#Fernsehen über Breitband-Internet (IPTV) ist in Deutschland bisher kaum bekannt. Und das, obwohl ein entsprechendes Produkt seit knapp zwei Jahren erhältlich ist und die Konsumenten die Vorzüge von IPTV durchaus positiv beurteilen. Von einem Wechsel der Fernsehübertragung halten sie derzeit in erster Linie der Preis und die langen Vertragslaufzeiten ab. Das könnte sich allerdings bald ändern: Eine Studie von PricewaterhouseCoopers (PwC) kommt zu dem Ergebnis, dass zwei Millionen IPTV-Kunden im Jahr 2012 möglich sind.
IPTV hat das Potenzial, sich in Deutschland neben Fernsehkabel, Satellit und terrestrischem Empfang als vierter Übertragungsweg zu etablieren. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg. IPTV-Anbieter stehen vor der Herausforderung, flexibles und einfaches Fernsehen zu einem vom Massenmarkt akzeptablen Preis anzubieten. Und das unter erschwerten Rahmenbedingungen: In Deutschland herrscht eine ausgeprägte Free-TV-Kultur und Kabelnetzbetreiber, die wohl härtesten Wettbewerber der IPTV-Anbieter, haben eine starke Marktposition.
Die Anbieter müssen daher die Alleinstellungsmerkmale von IPTV stärker in den Vordergrund rücken und ihre Preismodelle überarbeiten. Unter entsprechend geänderten Voraussetzungen sind bis zum Jahr 2012 rund zwei Millionen IPTV-Haushalte in Deutschland möglich. Zu diesem Ergebnis kommt die PwC-Studie „IPTV – Das neue Fernsehen?“. Die Studie umfasst neben einer umfangreichen Untersuchung des Marktes die Einschätzung von mehr als 30 IPTV-Experten und 500 Konsumenten.
Aktuelle Aktionsangebote sollen Kunden für IPTV gewinnen
Fest steht, dass bei IPTV „Abwarten“ nicht die richtige Option ist. Und die IPTV-Anbieter sind alles andere als tatenlos: Die Deutsche Telekom AG zeigt in ihrer aktuellen Werbekampagne auf anschauliche Weise die zahlreichen Nutzungsmöglichkeiten ihres IPTV-Angebots zu einem reduzierten Preis. Hansenet bietet Alice homeTV sechs Monate kostenfrei an und auch Arcor hat ein Aktionsangebot für Arcor Digital TV gestartet. Inwiefern diese Maßnahmen zum Erfolg führen, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.
Für die Mehrheit der befragten Kunden (knapp 80 Prozent) ist der Preis für die neue Art der Fernsehübertragung die höchste Marktbarriere. Zwar liegt ihre akzeptierte Preisspanne für ein kombiniertes Angebot aus Breitbandanschluss mit IPTV, Internet und Telefonie („Triple-Play“) zwischen monatlich 24 und 48 Euro – und damit ungefähr in der Preisspanne der derzeitigen IPTV-Angebote. Bei einem Preis von 30 Euro für Triple-Play ist die Wechselwahrscheinlichkeit am höchsten. Für IPTV als Einzelleistung zu einem bestehenden Internet- oder Telefonvertrag würden die meisten Befragten zwischen acht und 17 Euro pro Monat zusätzlich zahlen. Eine Option, die derzeit von keinem Unternehmen angeboten wird.
Lange Vertragslaufzeiten als Wechselbarriere
Als Wechselbarriere zu IPTV wirkt auch die geforderte Vertragsbindung. Mehr als jeder Zweite wäre bereit, einen IPTV-Receiver zu kaufen, um eine lange Vertragsbindung zu umgehen, während nur jeder dritte Befragte eine 24-monatige Vertragsbindung mit subventioniertem Empfangsgerät eingehen würde.
Ein grundsätzliches Dilemma bei der Vermarktung von IPTV ist zudem, dass die möglichen interaktiven Zusatzfunktionen – etwa die Stimmabgabe bei Fernsehquizs per Rückkanal, Online-Spiele oder Shopping über die Fernbedienung – derzeit von wenigen Befragten als Mehrwert angesehen wird. Dabei ist Interaktivität ein wichtiges Differenzierungsmerkmerkmal des Internet-Fernsehens gegenüber Kabel-, Satellit und Terrestrik. Denn bereits jetzt bieten etwa die Kabelnetzbetreiber in ihrem Fernsehangebot zahlreiche Funktionalitäten wie Videos auf Abruf, elektronische Programmführer oder HDTV, die bei der Vorteilsargumentation von IPTV im Vordergrund stehen.
Doch genau diese Möglichkeiten sind es, die Konsumenten besonders schätzen: Das Fernsehprogramm individuell zusammenzustellen und nicht mehr an Sendezeiten gebunden zu sein, den persönlichen Videorekorder, eine virtuelle Videothek („Video on Demand“) und aktuelle Hollywood-Produktionen kommen bei der Mehrheit der Konsumenten sehr gut an. Hochauflösende Bildqualität über den HDTV-Standard finden immerhin gut die Hälfte der Konsumenten wichtig.
Web-TV konkurriert durch Flexibilität und Programmvielfalt mit IPTV
IPTV muss sich daher nicht nur gegen etablierte Empfangswege wie das Fernsehkabel, Satellit und Antenne durchsetzen, sondern konkurriert zunehmend auch mit Web-TV-Angeboten. Und die Begeisterung der Konsumenten, Filme und Filmsequenzen im Internet anzusehen, ist ungebrochen. Zwar besticht IPTV durch eine hohe Qualität, Web-TV bietet aber derzeit (noch) die größere Flexibilität und Vielfalt. Für die Zukunft erwarten IPTV-Experten und Konsumenten gleichermaßen, dass eine Unterscheidung zwischen Web-TV und IPTV obsolet wird und die beiden heute noch nebeneinander stehenden Konzepte miteinander verschmelzen werden.
Um diese Entwicklungen voranzutreiben, kommt es darauf an, dass IPTV-Anbieter ihre geschlossenen Systeme (sogenannte „walled gardens“) zumindest teilweise gegenüber dem frei zugänglichen Internet öffnen und die Standardisierung mit anderen Marktteilnehmern vorantreiben. Zudem ist eine stärkere Kooperation bei der Entwicklung neuer Werbeformen notwendig. Zwar bleibt die Nutzerfinanzierung durch Abonnements und nutzungsabhängige Tarife auch in naher Zukunft die entscheidende Finanzierungsquelle für IPTV. Doch die begrenzte Zahlungsbereitschaft der Nutzer und die Finanzierung des privaten Fernsehens legen nahe, dass auch andere Erlösquellen denkbar und erwägenswert sind.
Zwei Millionen IPTV-Kunden im Jahr 2012 möglich
Der Markterfolg von IPTV ist unter anderem davon abhängig, ob und wie schnell sich die Fernsehgewohnheiten ändern lassen. In jedem Fall sollten die Nutzer allmählich an die neuen Möglichkeiten herangeführt und nicht durch zu komplexe Angebote überfordert werden. Noch ist es ein langer Weg zum Erfolg von IPTV. Doch die Weichen für das neue, bessere Fernsehen sind gestellt. Zwei Millionen Kunden im Jahr 2012 müssen keine Utopie bleiben.
Weitere Informationen und Hinweise zu der Studie „IPTV – Das neue Fernsehen?“ erhalten Sie hier.
Quelle: www.pwc.de