Klebetechnik könnte von Käferfüßen lernen

New York / Heidelberg, 5 April 2011

Viele Insekten, Geckos und Spinnen sind in der Lage, auf den meisten Oberflächen zu haften und zu laufen. Diese Fähigkeit verdanken sie Tausender oder Millionen winziger Haare oder ‘Setae’ auf den Oberflächen ihrer Füße. Neue Forschungsergebnisse von James Bullock und Walter Federle von der University of Cambridge in England zeigen, dass Käfer durch die unterschiedlichen Kräfte ihrer Hafthaare auf verschiedenen Oberflächen nicht den Halt verlieren. Ihre Studie ist online im Fachjournal Naturwissenschaften – The Nature of Science von Springer erschienen und berichtet über die ersten Messungen von Adhäsionskräften an einzelnen Hafthaaren lebender Tiere.

Hafthaare an den Füßen von Blattkäfern kommen in drei verschiedenen Formen vor, bei denen die Haarenden entweder zugespitzt, löffelförmig verbreitert oder scheibenförmig sind. Die Härchen sind in charakteristischen Mustern auf den Füßen der Käfer verteilt, was auf unterschiedliche biologische Funktionen eines jeden Haartyps hinweist. Aufgrund ihrer geringen Größe (Durchmesser der Haftköpfchen nur 1/200 Millimeter) konnten die Eigenschaften der einzelnen Haartypen bisher nicht genauer bestimmt werden. Bullock und Federle verwendeten eine feine Glaskapillare als Biegebalken, um die Haftkraft jedes einzelnen Haartyps zu messen. Zur Berechnung der zum Lösen eines einzelnen Haares erforderlichen Kraft wurde die Auslenkung der Kapillare durch ein Mikroskop beobachtet.

Die Ergebnisse bei männlichen Käfern zeigten, dass die scheibenförmigen Haare am stärksten hafteten, gefolgt von den löffelförmigen und zuspitzten Setae. Die scheibenförmigen Haare waren auch steifer als die beiden anderen Haartypen, wodurch das Haftorgan wahrscheinlich eine höhere Stabilität erhält. Bullock und Federle folgern, dass insbesondere diese scheibenförmigen Haare den männlichen Käfern eine starke Haftung auf glatten Oberflächen ermöglichen. Diese Fähigkeit ist für die Männchen besonders während der Paarung wichtig, um sich während der Kopulation an den Weibchen festzuhalten. Die anderen Haartypen, die sich leichter ablösen lassen, helfen den Käfern wahrscheinlich, ihre Füße schnell abzuheben, wenn sie kopfüber laufen.

Bevor natürliche Haftstrukturen aus künstlichen Materialien nachgebaut werden können, ist ein besseres Verständnis ihrer genauen Funktion erforderlich. Die Autoren kommen zur Schlussfolgerung: „Die Frage, wie Haftkräfte einzelner Haare die Haftkraft eines ganzen Tiers bestimmen, ist weiterhin ungeklärt. Sie zu verstehen, ist eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung bionischer Haftstrukturen.“

Quellenangabe
Bullock JMR and Federle W (2011). Beetle adhesive hairs differ in stiffness and stickiness: In vivo adhesion measurements on individual setae. Naturwissenschaften – The Science of Nature.
DOI 10.1007/s00114-011-0781-4

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