„Vielen ist nicht klar, welche Umwälzungen sich für Branche ergeben“

Lesegeräte wie Sonys Reader erfreuen sich einer zunehmenden Beliebtheit (Foto: sony.com)

Frankfurt am Main (pte/12.12.2008/13:40) – Die zunehmende Verbreitung von elektronischen Bücherlesegeräten, sogenannten E-Books, wird den Buchhandel in den kommenden Jahren vor eine enorme Herausforderung stellen. Viele Kollegen sind sich gar nicht im Klaren darüber, welche Umwälzungen sich dadurch für die Branche ergeben können. Zu dieser Einschätzung kommt Stephan Jaenicke, Vorstandsmitglied des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels http://www.boersenverein.de , in einem aktuellen Interview mit dem Wirtschaftsmagazin „Der Handel“. „Am Anfang werden E-Books sicher nur von einem exklusiven Nutzerkreis verwendet werden, mittelfristig werden sie aber sicher signifikante Marktanteile erobern“, stellt Jaenicke fest. Die E-Books-Entwicklung werde auf jeden Fall kommen. „Es ist nur die Frage, ob man den Markt hier komplett den großen Playern wie Amazon und Google überlässt oder auch selbst mitspielen möchte“, so Jaenicke.

Bisher seien Buchinhalte praktisch immer untrennbar mit dem Trägermedium, dem körperlichen Buch, verbunden gewesen. Nun gehe es plötzlich nicht mehr um das Medium, sondern nur noch um den Inhalt. „Wenn man diese Entwicklung konsequent weiterdenkt, wird man sich irgendwann sicherlich die Frage stellen müssen, wozu man in Zukunft überhaupt noch einen stationären Buchhandel braucht, wenn man doch alles im Internet erledigen kann“, erklärt Jaenicke. Wenn das gedruckte Buch in ferner Zukunft einmal eine Art Nischenprodukt sein sollte, hätten kleine unabhängige Buchhandlungen bessere Chancen, es als ‚Kultprodukt‘ zu vermarkten als die großen Ketten. Für die Branche sei es aber generell dringend notwendig, sich schnell mit dem Thema E-Books auseinanderzusetzen. „Viele befassen sich deshalb nicht mit dem Thema, weil sie fürchten, dass jede Aktivität in Bezug auf E-Books die kommenden Entwicklungen nur beschleunigen werden“, meint Jaenicke.

Wenn Buchinhalte erst einmal digital vorliegen würden, nehme auch die Gefahr von Raubkopien und illegalen Downloads zu. „Ähnlich wie bei den Musikdownloads wird sich mancher Nutzer fragen, warum er für Buchinhalte Geld bezahlen soll, wenn er sie auch kostenlos irgendwo illegal herunterladen kann“, ist Jaenicke überzeugt. „Der illegale E-Book-Markt erreicht in Internettauschbörsen derzeit zwar noch nicht die hohen Angebotszahlen der Hörbuch- oder der Musikbranche. Dennoch wird in den nächsten Jahren auch dieser illegale Markt explodieren“, betont Björn Frommer, Experte für Urheberrecht und Mitglied der Arbeitsgruppe Piraterie im Börsenverein des Deutschen Buchhandels, gegenüber pressetext.

„Ich bin mir sicher, dass der technologische Druck die Situation für die Literatur- und Verlagsbranche noch verschärfen wird“, ergänzt Frommer. Mitverantwortlich hierfür sei nicht zuletzt auch die noch nicht ausreichend geklärte rechtliche Lage zu Veröffentlichungen im Internet. Auch von Autorenseite würden die Verlage künftig zunehmend unter Druck geraten. „Das Buch wird natürlich nicht untergehen. Die Branche muss sich aber auf eine steigende Zahl von illegalen und zumeist kostenlosen Online-Kopien einstellen und ihre Strategien entsprechend anpassen“, so Frommer abschließend. (Ende)


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