Es gibt mehr als 400.000 Steckersolaranlagen in Deutschland, Tendenz stark steigend. Um möglichst vielen Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre eigene Energie zu gewinnen, hat die Bundesnetzagentur das Anmelden dieser Balkonkraftwerke für Balkone und Außenbereiche weiter vereinfacht. Welche Regeln seit Inkrafttreten des „Solarpaketes I“ im Mai 2024 für den Betrieb der Mini-Solaranlagen gelten und was es dabei zu beachten gibt, erklärt Stephanie Windmann, ARAG Fachanwältin für Miet- und Wohneigentumsrecht.
Was sind Balkonkraftwerke überhaupt und lohnt sich die Investition?
Stephanie Windmann: Balkonkraftwerke sind kleine Solaranlagen, die in der Regel direkt über eine Steckdose an den eigenen Haus- oder Wohnungsstromkreis angeschlossen werden. Sie wandeln den produzierten Gleichstrom einer Photovoltaik-Anlage in Wechselstrom um und machen ihn so für den Haushalt nutzbar. Mit dem Strom aus dem meist steckfertig gelieferten Balkonkraftwerk können vor allem stromintensive Haushaltsgeräte wie z. B. Waschmaschine, Geschirrspüler oder Trockner betrieben werden, so dass weniger Strom aus dem Netz des Stromanbieters entnommen werden muss. Auf Dauer sicherlich eine lohnende Investition, die auch belohnt wird: Erstens sind Solaranlagen mit einer maximalen Leistung von bis zu 30 Kilowatt von der Mehrwertsteuer befreit. Zudem fördern viele Städte und Kommunen den Kauf von Balkon-Solaranlagen. Hier empfehle ich einen Blick auf die jeweilige Internetseite der Gemeinde.
Wie sieht denn die aktuelle Entbürokratisierung aus?
Stephanie Windmann: Bisher mussten Besitzer eines Balkonkraftwerkes bei der Bundesnetzagentur rund 20 Angaben machen, um ihre kleine Solaranlage zu registrieren. Das erforderte viele Klicks und Informationen, die man zusammentragen musste, was natürlich erst einmal abschreckt. Künftig muss man neben den Angaben zur Person nur noch fünf Angaben machen.
Darüber hinaus müssen Balkonkraftwerke grundsätzlich nicht mehr beim Netzbetreiber gemeldet werden. Eine gebührenfreie Registrierung im Marktstammdatenregister (MaStR) reicht aus. Das MaStR ist ein Register für den Strom- und Gasmarkt, das von Behörden und Marktakteuren des Energiebereiches genutzt wird. Hier muss jede Strom- oder Gaserzeugungsanlage registriert werden, die an ein Strom- oder Gasnetz angeschlossen ist oder werden soll. Die Bundesnetzagentur informiert den zuständigen Netzbetreiber automatisch über das Balkonkraftwerk, das neu an sein Netz angeschlossen wurde.
Welche neuen Regeln gelten für den Betrieb von Balkonkraftwerken?
Stephanie Windmann: Besitzer der Mini-Anlagen dürfen ab sofort statt 600 Watt 800 Watt ins Stromnetz einspeisen. Zudem muss nicht sofort ein digitaler Zweirichtungszähler installiert werden. Übergangsweise dürfen auch die bisher üblichen sogenannten Ferraris-Zähler benutzt werden. Sie laufen bei hoher Stromerzeugung und gleichzeitig niedrigem Energie-Verbrauch rückwärts und die Strommenge, die bezahlt werden muss, sinkt.
Balkonkraftwerke dürfen zwar nach wie vor nicht über eine Mehrfachsteckdose betrieben werden, aber der Anschluss über einen Schuko-Stecker ist nun ausdrücklich erlaubt. Einschränkend weisen die ARAG Experten allerdings darauf hin, dass dafür vom VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V.) noch eine Norm ausgearbeitet werden muss. Und eine gute Nachricht für Mieter: Jeder Mieter hat Anspruch auf den Betrieb einer Mini-Solaranlage.
Über Steckersolaranlagen gewonnene Energie muss seit Inkrafttreten des Solarpaketes I nicht mehr im Gebäude selbst verbraucht werden. Nun dürfen auch Nebenanlagen, wie z. B. Garagen, Carports oder Gartenhäuschen mit dieser Energie versorgt werden. Auch das Speichern in Batterien ist jetzt gestattet. So können Verbraucher den selbst gewonnenen Strom auch später nutzen und müssen nicht mehr den komplizierten Umweg über die Einspeisung ins allgemeine Stromnetz gehen. Und künftig gibt es eine Duldungspflicht auf öffentlichen Flächen: Das heißt, Betreiber dürfen Grundstücke in öffentlichem Besitz betreten, um Anschlussleitungen zu legen oder ihre Anlage zu warten.
Vor einiger Zeit warnte die Bundesnetzagentur vor gefährlichen Wechselrichtern, die den Gleichstrom einer PV-Anlage in Wechselstrom umwandeln und ihn dadurch im Haushalt nutzbar machen. Wie können Verbraucher erkennen, ob ein Gerät sicher ist?
Stephanie Windmann: Wenn die produzierte Energie der Balkonkraftwerke nicht fehlerfrei ins Haus geleitet wird, kann es zu Beschädigungen an der Elektrik, zu elektromagnetischen Störungen oder im schlimmsten Fall sogar zu einem Brand kommen. Einige getestete Produkte hatten im Betrieb die gesetzlichen Grenzwerte für elektromagnetische Verträglichkeit überschritten.
Zunächst einmal rate ich, beim Kauf einer Mini-Solaranlage auf das CE-Kennzeichen zu achten. Ohne dies darf das Produkt in Deutschland nicht regulär verkauft werden. Und natürlich muss man darauf achten, dass der Steckertyp der Mini-Solaranlage in die heimische Steckdose passt.
Wer seine PV-Anlage für den Balkon online ordert, sollte nur bei seriösen und bekannten Händlern bestellen. Stutzig werden sollten Verbraucher auch, wenn es keine deutsche Bedienungsanleitung gibt. Fehlt eine deutsche Händleradresse oder ein europäischer Ansprechpartner auf dem Paket, der Verpackung oder dem Begleitdokument, sollte man auf das Produkt verzichten bzw. es zurückschicken, auch wenn der Preis verführerisch niedrig ist. Natürlich dürfen Angaben zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen genauso wenig fehlen wie Hinweise zu Widerrufs- und Rückgaberechten.
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