Wer war Mona Lisa?

Bonner Frauenmuseum präsentiert vom 13.1. bis 10.3.2013 Arbeiten zeitgenössischer Künstlerinnen zur Mona Lisa

Mona Lisa – das weltberühmte Ölgemälde von Leonardo da Vinci inspirierte Künstler und Wissenschaftler seit jeher. Sie wurde zum Sinnbild weiblicher Schönheit und Medienikone.
Die bekannteste und damals auch provokanteste künstlerische Auseinandersetzung mit dem Bild ist jene von Marcel Duchamp: L.H.O.O.Q. (Elle a chaud au cul – Sie ist heiß am Hintern) von 1919. Der führende Bilderstürmer seiner Zeit hatte eine Kopie der Mona Lisa mit Schnurr- und Kinnbart versehen und setzte der idealisierenden Leonardoverehrung ein abruptes Ende.
In der Kunstgeschichte bahnte sich 2002 ein vergleichbarer Umbruch mit dem revolutionären Neuansatz von Magdalena Soest an. Das berühmteste Bild der abendländischen Kunstgeschichte schien sich damit Giorgio Vasaris Zuschreibungen endgültig zu entziehen. Auf die Frage: Wer war Mona Lisa? gab Soest die überraschende Antwort: Caterina Sforza. Die Renaissancefürstin ist eine der interessantesten Herrscherinnen ihrer Zeit. „Bild“-schön und grausam, kühn „wie ein Mann“, war sie eine Frau, die alles besaß und alles verlor. Das war das Thema für Leonardo, den Maler, der das Außergewöhnliche in seinen Arbeiten darzustellen suchte.
Caterina Sforza: Zeitgenossen sprechen von ihr als „La tigressa“. Machiavelli bewunderte sie als vorbildliche Fürstin, als „Illustrissima Madonna“, die ebenso schön wie grausam und klug ihr Schiff durch die Nepotenwirtschaft des Papstes Sixtus IV steuerte. Verheiratet mit dem brutalen und feigen Papstneffen Girolamo Riario wird die Herrin von Imola und Forli im Volksmund zur „Virago“, der kämpferischen Jungfrau, die schließlich sogar die Engelsburg in Rom besetzt. Nach der Ermordung ihres Gatten übt sie grausame Rache, indem sie ein ganzes Dorf auslöscht. Sie verteidigt ihr Kastell Rovaldino und meistert souverän Krise um Krise. Ihre Liebhaber sucht sie sich selbst aus.
Doch mit dem Erstarken der Borgia in Rom, die den Kirchenstaat um Caterinas Besitzungen arrondieren möchte, beginnt ihr Niedergang. Auf Seiten der Borgia steht schließlich ein riesiges um 14.000 Franzosen verstärktes Heer. Caterinas Heldenmut ist dagegen chancenlos. Eineinhalb Jahre schmachtet sie nun selbst in den Verliesen der Engelsburg, wird vergewaltigt und vermutlich mit der Syphillis angesteckt. Durch französische Intervention wird sie freigelassen und flieht verkleidet nach Florenz in ein Kloster. Dort trifft sie 1503 auf Leonardo, der ihr Inkognito zu wahren weiß, und sie in ihrer Witwenkleidung malt.
Wenn Magdalena Soest recht hat, dann ist der Raum nach langer Zeit wieder offen für neue Spekulationen:
Das vielbeschworene geheimnisvolle Lächeln der Mona Lisa – mal als Ausdruck der „Erfüllung eines tausendjährigen Begehrens des Mannes“ (Walter Pater) mal als romantische Ikone des Weiblichen interpretiert (Théophile Gautier) – dürfte dann passé sein.
Wenn die Mona Lisa in Wirklichkeit eine Renaissancefürstin war, die mit Waffengewalt und Kühnheit gegen ihre Gegner antrat, dann könnte dieses Wissen bei Betrachtern und Künstlern ganz andere Assoziationen wecken. Das Lächeln der Mona Lisa erhielte dann eine neue Qualität.
Daher entstand 2011 die Idee, Künstlerinnen aufzufordern, sich vor diesem aktuellen Hintergrund mit dem berühmtesten Gemälde der Welt auseinanderzusetzen.
Was dabei herausgekommen ist: Die Künstlerinnen von heute fasziniert die Schönheit der Mona Lisa und die Malerei jener Zeit. Dies führt einige in die „Mona-Lisa-Falle“ – sie identifizieren sich mit ihr. Andere wiederum werden ihrerseits zu Forscherinnen der Zeit und ihrer Akteure; sie nehmen die neue Vorlage auf, verabschieden sich von den klassischen Vorstellungen weiblicher Schönheit und Sinnlichkeit und kontrastieren sie mit der politischen Realität von heute.

