München. Es ist das Jahr 58 FZA. Superministerin Leonie Fried macht sich nach einem kurzen Blick auf ihren iPec, den standardmäßig im Arm implantierten Computer, auf den Weg zur Besprechung mit ihren Abteilungsleiterinnen. Eigentlich gibt es etwas zu feiern, aber beim Versuch, dem Ereignis mit Champagner den gewünschten Rahmen zu verleihen, kapituliert die Protagonistin vor dem virtuellen Faktotum Helga, weil Helga – ausgestattet mit einem Sparauftrag – alle über das angemessene Maß hinausgehenden Prozesse verwalterisch erschwert.
Eines ist schnell klar in Stephanie Machois neuem Roman „Frauenzeitalter“: Wenn auch eine neue Zeitrechnung angebrochen ist – denn FZA steht für die Epoche des Frauenzeitalters – leichter und besser wird das Leben unter der Ägide des „besseren Geschlechts“ nicht unbedingt.
Detailreich und witzig beschreibt Machoi die Eigenheiten der weiblichen Zukunft, in der die Männer kaum noch fünf Prozent der Bevölkerung ausmachen und ihre Ausrottung nunmehr konsequenterweise durch europäisches Gesetz beschlossen ist. Ziemlich spaßfrei klingt der Alltag in der durchorganisierten und endoptimierten Frauengesellschaft und erzeugt eine beklemmende Ahnung, dass der Austausch der äußeren Lebensbedingungen mitnichten ein Garant dafür ist, dass die männerbefreiten Frauen ihr Leben selbstbestimmt und erfüllt gestalten.
„Frauenzeitalter“ beschreibt eine Utopie, in der die Frauen – endlich, möchte frau seufzend beisteuern – die gesellschaftliche Realität bestimmen. In der sie ihre Ziele: Schönheit, Karriere, Luxus und berufliche Selbstverwirklichung leben können und ihnen alle Möglichkeiten offen stehen. Leonie Fried, die erst 38-jährige Protagonistin verstrickt sich an der Spitze des bedeutenden Ministeriums für gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung in den Intrigen ihrer unsichtbaren Gegner. Und dann trifft sie auf Marc, ein besonders aufregendes Exemplar der rar gewordenen Gattung Mann, der all ihre Grundüberzeugungen ins Wanken bringt.
Stephanie Machoi hat ihren Roman für all diejenigen geschrieben, die über die Rolle der Frau in der Gesellschaft nachdenken, sie diskutieren und mitgestalten wollen. Als gefragte Führungskraft mit zwei kleinen Töchtern musste sie selbst erst Klarheit gewinnen über ihren persönlichen Weg zwischen mütterlichen Verpflichtungen und beruflicher Entfaltung. In der emotionalen Not des Auf-sich-gestellt-Seins entstand die Sehnsucht nach einem Europa, in dem das Leben als Frau nicht gleichzeitig den Verzicht auf die eine oder andere konstitutionelle Facette des Frauseins bedeutet, wo berufstätige Frauen mit Kindern sich nicht zerreiben zwischen Familie, Karriere, Erziehungsauftrag, Vorwürfen und zermürbender Erschöpfung. Geworden ist daraus ein äußerst unterhaltsamer Roman, ein Wetzstein für Positionen, Ideologien und Rollenbilder.
Erhältlich als Taschenbuch (ISBN 978-3-8495-3842-2, EUR 14,49) oder eBook (in Kürze, 8,99 EUR)
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