Die Anzahl der Tiere, welche durch die Jagd getötet werden, wird alljährlich vom Deutschen Jagdschutzverband veröffentlicht. Für Lovis Kauertz spiegelt die Jahresstrecke der Jäger allerdings nur die halbe Wahrheit wider: „Viele Tierarten wie Schwäne, Rabenvögel, Kormorane, aber auch Hunde und Katzen, werden in der Jagdstatistik gar nicht erst erfasst, ebenso wenig wie nicht aufgefundene, den Verletzungen erlegene Tiere oder Opfer, die aus Bequemlichkeit nicht erfasst werden“, erläutert der Vorsitzende von Wildtierschutz Deutschland e.V.

Die Streckenstatistik des Jagdverbandes weist jährlich etwa fünf Millionen getötete Wildtiere aus, darunter auch ein Teil der durch Verkehrsunfälle umgekommenen Tiere. Die von Wildtierschutz Deutschland veröffentlichten Zahlen zählen über neun Millionen Jagdopfer – 25.000 tote Tiere pro Tag!

Der Sinn der Freizeitbeschäftigung Jagd wird nicht mehr nur von wenigen Jagdkritikern hinterfragt. Inzwischen gibt es breite gesellschaftliche Strömungen, welche eine grundsätzliche Reform der Jagdgesetzgebung fordern. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen sieht man vor, die Jagd auf Hunde und Katzen zu unterbinden, die von vielen Seiten kritisierte Fallenjagd zu verbieten und die Ausbildung von Jagdhunden an lebenden Tieren nicht mehr zu ermöglichen. Ähnliche Planungen und Diskussionen stehen auf der politischen Tagesordnung im Saarland, in Schleswig-Holstein und selbst in Sachsen, wo die Fallenjagd eingeschränkt werden soll. Die Vergiftung von Mensch, Tier und Umwelt mit bleihaltiger Munition ist ein weiteres aktuelles Thema.

Nie hat es in Deutschland so viel Rehe und Wildschweine gegeben, wie im letzten Jahrzehnt. Während in den 1980er Jahren jedes Jahr noch etwa 800 – 900.000 Rehe und 150 – 250.000 Wildschweine erlegt wurden, waren es im letzten Jahrzehnt etwa 1 – 1,1 Millionen Rehe und 500 – 600.000 Wildscheine pro Jahr, Tendenz steigend. „Die Jagd wird ihrem Auftrag der Bestandsregulierung nicht gerecht“ erläutert Kauertz, „trotz der zunehmenden Intensivierung der Jagd, nicht selten in Armeestärke von 200 – 300 Mann, und trotz Aufhebung von Schonzeiten wird das Wild nicht weniger sondern mehr.“

Gründe liegen in der immensen Zuführung von Mastfutter durch Jäger und – wie Wildschweinkenner und Jäger Norbert Happ schon 2002 resümierte – in der jagdlichen Zerstörung der sozialen Ordnung der Tiere, die in unbejagten Beständen die Reproduktion in Grenzen hält. Zu diesem Schluss kommt auch eine Langzeitstudie von Wissenschaftlern um Sabrina Servanty, die 2009 im renommierten „Journal of Animal Ecology“ veröffentlicht wurde: je intensiver die Tiere bejagt werden, desto stärker vermehren sie sich und desto höher werden die Bestände.

Wildtierschutz Deutschland kritisiert ferner, dass es durch mangelndes Schießtraining und die Jagd in der Dämmerung oder während der Nacht regelmäßig zu schlechten Trefferquoten kommt. Untersuchungen zeigen, dass bei Gesellschaftsjagden auf Rehe, Hirsche oder Wildschweine nur jeder dritte bis vierte Schuss tödlich ist. Bei der Jagd auf Wasservögel wird durch die breite Streuwirkung des Schrots ein großer Teil der Tiere „nur“ verletzt und nicht sofort getötet.

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