Arbeitsmarkt 2030: Mit staatlichem Weiterbildungssystem und Familienpolitik gegen die Demografie-Panik
Der Wettbwerb um qualifizierte Arbeitkräfte wird zur großen Herausforderung für die deutsche Wirtschaft in den nächsten Dekaden. Deutschland kann diese Herausforderung mit einem staatlich zertifizierten Weiterbildungsystem und einer familienfreundlichen Arbeitsmarktpolitik meistern. Zu dieser Einschätzung kommt die Studie „Arbeitsmarkt 2030“, eine Prognose zur Entwicklung von Arbeit und Bildung.
Die Studie stellt die Ergebnisse eines Prognosemodells vor, das im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom Münchener Institut Economix Research and Consulting entwickelt wurde. Methodisch kombiniert „Arbeitsmarkt 2030“ qualitative Zukunftsszenarien mit mathematischen Prognoseverfahren und leitet daraus ein differenziertes und empirisch fundiertes Zukunftsbild über die wahrscheinlichen Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft ab. Die Daten sollen als Frühwarnsystem mögliche Arbeitskräfteengpässe identifizieren, um Maßnahmen zur Arbeitskräftesicherung zu entwickeln.
– Grundlegende Trends –
– Bevölkerungsrückgang und die Alterung der Bevölkerung werden zu einem sinkenden Angebot an Arbeitskräften führen, das auch die Beschäftigung einschränkt. Die Zahl der Beschäftigten wird 2030 um 1,4 Millionen niedriger liegen als heute. Das Pro-Kopf-Einkommen wird aber um 40 % höher sein.
– Die asiatischen Länder – allen voran China – werden in die Hochtechnologiemärkte vorstoßen. Damit bleibt für die industrielle Produktion in Deutschland immer weniger Platz, wohl aber für Forschung und Entwicklung und das Management der internationalen Wertschöpfungsketten. Die deutsche Industrie wird sich zum industriellen Dienstleister wandeln. Davon werden in erster Linie die spezialisierten Dienstleistungsunternehmen profitieren.
– Die Alterung der Bevölkerung wird nicht nur das Gesundheitswesen und die sozialen Dienste wachsen lassen. Sie wird zur zentralen Herausforderung einer auf Innovation und Wissen basierenden Wirtschaft. Der Erhalt dieser Grundlagen durch eine breit angelegte Weiterbildung erscheint als Kernpunkt der langfristigen Politik.
– Der Zustrom an Arbeitskräften aus den Hochschulen wird sich weiter erhöhen, nur abgeschwächt durch den demografischen Rückgang der jungen Bevölkerung. Der Anteil der Hochschulabsolventen am Arbeitsmarkt wird von 17% in 2010 auf 26% in 2030 steigen. Die Höherqualifizierung geht jedoch nicht zu Lasten der dualen Berufsausbildung, die ihre relative Bedeutung behalten wird, wenn mehr Jugendliche aus den bildungsfernen Schichten – hauptsächlich mit Migrationshintergrund – integriert werden können.
– Die deutsche Wirtschaft ist auf dem Weg von der Dienstleistungs- in die Wissenökonomie. Dies bewirkt nicht nur einen steigenden Bedarf an Hochschulabsolventen, sondern Höherqualifizierung auf allen Bildungsebenen. Die Fachschulabsolventen werden zunehmend durch Arbeitskräfte mit Bachelor-Abschluss ersetzt werden und die duale Ausbildung wird anspruchsvoller und komplexer. Vor allem aber werden erhebliche Anstrengungen unternommen, um die immer noch große Zahl von Jugendlichen und Älteren ohne Ausbildung in die berufliche Bildung zu führen.
– Der Bedarf an hochqualifizierten Arbeitskräften kann nur gedeckt werden, wenn Deutschland seine Weiterbildung zu einem zertifizierten System mit bundesweiten Standards ausbaut. Dazu müsste der Staat die jetzige kursorische Weiterbildung in ein klar gegliedertes System mit Bildungsstandards überführen, dessen Kosten nicht allein von Arbeitskräften und Unternehmen getragen werden. Gleichzeitig müssen die Unternehmen eine altersgerechte Personalpolitik betreiben, die die Lern- und Anpassungsfähigkeit der Arbeitskräfte nachhaltig entwickelt.
