Mutig vs. scheu – wer macht das Rennen?

Eine Studie zeigt, wie die Persönlichkeit das Gedächtnis von Regenbogenforellen beeinflusst

Die Persönlichkeit eines Fisches kann seine Reaktion auf Bedrohungen beeinflussen und bestimmen, was der Fisch aus diesen Bedrohungen lernt. Dies ist das Ergebnis einer neuen Studie von Professor Grant Brown von der Concordia University in Kanada und seinen Kollegen. Ihre Arbeit untersucht, wie die Persönlichkeit eines Fisches seine Erinnerungen an die Bedrohung durch einen Raubfisch beeinflusst. Sie zeigt auch, dass eine mutige Forelle den Geruch des Räubers und damit die potentielle Bedrohung durch den Raubfisch schneller vergisst als eine scheue Forelle. Ihre Forschungsarbeit erscheint in der Online-Ausgabe der Springer-Fachzeitschrift Behavioral Ecology and Sociobiology.

Ein Beutefisch muss ununterbrochen zwischen zwei widersprüchlichen Verlangen abwägen: dem Verstecken vor Räubern einerseits und der Nahrungssuche, der Verteidigung seines Territoriums und der Paarung andererseits. Diese Balance kann nur gelingen, wenn zuverlässige Informationen über die Bedrohung durch Raubfische zur Verfügung stehen. Da sich die Räuber nie zur gleichen Zeit am gleichen Ort aufhalten, ist es für Beutefische entscheidend zu lernen, welche Informationen auf eine Bedrohung durch einen Räuber hinweisen. Diese Informationen müssen zu einem späteren Zeitpunkt abrufbar sein, um relevante Bedrohungen jederzeit einschätzen zu können.

Brown und seine Kollegen untersuchten, wie lange junge Regenbogenforellen zuvor erlernte Informationen über einen Räuber in Erinnerung behielten und ob die Dauer der Erinnerung durch die Persönlichkeit des Fisches – z. B. ob er eher „scheu“ oder „mutig“ war – beeinflusst wurde.

Um die Forellen als „scheu“ oder „mutig“ zu kategorisieren, wurden sie in einem kleinen Testbehälter in ein ihnen unbekanntes Wasserbecken gesetzt. Nachdem eine bewegliche Barriere aus Plexiglas entfernt wurde, bewegten sich einige Forellen schnell aus dem Testbehälter in das unbekannte Territorium heraus und zeigten damit risikoreiches Verhalten – sie wurden als mutige Fische eingestuft. Die scheuen Fische bewegten sich vorsichtiger und vermieden Risiken.

Die Forscher trainierten den einzelnen Forellen an, den Geruch von Sonnenbarsch, einem Forellenräuber, zu erkennen. Nach 24 Stunden testeten die Forscher, ob sich die Forellen noch an den Geruch erinnerten. Acht Tage später wurde dieser Test wiederholt.

Sie fanden heraus, dass die Persönlichkeit der Fische ausschlaggebend dafür ist, wie lange sie sich an den Geruch des Räubers erinnerten: Während der Konditionierungsphase oder nach 24 Stunden war kein Unterschied zwischen den mutigen und den scheuen Fischen zu beobachten. Nach acht Tagen jedoch erkannten die scheuen Forellen den Geruch des Sonnenbarschs noch immer, während die mutigen Forellen nicht mehr auf den Geruch reagierten. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass die während der Konditionierung gezeigte Verhaltenstaktik – risikoreich oder zurückhaltend – die Dauer der Erinnerung an die erhaltene Information beeinflusst.

Quelle
Brown GE et al (2012). Retention of acquired predator recognition among shy versus bold juvenile rainbow trout. Behavioral Ecology and Sociobiology; DOI 10.1007/s00265-012-1422-4

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