Damenwahl: Fliegenweibchen kontrollieren Befruchtung

Dient Paarungsritual der Geburtenkontrolle oder der Flüssigkeitsaufnahme?

Den Weibchen im Tierreich stehen viele Möglichkeiten zur Verfügung, die Väter ihrer Nachkommen auszuwählen. Bei der Euxesta bilimeki, einer Fliegenart aus der Familie der Schmuckfliegen, ist eine dieser Auswahlmöglichkeiten zu beobachten: Die Weibchen scheiden das männliche Ejakulat nach der Paarung wieder aus und fressen es. Eine neue Studie von Christian Rodriguez-Enriquez und seinen Kollegen vom Instituto de Ecologia in Mexico geht den möglichen Ursachen für dieses Verhalten nach. Die Studie ist online im Fachjournal Behavioral Ecology and Sociobiology erschienen.

Von den 74 Fliegenpaaren, die sich im Rahmen dieser Studie paarten, schieden alle Weibchen das Ejakulat der Männchen wieder aus. Daher gehen die Autoren davon aus, dass dieses Verhalten nur eine Komponente des Paarungsrituals der Fliegenart ist. Weitere Untersuchungen zeigten, dass ein Viertel der Weibchen nach dem Ausscheidungsprozess keinerlei Spermien in sich trug. Somit könnte der Prozess auch der Partnerwahl dienen, da die Weibchen anscheinend kontrollieren können, ob sie das gesamte Ejakulat oder nur einen Teil ausscheiden.

Interessanterweise scheint ein langes Balzritual vor der Paarung die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass die Weibchen das gesamte Ejakulat ausstoßen. Die Autoren vermuten, dass die Weibchen nach einem langen Werbungsritual „einlenken“, um so die Annäherungen des Männchens zum Abschluss zu bringen. Sie scheiden dann aber das gesamte Ejakulat aus, damit dieses Männchen nicht der Vater ihrer Nachkommen wird.

Denkbar ist, dass die Weibchen das Ejakulat als Nahrung fressen, wenn die Nahrungsquellen begrenzt sind. Um dieser Frage nachzugehen, fütterten die Wissenschaftler Weibchen der Euxesta-bilimeki-Fliegen entweder mit Eiweiß, Zucker und Wasser, mit Zucker und Wasser, nur mit Wasser oder entzogen alle Nahrung. Die Weibchen wurden dann entweder mit ejakulationsfähigen Männchen zusammengebracht oder mit Männchen, die diese Fähigkeit nicht mehr besaßen. Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler feststellen, ob die Weibchen das Ejakulat eher im hungrigen oder im wohlgenährten Zustand fraßen und ob dies positive Auswirkungen auf ihren Gesundheitszustand hatte.

Die Fliegen, die Nahrung und Wasser erhielten, profitierten nicht wirklich von der Aufnahme des Ejakulats. Allerdings lebten Fliegen, denen Wasser vorenthalten wurde, länger wenn sie das Ejakulat fressen konnten. Die Forscher führen dies auf die Flüssigkeitsaufnahme aus dem Ejakulat zurück. Berücksichtigt man, dass die Fliegenart in Trockengebieten lebt, könnte die Aufnahme des Ejakulats somit einen evolutionären Hintergrund haben.

„Insgesamt liefert unsere Studie wahrscheinlich mehr Fragen als Antworten. Allerdings glauben wir, dass wir ein faszinierendes Forschungsfeld entdeckt haben. Weitere umfassende Experimente sind erforderlich, bevor endgültige Aussagen über die Funktion der Spermienausscheidung und deren Konsum bei der Fliegenart E. bilimeki möglich sind“, so die Autoren.

Quelle: Rodriguez-Enriquez, C.L. et al. (2013). Elucidating the function of ejaculate expulsion and consumption after copulation by female Euxesta bilimeki. Behavioral Ecology and Sociobiology. DOI 10.1007/s00265-013-1518-5

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