– Zur Methodik von „Arbeitsmarkt 2030“ –
Auf der Grundlage von sieben Fachexpertisen wurden zwei alternative Zukunftsszenarien für die Modellrechnung entwickelt. Die Fachexpertisen prognostizieren die Auswirkungen in Globalisierung, technologischem Wandel, Arbeitsorganisation, Klimawandel und vor allem im demografischen Wandel auf das Bildungs- und Beschäftigungsverhalten der deutschen Bevölkerung.
Die quantitativen Modelle der Studie unterscheiden zwischen 44 Wirtschaftszweigen, 88 Berufsgruppen und 27 Fachrichtungen der beruflichen Bildung. Dieser hohe Detailgrad geht weit über vorliegende Prognosen hinaus. Die Modelle beruhen auf einem Arbeitsmarktmodell, das auch für Qualifikationsprognosen vom Europäischen Zentrum für die Förderung der Berufsbildung (CEDEFOP) eingesetzt wird. Insgesamt sieben Module schätzen im quantitativen Studienteil Angebot und Nachfrage von Arbeitskräften simultan und berücksichtigen die vielfachen Rückkoppelungen auf den Arbeitsmärkten. „Arbeitsmarkt 2030“ stellt erstmals die Entwicklung von Arbeitsmarktströmen in einer breiten beruflichen und qualifikationsspezifischen Untergliederung dar.
– Voraussetzungen in Politik und Gesellschaft berücksichtigt –
Die Autoren der Studie „Arbeitsmarkt 2030“ stützen ihre Prognosen auf die Fortführung von Arbeitsmarktkonzepten, z.B. des Fachkräftesicherungskonzepts der Bundesregierung, sowie auf Annahmen über die technologische Entwicklung, die Globalisierungsstrategien der Unternehmen und die Spezialisierung im Rahmen internationaler Arbeitsteilung. Insgesamt bildet „Arbeitsmarkt 2030“ keinen Status-Quo ab, sondern zeigt eine Prognose, die politisches Handeln einschließt. Die Autoren legen mit ihrem Bericht eine strategische Vorausschau auf eine mögliche Zukunft des Arbeitsmarktes in Deutschland vor, die einen Beitrag zur Debatte über die Zukunft der Arbeit liefert.
Der Methodenbericht (http://www.wbv.de/openaccess/artikel/6004385w) und der Bericht über die Fachexpertisen und Szenarien (http://www.wbv.de/openaccess/artikel/6004384w) zur Studie stehen kostenlos auf wbv-open-access.de (http://www.wbv.de/openaccess) zur Verfügung.
– Autoren der Studie –
Kurt Vogler-Ludwig ist Gründer und Direktor von Economix Research and Consulting, München, einem unabhängigen Büro für wirtschaftspolitische Beratung. Er ist Wirtschaftswissenschaftler mit dem Schwerpunkt Arbeitsmarkt- und Strukturforschung, Berater der Europäischen Kommission und Gutachter für Bundes- und Landesministerien sowie politische Institutionen im In- und Ausland.
Nicola Düll ist Professorin für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München. Sie ist Gründerin und Direktorin von Economix Research and Consulting und Korrespondentin der Europäischen Kommission sowie Gutachterin für die OECD, die Weltbank und für politische Institutionen im In- und Ausland.
Die Studie wurde unter Mitwirkung folgender Mitautorinnen und Mitautoren erstellt:
Bernd Dworschak (Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation), Ben Kriechel (Economix Research and Consulting / Research Centre for Education and the Labour Market), Pamela Meil (Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung), Hector Pollitt (Cambridge Econometrics), Rob Wilson (Warwick Institute for Employment Research), Helmut Zaiser (Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation).
– Bibliografische Daten –
– Arbeitsmarkt 2030 –
Eine strategische Vorausschau auf Demografie, Beschäftigung und Bildung in Deutschland
W. Bertelsmann Verlag, Bielefeld 2013, 199 Seiten
ISBN 978-3-7639-5278-6
Bestell-Nr. 6004383 (http://www.wbv.de/artikel/6004383)
Print plus E-Book 39,- Euro
E-Book 29, 90 Euro
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