Frösche ‚trainierten‘ erst den Absprung, dann wurde das Landemanöver perfektioniert
New York / Heidelberg, 21.Juli 2010
Beim Sprung ins Wasser macht der Mensch mitunter schmerzhafte Erfahrungen mit einer Bauchlandung. Aber gibt es auch Frösche, die Bauchlandungen machen? Genau dies ist der Fall bei lebenden urtümlichen Froschlurchen wie Dr. Richard Essner von der Southern Illinois University Edwardsville (USA) und seine Kollegen in einer Studie1 zur Evolution des Sprung- und Landeverhaltens von Fröschen herausgefunden haben.
Die Studie zeigt, dass Frösche zunächst ihr Sprungverhalten trainierten, bevor sie die Landung perfektionierten. Die evolutionäre Entwicklung teilte sich dort, wo die urtümlichen Frösche ihre Gliedmaßen nicht dahingehend ‚anpassten‘, dass sie sie während der Flugphase schnell nach vorne ziehen konnten, um auf den Vorderbeinen zu landen. Dies könnte auch eine Erklärung dafür sein, warum urtümliche Frösche ihre Hinterbeine bei der Schwimmbewegung nicht synchron bewegen. Essners Forschungsarbeit wird in der Springer-Fachzeitschrift Naturwissenschaften veröffentlicht.
Vor dieser Veröffentlichung ging man von einem vergleichbaren Sprungverhalten aller Frösche aus: Sie strecken ihre Hinterbeine während der Vorwärtsbewegung schnell aus und bewegen ihre Gliedmaßen während der Flugphase nach vorne, so dass sie zuerst auf ihren Vorderbeinen landen. Bisher wurde in keiner Studie das Sprungverhalten lebender primitiver Frösche aus der Familie der Leiopelmatidae untersucht, die als einzige unter den Fröschen beim Schwimmen ihre Hinterbeine abwechselnd und nicht gleichzeitig bewegen.
Essner und sein Team vergleichen das Sprungverhalten der Leiopelmatiden mit dem von höher entwickelten Fröschen. Sie haben die Videoaufzeichnungen von fünf Arten analysiert: drei primitive (Ascaphus montanus, Leiopelma pakeka, und L. hochstetteri) sowie zwei höher entwickelte Arten (Bombina orientalis and Lithobates pipiens).
Dabei fanden sie heraus, dass der Absprung bei den Froscharten ähnlich ist, die primitiven Frösche halten jedoch ihre Hinterbeine während der gesamten Flug- und Landephase ausgestreckt und landen nicht auf ihren Vorderbeinen. Diese Bauchlandungen verhindern ein schnelles Weiterspringen.
Laut Essner zeigt dieses einzigartige Verhalten der Leiopelmatiden, dass sich das Sprungverhalten bei Fröschen in zwei Entwicklungsphasen vollzieht. In der ersten haben die Frösche beim Absprung zunächst einfach nur die Hinterbeine beidseitig symmetrisch ausgestreckt. Die Optimierung vollzog sich dann mit dem Anziehen der Hinterbeine während der Flugphase samt der anschließenden Landung auf den Vorderbeinen. Die funktionale Erklärung für die nicht-synchronen Schwimmbewegungen der Leiopelmatiden liegt möglicherweise in ihrer Unfähigkeit die Gliedmaßen schnell zu bewegen. Es wäre auch denkbar, dass der Grund dafür in den ungewöhnlichen anatomischen Merkmalen liegt, die urtümliche Froschlurche aufweisen. Sie haben beispielsweise ein großes schildförmiges Knorpelgewebe und abdominale Rippen, die ihre internen Weichgewebe und Organe während der Landung schützen sollen.
Für die Autoren bedeutet dies: „In der Evolutionsgeschichte der Froschlurche war der einfache Übergang zum Anziehen der Hinterbeine ein wichtiges Merkmal, das kontrollierte Landungen erleichterte und ein erneutes Ansetzen zum nächsten Sprung oder zu Schwimmbewegungen ermöglicht hat. Diese Veränderungen waren möglicherweise für die Bewegung über große Entfernungen und für ein besseres Landeverhalten vorteilhaft, ebenso wie für die Nahrungssuche und den Schutz vor Feinden.“
Quelle
1. Essner RL et al (2010). Landing in basal frogs: evidence of saltational patterns in the evolution of anuran locomotion. Naturwissenschaften. DOI 10.1007/s00114-010-0697-4
Der vollständige Artikel und Videoclips stehten Journalisten zur Verfügung.
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