VDZ kritisiert Teil der Datenschutznovelle als Schlag gegen
Pressefreiheit Berlin (ots) – Bundesregierung will Werbebriefe verbieten, die bis zu 20 Prozent
der Abo-Leser gewinnen / Statt Unterstützung der Presse in
schwierigen Zeiten sollen Möglichkeiten der Leserwerbung und damit
die Pressefinanzierung drastisch beschnitten werden
Der auf der Tagesordnung für die morgige Sitzung des
Bundeskabinetts stehende Vorschlag zur Änderung des Datenschutzrechts
wird vom VDZ Verband Deutscher Zeitschriftenverleger in Teilen scharf
kritisiert. Nach den derzeit dem VDZ vorliegenden Informationen will
die Bundesregierung verbieten, dass Zeitschriften oder Zeitungen
bspw. den Kunden eines Herrenausstatters oder anderen Fremdadressen
Briefe mit Angeboten für ein Presseabonnement zusenden, sofern der
Angeschriebene nicht widerspricht (sog. Listenprivileg). Diese
briefliche Leserwerbung, von der ganz erhebliche Anteile des Erhaltes
der Abo-Auflagen abhängen, ist kein Datenmissbrauch oder auch nur
illegitimer Datengebrauch. Es handelt es sich vielmehr um die
unabdingbare und den Ausgleich der Interessen wahrende
Neu-Leserwerbung, die sowohl für die Lesekultur als auch die ohnehin
immer brüchigere Finanzierung der Presse unabdingbar ist.
„Die Finanzierung der Pressevielfalt in Deutschland beruht nicht
auf staatlichen Zwangsgebühren, sondern darauf, dass Verlage Presse
im freien Markt erfolgreich verkaufen und dass die Politik die dafür
erforderlichen Rahmenbedingungen sichert“, erklärte Dr. Christoph
Fiedler, Leiter Medienpolitik im VDZ. „Es wäre geradezu skandalös,
wenn die Politik in Zeiten der strukturellen und konjunkturellen Not
der Presse nicht hilft, sondern ihr mit einer massiven Beschneidung
der unverzichtbaren Leserwerbung auch noch die Hilfe zur Selbsthilfe
raubt.“ Presseabonnements sind wie Spenden erklärungsbedürftige
Produkte ohne Ladenlokal. Dass für solche Angebote die nach dem
Entwurf verbleibende Möglichkeit des Anschreibens nach ausdrücklicher
vorheriger schriftlicher Zustimmung nicht praktikabel ist, zeigt der
Entwurf dadurch, dass er das Listenprivileg für Spendenorganisationen
beibehält. Die freie Presse ist aber von mindestens ebenso großer
Bedeutung für Gesellschaft und Demokratie. Deshalb ist jedenfalls
eine Ausnahme auch für Presseprodukte dringend erforderlich.
Der VDZ betont, dass er die Zulässigkeit von Werbebriefen bis zum
Widerspruch in allen Wirtschaftszweigen für die richtige Lösung hält.
Wenn aber die Bundesregierung an dem nach Ansicht der
Zeitschriftenverleger verfehlten Richtungswechsel festhält, muss die
Presse mit wenigstens ebenso großem Recht wie die
Spendenorganisationen von dem Verbot ausgenommen werden. Wie sehr die
Vorteile der Werbebriefe für die dadurch zu Abonnenten gewordenen
Adressaten, für die Pressefinanzierung und für die Lesekultur
überwiegen, beweist eine im Promillebereich liegende Beschwerderate.
So erhalten beispielsweise zwei bedeutende Presseverlage im
Durchschnitt auf 100.000 Angeschriebene ca. 1 bis 2 Beschwerden bzw.
höchstens 1 Beschwerde auf 10.000 Briefe. Dabei dient die fragliche
Leserwerbung primär dem Erhalt der Auflage durch Ausgleich der
normalen Abo-Beendigungen und nicht der Auflagensteigerung.
Werbende Wirtschaft und Verlage haben vielfach Gespräche über
Verbesserungen der datenschutzrechtlichen Regelungen auch im Bereich
der Briefwerbung angeboten und sind weiterhin zu solchen Gesprächen
bereit.
Originaltext: VDZ Verband Deutscher Zeitschriftenverleger
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Norbert Rüdell
Leiter Presse und Kommunikation
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