Spüren Blattläuse den Atem eines Säugetieres, bringen sie sich in Sicherheit

New York / Heidelberg, 12. Juli 2011

Blattläuse, die auf einer Pflanze sitzen und plötzlich die Wärme und Feuchtigkeit durch den Atem eines Säugetieres spüren, lassen sich sofort von der Pflanze herunter fallen, damit sie nicht mitgefressen werden. Moshe Gish und seine Kollegen von der University of Haifa in Israel haben nachgewiesen, wie exakt Blattläuse diese Gefahr einschätzen können und wie effektiv ihr Fluchtreflex ist. Die Arbeit erscheint jetzt online im Springer-Journal Naturwissenschaften – The Science of Nature.

Nahrung und Schutz suchende Insekten auf Pflanzen werden oft von pflanzenfressenden Säugetieren versehentlich mitgefressen. Gish und seine Kollegen untersuchten, wie die Blattlaus Uroleucon sonchi L. mit dieser Gefahr umgeht – das hungrige Säugetier war in diesem Versuch eine Ziege. Untersucht wurde auch, inwieweit das Fluchtverhalten der Blattläuse durch Umweltbedingungen beeinflusst wurde.

Die Wissenschaftler bestückten 16 Gänsedistelpflanzen mit Blattläusen aus wilden Populationen. Dann ließen sie eine ausgewachsene Hausziege eine Zeit lang an den Pflanzen knabbern. Zuvor hatten sie die Blattläuse auf jeder Pflanze gezählt. Nach dem ‚Fressangriff‘ wurde gezählt, wie viele Blattläusen es gelungen war, sich auf den Boden zu flüchten. In einem weiteren Versuch hauchte einer der Wissenschafter die Pflanzen sanft an, um den Atem pflanzenfressender Säugetiere zu imitieren. Wiederum wurden dann die Blattläuse gezählt, die sich hatten fallen lassen.

Es stellte sich heraus, dass die meisten Blattläuse der Kolonie die Aufnahme der Pflanze durch die Ziege überlebt hatten: 76 Prozent wurden unversehrt auf dem Boden oder in den Töpfen entdeckt. Auch wenn die Blattläuse dem Atem des Wissenschaftlers ausgesetzt waren, ließen sie sich sofort fallen. Zusätzliche Experimente im Labor zeigten, dass sich Blattläuse in Sicherheit bringen, sobald sie die Mischung aus Wärme und Feuchtigkeit aus dem Atem eines Pflanzenfressers spüren. Sie lassen sich dann sofort reihenweise von der Pflanze fallen. In weiteren Versuchen konnten Gish und sein Team auch nachweisen, dass die Fähigkeit der Blattläuse, den Atem eines Pflanzenfressers zu spüren, und damit ihre Bereitschaft, sich fallen zu lassen, mit steigenden Temperaturen abnimmt.

Die Autoren untersuchten auch die Fähigkeit der Blattlaus, nach dem freien Fall alternative Wirtspflanzen zu finden. Drei Viertel (74 Prozent) der Läuse fanden einen neuen Wirt: Sie näherten sich systematisch den Stämmen von Nachbarpflanzen, was vermuten lässt, dass U. sonchi den freien Fall gut überstehen können.

Gish und sein Team: „Unsere Ergebnisse machen deutlich: Die Blattlaus U. sonchi verfügt über einen Gefahrenwahrnehmungsmechanismus und ein effizientes Fluchtverhalten – beides rettet sie vor dem Gefressenwerden durch pflanzenfressende Säugetiere. Der Atem des Säugetieres scheint bei diesem Verteidigungsmechanismus die Schlüsselrolle zu spielen – er ist ein sicherer Indikator für eine sich nähernde Schnauze.“

Quelle
Gish M et al (2011). Avoiding incidental predation by mammalian herbivores: accurate detection and efficient response in aphids. Naturwissenschaften – The Science of Nature DOI 10.1007/s00114-011-0819-7

Der vollständige Artikel steht Journalisten auf Anfrage zur Verfügung.

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