Gerne mal denkfaul?

Neue Studie: Der Mensch macht sich‘s beim Denken gerne leicht

Sind wir denkfaul? Absolut, aber – so das Ergebnis einer neuen Studie von Wim De Neys und Kollegen vom CNRS in Frankreich – das ist uns auch bewusst. Entgegen der Auffassung von Psychologen ist uns klar, dass wir gelegentlich lieber auf die einfachere Frage antworten als auf die komplexere. Wirklich überzeugt sind wir von unseren Antworten dann aber nicht. Die Arbeit erscheint online im Springer-Journal Psychonomic Bulletin & Review.

Untersuchungen gehen davon aus, dass unser Urteil oft verfälscht ist, weil wir denkfaul sind: Wir arbeiten sozusagen kognitiv „auf Sparflamme“. Intuitiv tauschen wir gern schwere Fragen gegen leichtere. Nicht klar ist jedoch, ob wir uns dessen auch bewusst sind.

Die Wissenschaftler näherten sich diesem Phänomen, indem sie die Fragestellung auf das bekannte „Schläger-Ball-Problem“ übertrugen: Ein Ball und ein Schläger kosten zusammen 1,10 $. Der Schläger kostet 1$ mehr als der Ball. Wie viel kostet der Ball? Die intuitive Antwort kommt spontan: 10 Cent. Richtig ist jedoch: 5 Cent.

Die Autoren entwickelten eine Kontrollversion der Problemstellung, und zwar ohne den Vergleichsteil, der dazu führt, dass die schwierige Frage durch eine leichtere ersetzt wird: Eine Zeitschrift und eine Banane kosten zusammen 2,90 $. Die Zeitschrift kostet 2 $. Wie viel kostet die Banane?

Insgesamt 248 französische Studenten wurden gebeten, beide Problemversionen zu lösen. Nachdem sie ihre Antworten notiert hatten, sollten sie angeben, wie sehr sie von ihren Lösungen überzeugt waren.

Nur 21 Prozent der Teilnehmer lösten das Standardproblem (Schläger/Ball) korrekt. Die Kontrollversion hingegen (Zeitschrift/Banane) wurde von 98 Prozent der Teilnehmer korrekt gelöst. Wer das Standardproblem falsch gelöst hatte, war darüber hinaus viel weniger von seiner Antwort überzeugt als von der Antwort auf das Kontrollproblem. Mit anderen Worten: Man war sich der zweifelhaften Art der falschen Antwort durchaus bewusst. Wesentlicher Grund hierfür scheint zu sein, dass der Mensch dazu neigt, die kognitiven Anstrengungen zu minimieren und intuitiv zu entscheiden.

Die Autoren: „Wir mögen kognitiv ‚auf Sparflamme‘ arbeiten, aber wir sind dennoch keinesfalls einfältige Narren, die blind drauflos raten, ohne sich dessen bewusst zu sein.“

Unbewusst ersetzt man also gerne mal schwere Fragen durch leichtere; doch entgegen der verbreiteten Auffassung von Psychologen ist man sich dessen durchaus bewusst.

Quelle
De Neys W et al (2013). Bat, Balls, and substitution sensitivity: cognitive misers are no happy fools. Psychonomic Bulletin & Review; DOI 10.3758/s13423-013-0384-5

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