Künstlerinnen:
Martina Auweiler-Gewaltig, Susanne Bons, Tremezza von Brentano, Cornelia Enax, Daniela & Karin Flörsheim & Mama Baer, Maria Giménez, Magret Gloger, Agii Gosse, Uta Göbel-Groß, Gisela Heide, Renate Hochscheid, Thyra Holst, Ute Jungclas, Anne R. Kieschnick, Mo Kleinen, Barbara Kroke, Heidi H. Kuhn, Marlene Leal da Silva-Quabeck, MAMU, Martina Metzing-Peyre, Marion Müller-Schroll, Conny Müscher, Irene Naef, Monika Ortmann, Marianne Pitzen, Silvia Philipp, Renate Schenk, Marlen Seubert, Elizabeth Steinhauser, Marianne Schröder, Tina Schwichtenberg, Ursula Schwirzer, Ursula Spinner-Cerutti & Christine Willms, Angelika & Sarah Stienecke, Gamma ThesaTerheyden, Christine Theile, Jutta Tutzauer, Sharon Ventura, Ursula Witzlau

Die Ausstellung ist vom 13. Januar bis 10. März 2013 zu sehen.
Es erscheint ein Katalog.

Frauenmuseum, Im Krausfeld 10, 53111 Bonn
Di. – Sa. 14.00 – 18.00 Uhr sowie So. 11.00 – 18.00 Uhr

Vernissage:

Sonntag, 13. 1. 2013 um 13 Uhr

Marianne Pitzen: Begrüßung
Petra Thorand, Bürgermeisterin der Bundesstadt Bonn: Grußwort
Dr. Heidrun Wirth, Kunstjournalistin: „verkannt, versteckt, erschaut – Mona Lisa –
Caterina Sforza“

Tanz – eine Bonner Gruppe zelebriert Tänze der Renaissance in historischen Kostümen
Musik – eigene Kompositionen spielt die Band Children of the Moon (Ariane Schenk, Carolin Scherer und Florian Holländer)

Veranstaltungsprogramm:
Sonntag, 3.2. um 15 Uhr
Lesung, Gespräch, Diskussion mit der Leonardo-Forscherin und Autorin Magdalena Soest

Freitag, 22.2. um 19 Uhr
„Von Angesicht zu Angesicht“ – ökumenischer Frauengottesdienst

Sonntag, 17.2. um 15 Uhr
Buchvorstellung „Römisch Roulette“ (Vatikan-Skandal) durch den Autor JeAndré (Jürgen Laue)

Sonntag, 10.3. um 15 Uhr – Finissage
Dr. Andrea-S. Végh: Vortrag über Künstlerinnen der Renaissance
Tänze der Renaissance

Das Bonner Frauenmuseum wurde 1981 von der heutigen Direktorin Marianne Pitzen und einer Gruppe interdisziplinär arbeitender Frauen gegründet. Zu diesem Zeitpunkt existierte weltweit noch keine Institution gleichen Namens oder vergleichbarer Zielsetzung. Das Frauenmuseum ist kein statischer Ort mit festem Bestand, sondern ein lebendiges Haus, das sich aus der Fülle der weiblichen Kreativität und Vielfalt immer wieder erneuert.
Mehr als 2.500 nationale und internationale Künstlerinnen haben Im Krausfeld ausgestellt, 600 Ausstellungen wurden durchgeführt, darunter 30 „Riesenprojekte“ auf jeweils 2.000 qm, 200 Kataloge ediert und mit mehr als 1000 Veranstaltungen wissenschaftlich oder spartenübergreifend untermauert. In den Archiven wird zu Geschichte, Zeitgeschichte und Kunst gesammelt, allein die Bibliothek der Künstlerinnen umfasst 12.000 Kataloge. Die Sammlung wächst stetig; sie ist ausschließlich auf Schenkungen angewiesen: Nachlässe, Stiftungen, Sponsoren.
Marianne Pitzen und ihr Team sind auch neue Wege gegangen – das Kinderatelier, die Kunst- und Designmessen – sind Projekte, die in den letzten 10 Jahren entstanden sind. Der Aufbau des historischen Bereichs ist in den letzten Jahren stärker in den Focus gerückt. Das Frauenmuseum verbindet auf einzigartige Art und Weise Geschichte mit Gegenwartskunst.

Kommende Ausstellungen:
22.03.2013 bis 24.03.2013
Femme 3
Mode- & Kunstkleidermesse

31.03.2013 bis 28.04.2013
Die Rotarmistinnen
Dokumentation

31.03.2013 bis 01.04.2013
Jankiman
das biografische Projekt …

09.05.2013 bis 30.06.2013
stronger than…
Bilder von Wolfgang Klaus Maria Friedrich

12.05.2013 bis 30.06.2013
Schwestern zur Sonne zur Gleichheit
Geschichte der SPD-Frauenpolitik

28.7.2013 bis 10.11.2013
EVO – Frauen der Weltreligionen

22.11.2013 bis 24.11.2013
23. Kunstmesse

Kontakt:
Frauenmuseum
Dr. Klaudia Nebelin
Im Krausfeld
53111 Bonn
0228 92 655 160
klaudia.nebelin@frauenmuseum.de
http://www.frauenmuseum.de