„Gruppen-Nester“ sichern das Überleben junger schwarz-weißer Kragenlemuren
Neue Studie: Eine gemeinschaftliche Baby-Krippe erleichtert Kragenlemuren-Müttern die Aufzucht ihres Nachwuchses
Junge madagassische schwarz-weiße Kragenlemuren überleben eher, wenn sie in gemeinschaftlichen Krippen oder „Baby-Nestern“ aufwachsen – die Mütter können so die anstrengende Verantwortung für das Füttern und die Aufzucht des Nachwuchses teilen. Dies hat eine anthropologische Studie zur Aufzucht kleiner Lemuren von Andrea Baden und Kollegen von der Yale University ergeben. Die Studie, die im Springer-Journal Behavioral Ecology and Sociobiology veröffentlicht wird, beschreibt einen seltenen Fall, in dem Konditionsunterschiede, wie etwa das Überleben der Kleinen, zwischen kooperativen und nicht-kooperativen Lemuren beobachtet wurden.
Baden und ihr Team beobachteten acht schwarz-weiße Kragenlemuren-Weibchen (Varecia variegata) im Ranomafana National Park auf Madagaskar, die in den sechs aufeinanderfolgenden Beobachtungsjahren nur einmal einen großen Wurf hatten. Die Daten zu Nestverhalten, genetischer Verwandtschaft und Überleben des Nachwuchses ergaben einen positiven Zusammenhang zwischen Krippennutzung, von den Müttern aufgewendeter Fütterungszeit und dem Überleben der Jungen.
Die Kragenlemuren sind große, gesellige Primaten mit langsamer Reproduktion, die soziale Gemeinschaften zur Verteidigung des Territoriums bilden. Sie sind die einzigen tagaktiven nicht-menschlichen Primaten, die als Nesthocker noch nicht voll entwickelt auf die Welt kommen. Die Jungen brauchen daher wie die menschliche Nachkommenschaft auch besondere Fürsorge und Ernährung. Sie können sich beispielsweise nicht sofort nach der Geburt an der Mutter festhalten, das Umhertragen in den Baumkronen entfällt somit. Für die Mutter ist dies besonders kraftraubend; in den ersten sechs Wochen muss sie sich ausschließlich um ihre Kleinen kümmern, sie hat weniger Zeit für Fressen und Futtersuche.
Nur ein kleiner Prozentsatz der Lemurenweibchen zieht seine Jungen alleine auf. Die anderen entwickeln ein System gemeinschaftlicher „Gruppen-Nester“: Sie kümmern sich gemeinsam um Pflege und Babysitting, mehrere Mütter bündeln gewissermaßen die Kräfte, um den Nachwuchs gemeinsam großzuziehen, bis er etwa zehn Wochen alt ist und sich alleine fortbewegen kann. Diese Aufzuchtmethode ist bei Säugetieren und speziell bei Primaten äußerst ungewöhnlich. Abgesehen vom Menschen ist dies lediglich bei einigen nachtaktiven Primaten der Untergattung Strepsirrhini der Fall.
Durch solche gemeinschaftliche Babykrippen konnten die Lemurenweibchen mehr Zeit abseits des Nests verbringen als die alleinerziehenden Mütter. Auch die Überlebensrate der Kleinen war signifikant höher je stärker dieses Krippensystem genutzt wurde. Genetische Tests zeigten, dass diese Art der Zusammenarbeit unter verwandten Lemuren verbreitet, aber nicht ausschließlich der Fall war. Dasselbe gilt für den Menschen wie auch für einige andere gemeinsam brütende Vögel und Säugetiere.
„Verwandtschaft hat möglicherweise zur Entwicklung der gemeinsamen Jungenaufzucht bei den Primaten beigetragen. Doch ob verwandt oder nicht: Es ist ganz klar, dass Vorteile für beide Seiten die Nachteile der erbrachten Hilfe definitiv überwogen haben“, sagt Baden, die überzeugt ist, dass die Studie viel zum Verständnis dieses Phänomens beiträgt. „Unsere Forschungsergebnisse liefern weitere Beweise dafür, dass Verwandtschaft allein die umfangreiche Kooperation vieler Tierarten nicht erklären kann.“
Quelle:
Baden A.L., Wright, P.C., Louis E.L., Bradley B.J. (2013). Communal nesting, kinship, and maternal success in a social primate, Behavioral Ecology and Sociobiology. DOI 10.1007/s00265-013-1601-y
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