(ddp direct)Berlin/Köln. Mit der Verabschiedung des „Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“, kurz ESUG genannt, hat der Bundestag am 27.10.2011 nach Meinung der Gläubigerschutzvereinigung Deutschland e. V. (GSV) einen wichtigen und großen Reformschritt für die Entwicklung einer wirklichen Sanierungskultur in Deutschland getan. Mit diesem Gesetz“, so urteilt der GSV-Vorsitzende Professor Hans Haarmeyer, hat Deutschland endlich Anschluss an die anderen wichtigen europäischen Sanierungsstandorte gefunden dies vor allem durch eine wesentliche Stärkung der Gläubigerrechte.
Mit dem ESUG werden die Gläubiger wie auch die Unternehmen in der Krise vermehrt und unmittelbar Einfluss auf die verfahrensentscheidende Auswahl des künftigen Insolvenzverwalters bekommen. Zugleich wird die Sanierung von Unternehmen im Schutze eines Insolvenzverfahrens zu einer strategischen Option entwickelt und mit der Stärkung der Eigenverwaltung deutlich attraktiver. Dazu trägt insbesondere das neue Schutzschirmverfahren bei. Es steckt Schuldnern in der Krise und dessen Gläubigern für 90 Tage einen Rahmen ab, um zu einer Konsenslösung zu gelangen. Neuland betritt das Gesetz auch mit der verbindlichen Bestellung eines vorläufigen Gläubigerausschusses für Unternehmen einer bestimmten Größenordnung sowie mit der Möglichkeit für die Gläubiger, dem Gericht ein konkretes Anforderungsprofil für Insolvenzverwalter vorzugeben. Die neuen Regelungen“, kommentiert Haarmeyer, sind auch eine Bringschuld der Gläubiger, die es künftig in der Hand haben, bei der Bestellung eines Verwalters verantwortungsbewusst mitzuwirken.“
Anforderung an Berater: sanieren statt ruinieren!
Mit der Stärkung des Planverfahrens, der Einbeziehung der Gesellschafter sowie der Schaf-fung des Debt-Equity-Swaps (Umwandlung von Forderungen in Beteiligungen) bekommt das Insolvenzverfahren eine so ausgeprägte Sanierungsorientierung, dass die Zeit der simplen Abwicklung von Unternehmen der Vergangenheit angehört. Mit den neuen Werkzeugen und Wegen entstehen zugleich ganz neue Anforderungen an die strategische Beratung von Unternehmen in der Krise. Ab sofort kann die Einleitung eines selbst gesteuerten Insolvenzverfahrens als aussichtsreiche Option abgeprüft werden. Das öffnet erstmals auch Steuer- und Unternehmensberatern die Tür, in Insolvenzverfahren tätig zu werden.
Vielen sei dieser große Fortschritt im Insolvenzrecht, so Haarmeyer, noch gar nicht bewusst. Er sehe aber auch mit großer Sorge, dass es bereits heute Äußerungen von Richtern gebe, die ungeniert erkennen lassen, dass sie den Willen des Gesetzgebers zu mehr Einfluss und Mitbestimmung der Gläubiger nicht akzeptieren, sondern die eigene Machtstellung bei der Vergabe von Insolvenzverfahren beibehalten wollen. Haarmeyer warnt: Wir werden solche Machtspielchen sehr sorgfältig beobachten, denn die Unabhängigkeit der Justiz findet nur im Rahmen von Recht und Gesetz und nicht als Mittel zur Selbstverwirklichung statt.
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