Seit der Liberalisierung des Strommarktes im Jahr 1998 hat sich viel bewegt auf dem deutschen Energiemarkt. Bis heute versuchen die verschiedenen Anbieter mit mehr oder weniger Aufwand die Kunden zum Wechsel zu bewegen. Doch die sind zögerlich und bleiben zu fast 70 Prozent einfach bei dem Anbieter, der als städtischer Versorger agiert und damit zunächst automatisch ihr Anbieter wird. Der alte Glaube, dass nichts etwas ist, was nichts kostet, scheint unausrottbar. Vielleicht steckt da sogar Wahrheit drin.
Der innere Schweinehund
Ein Stromanbieter hat den inneren Schweinehund sogar mal als Werbefigur personifiziert. Denn in ihm sahen die Macher des Werbespots – wohl auch zu Recht – den Hauptgrund, warum die Deutschen nicht munter ihren Anbieter wechseln, sondern alles beim Alten belassen. Es herrscht die Angst, Nachteile zu erhalten und Einbußen in Qualität und Service zu bekommen. Dabei versprechen die Stromrechner, die den billigsten Anbieter ermitteln, satte Einsparungen von teilweise bis zu 40 Prozent. Und die Qualität von Strom lässt sich wohl nicht wirklich als unterscheidbar klassifizieren. Bleibt also die Angst des mangelnden Service. Erst kürzlich monierte ein Verbrauchertest mangelnden Service bei den „Billiganbietern“. Die Mitarbeiter seien nicht erreichbar, Abrechnungen und Zählerablesungen würden gar nicht oder nur stark verzögert erfolgen und die Wartezeiten in den Warteschleifen der Call-Center seien endlos. „Aha!“ sagt da der qualitätsbewusster Verbraucher und meint den Haken an der Sache gefunden und zu Recht bei seinem städtischen Versorger geblieben zu sein.
Die Konkurrenz schläft nicht
Doch wer hat denn die Qualität des Service der städtischen Versorger und „großen“ Anbieter mal unter die Lupe genommen? Denn hier bietet sich oftmals ein ähnliches, wenn nicht sogar das gleiche Bild. Das Einzige, was die höheren Preise rechtfertigt, sind die Versorgungsverträge, die der jeweilige Anbieter mit der Stadt geschlossen hat und die ihm eine Vorgabe der Preise erlauben. Wer nun diese einfach hinnimmt und nicht vergleicht, der lässt sich die Preise diktieren und lässt sich gefallen, dass er bei der Macht, die der Markt haben könnte, keinen Anteil nimmt. Wäre das Wechselverhalten der Deutschen weniger träge, dann würden sich die großen Anbieter vielleicht eher scheuen, Preiserhöhungen immer gleich direkt an die Verbraucher weiterzugeben. Der weitaus häufigste Grund für einen Anbieterwechsel ist zur Zeit der Wechsel aufgrund des Wunsches nach einer anderen Art der Energiegewinnung. Viele wechseln bewusst zu einem Ökostromanbieter und zeigen sich darin alles andere als träge. Es erscheint fast verwunderlich, dass ein ideologisches Argument anscheinend stärker Wirkung zeigt als ein finanzielles. Macht dieses Verhalten Schule, könnte immerhin eine Energiewende, wie sie aktuell wieder heißt diskutiert wird, wesentlich einfacher werden, als die Regierung das momentan darstellen will.
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