Neuer statistischer Ansatz findet keinen Beleg für das Übersinnliche
New York / Heidelberg, XX Mai 2011
Ist es wirklich möglich, die Zukunft zu erfühlen? Eine neue Studie von Jeffrey Rouder von der University of Missouri in den USA und Richard Morey von der University of Groningen in den Niederlanden zeigt, dass die Wissenschaft dem Übersinnlichen gegenüber nach wie vor skeptisch bleibt. Der Beitrag¹ erscheint in der Online-Ausgabe des Springer-Journals Psychonomic Bulletin & Review².
Obwohl übersinnliche Wahrnehmung nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen unmöglich scheint und sich absolut nicht mit unseren Alltagserfahrungen deckt, will der bekannte Psychologe Daryl Bem von der Cornell University nun Beweise für die Existenz des Übersinnlichen vorlegen. Er kommt zu dem Schluss, dass Menschen außergewöhnliche Ereignisse in der Zukunft, die man normalerweise nicht hätte voraussehen können und die sich auch nicht durch Zufälle erklären lassen, fühlen oder spüren können.
Rouder und Morey haben eine relativ neue statistische Methode angewandt, die misst, wie sich je nach Interpretation des Datenmaterials Überzeugungen ändern. Dieser Methode folgend sind Dr. Bems Erkenntnisse wissenschaftlich nicht wirklich haltbar, zumindest können sie die Skeptiker nicht überzeugen.
Die Wissenschaftler beleuchten zunächst die Grenzen herkömmlicher statistischer Signifikanztests (der sogenannten p-Werte). Dr. Bems Daten werden dann mithilfe eines neuen Verfahrens (Meta-analytischer Bayes-Faktor) geprüft, die einige dieser Grenzen überschreitet. Um die Beweiskraft der Bem‘schen Daten beurteilen zu können, ist es nach Aussage von Rouder und Morey unabdingbar, die Experimente im Ganzen zu sehen – bisher wurden sie isoliert betrachtet. Es zeigte sich, dass es gewisse Hinweise auf übersinnliche Wahrnehmung gibt und zwar mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:40.
Mit andern Worten: Beweisen lässt sich nichts. Ein Skeptiker könnte davon ausgehen, dass übersinnliche Wahrnehmung reine Spekulation ist, mit einer Wahrscheinlichkeit von 1.000.000:1, ein Anhänger der Übersinnlichkeit hingegen könnte von einer Wahrscheinlichkeit von 1:1 ausgehen. Was immer man auch glauben mag: Rouder und Morey zeigen, dass Bems Experiment lediglich beweist, dass die Existenz übersinnlicher Wahrnehmung um den Faktor 40 gestiegen ist. Wer davon überzeugt ist, kann von einer Wahrscheinlichkeit 40:1 ausgehen, der Skeptiker, der nicht daran glaubt von einer Wahrscheinlichkeit von 25.000:1.
Dass Skepsis angebracht ist, davon sind Rouder und Morey überzeugt: „Zweifel an der Existenz von übersinnlichen Erfahrungen sind nach wie vor angebracht. Es gibt keine plausible Erklärung dafür, fundierte Theorien aus Physik und Biologie sprechen dagegen. Vor diesem Hintergrund ist eine Verschiebung um den Faktor 40 zu vernachlässigen.“
Quellen
1. Rouder JN & Morey RD (2011). A Bayes factor meta-analysis of BEM’s ESP claim. Psychonomic Bulletin & Review . DOI 10.3758/s13423-011-0088-7
2. Psychonomic Bulletin & Review ist das offizielle Organ der journal of the Psychonomic Society.
Der vollständige Artikel steht Journalisten auf Anfrage zur Verfügung.
Kontakt: Renate Bayaz, Tel. +49 6221 487-8531, renate.bayaz@springer.com