Screenshot_6Könnten Spiele für Jungs Mädchen in Mathe und den Naturwissenschaften helfen?

Männer können nach wie vor besser räumlich denken als Frauen – das könnte an individuellen Unterschieden bei der Identifikation mit Geschlechterrollen liegen

In einigen wissenschaftlichen Bereichen scheinen Männer den Frauen überlegen zu sein. Ob dies angeboren ist oder mit der Erziehung zusammenhängt – dieser Frage versuchten zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen auf den Grund zu gehen. Obwohl zwischen den Geschlechtern keine Intelligenzunterschiede bestehen, haben Studien der letzten 35 Jahre immer wieder gezeigt, dass Männer in Tests zum räumlichen Denken besser abschneiden als Frauen. Dies erklärt möglicherweise, warum immer noch weniger Frauen Naturwissenschaften, Technik und Mathematik studieren – alles Fächer, in denen gutes räumliches Denkvermögen von Vorteil ist.

Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass diese Einschätzung zu vereinfacht sein könnte. Ein neuer Übersichtsartikel in der Springer Fachzeitschrift Sex Roles von David Reilly und David Neumann von der Griffith University in Queensland, Australien, beleuchtet einen der Faktoren, der für die Unterschiede zwischen den Geschlechtern beim räumlichen Denken verantwortlich sein könnte: die Geschlechterrolle. Das Geschlecht an sich ist zwar festgelegt, in welchem Maß sich ein Mensch aber damit identifiziert und wie sehr er die Geschlechterrolle akzeptiert, ist ganz individuell.

Beim Studium früherer Untersuchungen haben Reilly und Neumann herausgefunden, dass sich zwischen Menschen des gleichen Geschlechts größere Unterschiede im räumlichen Vorstellungsvermögen feststellen ließen als zwischen den Geschlechtern. Sie befassten sich daraufhin genauer mit den Daten zu bestimmten Variablen bei Männern und Frauen, die dies möglicherweise erklären könnten.

Sie untersuchten zwölf Studien, die sich speziell mit einem Aspekt des räumlichen Denkens befasst hatten: der Mentalen Rotation. Alle diese Studien – Teilnehmer waren Schüler, Studenten und junge Erwachsene – hatten bei Männern und Frauen eine signifikante Verbindung ergeben zwischen Maskulinität und der Fähigkeit zur Mentalen Rotation. Mit anderen Worten: Sowohl Männer als auch Frauen kamen mit den Aufgaben zur Mentalen Rotation besser zurecht, wenn sie eine starke maskuline oder aber androgyne Geschlechtsidentität hatten.

Kinder desselben Geschlechts entwickeln unterschiedliche Ausprägungen typisch maskuliner und femininer Charakteristika und Verhaltensweisen. Nach Meinung der Autoren macht genau das die Unterschiede beim räumlichen Denken innerhalb einer Geschlechtsgruppe aus. Maskuline Identifikation führt zur Stärkung mathematischer und naturwissenschaftlicher Fähigkeiten, während feminine Identifikation sprachliche Fähigkeiten fördert. Diese Geschlechterrollen schließen sich nicht gegenseitig aus: Manche Kinder, ob Junge oder Mädchen, können beide Rollen sehr gut miteinander verbinden.

Die Entwicklung des räumlichen Denkens wird durch Spielen und Freizeitaktivitäten gefördert; traditionell männliche Aktivitäten tragen besonders dazu bei. Um die Leistung von Mädchen in den Fächern zu verbessern, die gutes räumliches Denken erfordern, sollte man sie vielleicht ganz bewusst in die „typisch männlichen“ Spiele mit einbeziehen, anstatt die Geschlechtertrennung bei den Freizeitaktivitäten zu fördern.

Die Autoren erklären: „Seit Sharon Nash 1979 ihre Hypothese vom Einfluss der Geschlechterrollen-Mediation auf die intellektuelle Entwicklung aufgestellt hat, haben sich die Vorstellungen von der Gleichheit der Geschlechter stark gewandelt. Zumindest was das räumliche Denken betrifft, scheint diese Theorie allerdings heute noch so relevant wie damals.“

Quelle: Reilly, D. and Neumann, DL. (2013), Gender-role differences in spatial ability: a meta-analytic review, Sex Roles. DOI 10.1007/s11199-013-0269-0

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