. Sie bietet wahlweise 150, 160, 170 oder 180 Millimeter Federweg. Die Gabel ist mit der neuen Luftfedereinheit „DebonAir“ ausgestattet, in der laut Hersteller jedes einzelne Bauteil auf Reibungsarmut hin optimiert wurde, um das Ansprechverhalten noch sensibler zu machen. Denn das wünschen sich die Fahrer: Je weniger Losbrechmoment eine Gabel hat, desto feiner spricht sie an und sorgt so für mehr Komfort und Kontrolle. Mit dem neuen Dämpfer „Charger 2 RC2“ bietet die Lyrik nun eine unabhängige Einstellung der High- und Low-Speed-Druckstufe. Hier muss zum besseren Verständnis etwas ausgeholt werden – beim Begriff Dämpfung unterscheiden sich Fach- und Alltagssprache nämlich erheblich. Umgangssprachlich steht Dämpfung für weicher, komfortabler, bequemer. Fachleute dagegen beschreiben mit dem Begriff Dämpfung den Energieunterschied zwischen Ein- und Ausfedern. Dieser ist wichtig, damit die Federgabel nach dem Einfedern – etwa beim Überfahren eines Hindernisses – anschließend nicht lange weiter federt, sondern zügig wieder in ihrer Ausgangsposition zur Ruhe kommt. Ist dies nicht der Fall, kann sich die Federbewegung bei einem nächsten Hindernis schnell aufschaukeln und alle Traktion und Sicherheit sind dahin, vom Komfort ganz zu schweigen. Hier bietet der Dämpfer Charger 2 RC2 neue Einstellmöglichkeiten.
Keine halbe Sache: Eine Gabel mit nur einem Holm
Fallen die Belastungen für Mensch und Material nicht so hart aus wie beim Enduro, bleibt das Gelände also moderat, wie dies beim sogenannten Cross-Country-Rennen der Fall ist, ergeben sich für die Entwickler andere Konstruktionsmöglichkeiten. Der US-amerikanische Hersteller Cannondale präsentiert anlässlich des Cross-Country-Worldcups in Albstadt am 17. Mai 2018 eine Weltpremiere: die neueste und mittlerweile achte Generation der legendären „Lefty“. Augenfälligstes Merkmal dieser Gabel, die im Jahr 2000 erstmals gezeigt wurde, ist die einbeinige Konstruktion. Eine weitere Besonderheit der Lefty findet sich im Inneren: „Das Tauchrohr wird mittels dreier Nadellager geführt. Die sprechen nach unseren Tests viel feiner an als die Buchsenführungen klassischer Federgabeln“, erklärt Philipp Martin aus dem Marketing von Cannondale.
Bisher wurde die Lefty mittels einer Doppelbrückenkonstruktion in einem Cannondale-eigenen Steuerkopfrohr geführt, das Federbein wurde also oberhalb und unterhalb des Rahmens fixiert. Die neue „Lefty Ocho“ hat 100 Millimeter Federweg und besitzt nur noch eine einzige Gabelbrücke. Sie lässt sich in jedem branchenüblichen Rahmen montieren, weil sie mit dem verbreiteten konischen Steuerrohr ausgestattet ist (Tapered, 1,5 Zoll auf 1 1/8 Zoll). Dabei ist sie in der Topversion über 250 Gramm leichter als das Vorgängermodell. Ab Juni 2018 ist sie vorerst ausschließlich in Cannondales neuem Carbon-Hardtail „F-Si“ erhältlich, das in sieben unterschiedlichen Ausstattungen zwischen 1.999 und 8.999 Euro kostet. Einzeln wird die Gabel etwa ab Herbst 2019 erhältlich sein.
Schnittstellen: Darf es auch ein bisschen steifer sein?
Jahrzehntelang galt der Schnellspanner als das Nonplusultra, um das Laufrad in Gabel oder Hinterbau zu fixieren und zu sichern. Am Mountainbike wurde er in den vergangenen Jahren von der sogenannten Steckachse abgelöst: Sie weist einen größeren Achsdurchmesser auf und wird durch Rahmen bzw. Gabel gesteckt und fest verschraubt. So kann sich die Nabe nicht in der Aufnahme verkanten/bewegen. Zweitens wird die Achse so zum konstruktiven und stabilisierenden Bauteil der Gabel. Bis zu 20 Millimeter Durchmesser haben die stärksten Vorderradachsen. Namhafte Nabenhersteller wie Chris King bieten ihre Modelle für alle gängigen Achsbreiten und -durchmesser an (z. B. „ISO LD“-Nabe für 319,99 Euro). Die Steifigkeit der Front wird auch entscheidend von der Kontaktfläche zwischen Nabe und Gabel bestimmt: Je großflächiger die Verbindung, desto steifer wird die Einheit und umso präziser wird das Lenken auch unter schwersten Bedingungen“, erklärt Carsten Wollenhaupt von Rockshox. Um diesen Effekt noch besser zu nutzen, hat Rockshox die sogenannten Torque Caps (28 Euro) entwickelt. Diese Nabenkappen haben einen größeren Durchmesser und finden auf den entsprechend abgestimmten Gabeln des Herstellers eine gleichfalls größere Auflagefläche.
