Zeitungsverleger: Politik muss handeln!
BDZV-Präsident kritisiert Postpläne für Gratisblätter, Online-Expansion von ARD und ZDF sowie drohende WerbeverboteBerlin (ots) – Der deutschen Zeitungen profitieren vom Wachstum in den digitalen Märkten. Die Internetangebote der Verlage hätten einen enormen Aufschwung genommen, erklärte der Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Helmut Heinen, heute in Berlin bei der Eröffnung des Zeitungskongresses in Gegenwart von Bundeskanzlerin Angela Merkel und rund 500 Kongressteilnehmern. Die Websites der Zeitungen erreichten fast 40 Prozent der Internetnutzer, deren Zahl innerhalb eines Jahres von 14 auf 16 Millionen angestiegen sei. Als Produzent von Qualitätsinhalten nutzten die Verlage alle zur Verfügung stehenden Plattformen – print, online, mobil -, wobei die gedruckte Zeitung noch auf lange Sicht die Säule des Geschäfts bleibe, so Heinen. Das Internet sei allerdings wichtiger Bestandteil der Zukunftsstrategie.
Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten rief Heinen auf, die Expansionen im Internet zu stoppen. In der laufenden Kontroverse gehe es um die Bedingungen, unter denen ARD und ZDF über ihren Rundfunkauftrag hinaus so genannte Telemedien im Internet verbreiten dürften. Heinen wörtlich: „Uns interessiert hier vor allem das Thema einer drohenden öffentlich-rechtlichen elektronischen Presse. Die darf es genauso wenig geben, wie überregionale oder regionale gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Zeitungen.“ Heinen kritisierte in diesem Zusammenhang die Berichterstattung von ARD und ZDF. Es sei nicht seriös, wenn unter dem Deckmantel angeblicher Information in der breiten Öffentlichkeit Verständnis für die Expansionsstrategien geweckt werden sollte. Den ARD-Film „Quoten, Klicks und Kohle“ bezeichnete Heinen als „plumpes Propagandastück“.
Den Gesetzgeber rief Heinen auf, bei der Umsetzung der von der EU-Kommission verabschiedeten Fernsehrichtlinie in nationales Recht darauf zu achten, dass Product-Placement in Deutschland nicht erlaubt werde. Wenn Werbung als solche nicht mehr klar erkannt werde, verlören alle Medien an Glaubwürdigkeit. Das Trennungsgebot sei für die Zeitungen nicht nur ein Glaubwürdigkeits- sondern ein Qualitätskriterium.
Seine Kritik richtete der BDZV-Präsident auch auf Pläne, die Restriktionen und Verbote im Bereich der Werbung auszuweiten. Die Forderung des Europäischen Parlaments, wonach künftig 20 Prozent der Automobilwerbung in Zeitungen für umweltbezogene Aussagen genutzt werden, würde dazu führen, dass die Automobilindustrie sich vom Werbeträger Print verabschiedet. Der Drogenbeauftragten der Bundesregierung warf Heinen vor, „mit allen Mitteln“ Verbote im Bereich der Alkoholwerbung zu schaffen. So werde die funktionierende Selbstkontrolle im Bereich der Alkoholwerbung von der Drogenbeauftragten diffamiert. Heinen hob hervor, dass Zeitungen geradezu vorbildlich seien, wenn es um die Information zur Gefährlichkeit von erhöhtem Alkoholkonsum gehe. Nach einer Untersuchung des BDZV erschienen täglich in Deutschland etwa 1.000 Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften, die die Gefährlichkeit von starkem Alkoholkonsum zum Thema hätten. Dies sei ein Teil der redaktionellen Leistung, die etwa zur Hälfte aus Werbeeinnahmen finanziert werden müsse, so Heinen. Doch leider ignoriere die Politik nur zu oft den direkten Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Leistungskraft der privaten Medien und ihrer publizistischen Stärke und Unabhängigkeit.
Scharfe Kritik übte der BDZV-Präsident auch an den Plänen der Deutschen Post AG, mit Gratis-Titeln die privaten Zeitungen im Leser- und Werbemarkt anzugreifen. Dass ein Unternehmen, bei dem der Staat größter Aktionär sei, überhaupt an ein solches Projekt denke, sei eine groteske Vorstellung. Heinen appellierte an die Bundeskanzlerin, der Staat müsse dafür sorgen, dass „derartige skandalösen Pläne“ nicht realisiert würden. „Hier droht ein ordnungspolitischer Sündenfall ersten Ranges“, so der BDZV-Präsident.
Besorgt äußerte sich Heinen über Entwicklungen im Bereich der inneren Sicherheit, die die Arbeit der Presse schwer belasten. Die Sensibilität für den Daten- und Informantenschutz habe nachgelassen. Wenn Computerfestplatten von Journalisten nicht mehr vor staatlicher Durchforschung sicher seien, habe das gravierende Folgen für die Recherchearbeit. „Dass die Wächterfunktion der Presse – das Aufdecken von Skandalen und kriminellen Machenschaften – im öffentlichen Interesse stattfindet, dieser Aspekt ist in der ganzen politischen Debatte bisher viel zu kurz gekommen.“
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