Gabriela_WischeroppImmer mehr Unternehmen gehen auf die Suche, um ihren Purpose – ihren Sinn – zu finden und verlieren dabei das Wesentliche aus den Augen. Zuerst einmal müssen sich Unternehmen den essenziellen Grundbedürfnissen von Menschen widmen.

Im Berufsleben breitet sich eine kollektive Depression aus. Und nicht erst seit den jüngsten Ereignissen rund um Corona und der Ukraine. Die meisten Menschen haben vergessen, warum sie eigentlich arbeiten. Die Arbeit ist zum Selbstzweck geworden, die sinnentleert zu sein scheint. Viele fragen sich „Warum machen wir das eigentlich alles hier?“.

Das Problem: Purpose Driven Organization
Viele Unternehmen haben Motivationsprobleme und stehen vor der Herausforderung Fachkräfte zu finden und zu binden. “Purpose Driven Organization” soll es richten. Gesucht wird: der Unternehmenssinn! Doch eine Depression wird erst mal nicht durch Sinnsuche geheilt. Es sind kleine Schritte. Schritte, die nah am Menschen sind.

Stattdessen werden jede Menge Ressourcen frei gemacht, um den Sinn der Arbeit und möglichst noch einen gesellschaftlichen Mehrwert zu finden. Aufwendige Kampagnen kommunizieren den Mitarbeiter:innen dann die Ergebnisse und versuchen den Sinn mit den Werten zu verknüpfen. Und die Hoffnung, dass es bei den Arbeitsnehmer:innen dann Klick macht und der Engagementindex steigt, stirbt bekanntlich zuletzt. Der Purpose soll Werte vermitteln, Orientierung geben und Zusammenarbeit verbessern. Er soll als Leitlinie dienen sowie eine Vertrauenskultur schaffen. Das ist grundsätzlich sehr sinnvoll, denn daran mangelt es in den meisten Unternehmen tatsächlich. Doch letztlich ist das immer wieder nur alter Wein in neuen Schläuchen und der Tanz ums Goldene Kalb: mit den richtigen Prozessen und gut gewählten Worten endlich Leistung und Motivation zu steigern. Das wirklich Wesentliche wird außer Acht gelassen. Mitarbeiter:innen müssen den Sinn, das Vertrauen, die Werte fühlen! Und das wird von Mensch zu Mensch vermittelt.

Die Lösung zum Greifen nah
Eigentlich ist es ganz einfach: Klein anfangen, dafür aber gezielt an den neuralgischen Punkten. Statt ein großes Konstrukt zu erschaffen, das dann auch noch den letzten Mitarbeiter erreichen soll, beim “kleinsten” Mitarbeiter anfangen und dadurch das große Ganze in Bewegung bringen. Und einen Blick für die Grundbedürfnisse des Menschen haben: Sicherheit, soziale Beziehungen, Potenzialentfaltung und Wertschätzung.

An erster Stelle steht die Sicherheit. Sie bezieht sich auf das körperliche Überleben. Menschen brauchen eine Höhle bzw. ein Heim, Nahrung und Wärme. In einer zivilisierten Gesellschaft werden diese Dinge mit Geld erkauft, welches die meisten Menschen sich erarbeiten. Doch das Streben nach Besitz hat sich bei Mensch und Unternehmen verselbstständigt und geht weit darüber hinaus. Die materiellen Güter sind zu Götter geworden. Da ist es nur logisch, dass der Sinn verloren geht.

Zur Existenzsicherung kommt parallel oder spätestens an zweiter Stelle ein weiteres Grundbedürfnis hinzu: die sozialen Beziehungen. Wer sowohl gute private wie berufliche Beziehungen hat, ist gesünder, glücklicher, motivierter und leistungsfähiger.

Es folgt die Wertschätzung. Erfüllende soziale Beziehungen zeichnen sich durch ein wertschätzendes Miteinander aus. Darüber hinaus streben wir alle nach individueller Anerkennung. Wertschätzung ist für Menschen fast so wichtig, wie die Luft zum Atmen. Trotzdem dies in Unternehmen bekannt ist, fühlen sich fast 90 % der Arbeitnehmer:innen nur manchmal bis nie wertgeschätzt.

Und das i-Tüpfelchen: Die eigenen Stärken einsetzen und sagen können, die Welt ein Stückchen besser gemacht zu haben, weil alles einen Sinn hatte und anderen Menschen zu Gute kam!

Doch zuerst müssen Menschen nachhaltig miteinander in positiven Kontakt gebracht werden: Kolleg;innen untereinander, Führungskräfte und Mitarbeiter:innen, Mitarbeiter:innen und Kund:innen und so weiter. Eine wertschätzende, respektvolle und tolerante Unternehmenskultur leben! Dafür braucht es Menschlichkeit, Nähe, Hinschauen, Zuhören und sich auch mal Zeit nehmen.

Was wirklich zählt!
Am Ende eines Lebens blicken Menschen nicht auf ihre Arbeitsleistungen und monetären Werte zurück, sondern wie ihre Beziehungen waren, ob sie ihr Potenzial entfaltet und das Leben mit allen Sinnen genossen haben. Wer dann sagen kann, die meiste Zeit mit tollen Menschen zusammengearbeitet und einen wertvollen Beitrag in dieser Welt geleistet zu haben, wird sich wahrscheinlich sehr zufrieden verabschieden können.

Gabriela Wischeropp
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