Sicherheit und Komfort ist auch eine Reife(n)frage
Für die sichere Fahrt mit dem Mountainbike spielt der Reifen die wichtigste Rolle. Er stellt den Kontakt zwischen Fahrzeug und Untergrund her. Die Anforderungen an den Reifen könnten gegensätzlicher nicht sein: Er soll leicht rollen, gleichzeitig gute Haftung bieten und möglichst pannenfrei sein. Moderne Reifen werden „tubeless“ (ohne Schlauch) und mit Dichtmilch gefahren. Radsportler ziehen im Gelände wie auf der Straße zunehmend breitere Modelle auf. Diese rollen leichter, bieten mehr Traktion und sind weniger anfällig für Durchschläge. „Wer die Vorteile breiter Reifen im Gelände voll nutzen möchte, der muss auf ihre Seitenstabilität achten“, sagt Markus Hachmeyer, Senior Product Manager beim Reifenhersteller Schwalbe, und verweist auf die Apex-Konstruktion. Dieses Bauprinzip gewinnt nicht zuletzt durchs E-Mountainbike an Bedeutung. Apex ist eine in der Seitenwand umlaufend eingelassene, keilförmige Einlage, die die Seitenstabilität und den Durchschlagschutz erhöht. „So lässt sich ein traktionsförderlicher geringer Luftdruck fahren, und man behält dabei die Lenkpräzision, die moderne Federgabeln erst ermöglicht haben“, weiß Hachmeyer. Mountainbike-Reifen wie der „Nobby Nic“ von Schwalbe mit Apex-Einlage sind in verschiedenen Größen ab 67,90 Euro erhältlich.
Alles auch eine Frage der Einstellung
Bei allen Neuheiten: Erst durch die richtige individuelle Einstellung bietet moderne Mountainbike-Technik maximalen Fahrspaß und optimale Fahrsicherheit. Der Luftdruck der Federgabel und der Luftdruck des Vorderreifens etwa korrespondieren dabei: Beide werden zuerst einmal für sich genommen eingestellt und anschließend aufeinander abgestimmt. Das verlangt ein wenig Routine und Geschick, aber auch das richtige Werkzeug. „Die Luftkammern der Federgabel arbeiten mit deutlichen geringeren Luftmengen, aber viel höherem Luftdruck als die Reifen“, erklärt Stefan Scheitz von Sport Import. Seine Firma vertreibt unter anderem die Pumpen des Herstellers Lezyne. Dessen neue „Digital Over Drive“ (99,95 Euro), die Ende April vorgestellt wurde, bietet ein 3,5 Zoll großes Manometer für ein besonders präzises Aufpumpen des Reifens. Fürs Befüllen der Federgabel braucht man eine Dämpferpumpe. Aktuelle Modelle kommen mit digitalem Manometer, wie die „Digital Shock Drive“ von Lezyne (49,95 Euro).
Mit der Handy-App zur idealen Federungsabstimmung
Das Smartphone macht vorm Mountainbike nicht Halt. Mit „Shockwiz“ stellt die Firma Quarq, ein Tochterunternehmen von Sram, im letzten Sommer die nach eigener Angabe weltweit erste Telemetrie zur MTB-Fahrwerkseinstellung für Endverbraucher vor. Das System besteht aus zwei Teilen. Ein Streichholzschachtel-kleines Gehäuse misst die Funktion des Federelements über 100 Mal pro Sekunde. Die Daten überträgt es via Bluetooth an das Smartphone. In der App errechnen Algorithmen (basierend auf dem Federungs-Knowhow der Schwesterfirma Rockshox) einen Score zwischen 0 und 100. Dazu gibt die Software Empfehlungen, welche der gemessenen Parameter man in welche Richtung ändern soll. „Mit Shockwiz kann man auch ohne langjährige Erfahrung und sensibles Gesäß zur perfekten Einstellung finden,“ erklärt Tobias Erhard vom Quarq-Mutterkonzern Sram. Shockwiz ist zum Preis von 329 Euro im Fachhandel erhältlich. Wer meint, das wäre doch auch für den Reifendruck eine wünschenswerte Innovation, der findet genau diese unter dem Namen „Tyrewiz“ für 199 Euro.
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