Das Wichtigste zum Start
Reden wir Klartext: In diesem Buch geht es darum, Ihre Mitmenschen zu beeinflussen. Aber oft gleicht das Leben einem Irrenhaus und die lieben Mitmenschen können einem den letzten Nerv rauben. Man redet sich den Mund fusselig, alle wissen, dass man eigentlich recht hat, aber jeder macht, was er will, keiner, was er sollte. Bis man am liebsten losbrüllen würde: »Achtung! Alles hört auf mein Kommando!«
Zwar heißt dieses Buch Alles hört auf mein Kommando – aber es geht nicht darum, andere herumzukommandieren. Denn das Leben ist zum Glück kein Kasernenhof und wir wollen unsere Mitmenschen ja nicht zu Befehlsempfängern machen, sondern dazu bringen, dass sie Dinge aus Überzeugung machen. Wer da an die Vernunft seiner Mitmenschen glaubt, ist schon geliefert. Denn selbst wenn wir überzeugt davon sind, rational zu handeln, spielen irrationale Motive die größte Rolle und entscheiden darüber, ob wir etwas tun oder nicht tun.
Die Kommandos finden unterbewusst und schleichend in den Köpfen Ihrer Mitmenschen statt. Der Titel hat jedoch Ihre Neugierde geweckt. Ich habe Sie bereits ein wenig beeinflusst. Die Grundlage der positiven Beeinflussung liegt aber darin, dass die Erwartungen auch erfüllt werden. Und das werde ich im Laufe des Buchs tun.
In den letzten Jahrzehnten hat die Psychologie zahlreiche Effekte nachgewiesen, die unser Handeln und Denken beeinflussen. Wer diese Effekte subtil nutzt, kommt wirklich zum Erfolg. Jedoch sind die wenigsten Psychologen auch Praktiker, weshalb es eine große Lücke zwischen Theorie und praktischer Umsetzung gibt. Dass dies ein Thema ist, das viele Menschen berührt, hatten bereits der Erfolg meines letzten Buchs Wie Sie andere dazu bringen, das zu tun, was Sie wollen und die vielen Leserbriefe gezeigt. Trotz der in dem Buch zahlreich aufgeführten Praxisbeispiele wurde ich in Radiointerviews, Leserbriefen und in meinen Vorträgen und Coachings zu vielen noch konkreteren Problemen aus Beruf und Privatleben befragt und wie diese zu lösen seien. So reifte der Entschluss, die 50 häufigsten Alltagssituationen aufzugreifen und konkrete Lösungen in diesem Buch zusammenzufassen. Es ist sozusagen das noch praktischere Praxishandbuch der Menschenbeeinflussung für den Alltag und ist für all diejenigen gedacht, die weniger Psychologietheorie, sondern eher konkrete Lösungen für den Alltag suchen.
Sie können das Buch in einem durchlesen, was ich empfehle, da die Kapitel und Techniken aufeinander aufbauen. Es ist aber auch als Nachschlagewerk konzipiert, wann immer Sie in eine entsprechende Situation kommen, haben Sie gleich konkrete Tipps an der Hand.
In meinen zahlreichen Unternehmenscoachings und persönlichen Trainings habe ich sehr oft die Erfahrung gemacht, dass die Hürde in der Beeinflussung selten bei den anderen, sondern meistens bei denen liegt, die eigentlich beeinflussen möchten, weil sie sich einfach nicht trauen oder Skrupel haben. Nun stelle ich Ihnen eine direkte Frage, bitte beantworten Sie diese ehrlich! Haben Sie jemals einen Menschen, der Ihnen wirklich nahesteht oder -stand, also den oder die Sie wirklich aus tiefstem Herzen gernhaben, bewusst und gezielt manipuliert? Wie gesagt, seien Sie ehrlich und überlegen Sie ganz genau. Nicht? Wirklich noch nie? Hatten Sie denn niemals ein erstes Date? Bestimmt sogar! Und haben Sie dort nicht versucht, sich von Ihrer besten Seite zu zeigen? Sie werden sich kaum über Schnarchprobleme und Ihre Problemzonen oder Herpesanfälle ausgelassen haben. (Wenn doch, dann kann dies einer der Gründe sein, wieso es nicht mit dem ersten Date geklappt hat.) Menschenbeeinflussung bedeutet nicht, dass man lügt, sondern lediglich, dass man den anderen dort anspricht, wo er am empfänglichsten für eine Sache ist. Und Herpesanfälle gehören bestimmt nicht dazu.
Wer anderen Menschen Kommandos in den Kopf einpflanzen will, sollte Empathie besitzen und die Techniken der Verhaltenspsychologie nutzen. Denn dann finden die Kommandos nur noch in Ihrem Kopf statt, die Menschen werden von sich aus das tun, was Sie wollen.
»Beeinflussung heißt, sich nicht darauf zu fokussieren, was man selbst will, sondern was der andere will.«
Bleiben wir noch mal beim ersten Date. Es ist ein gutes Szenario, das wir uns immer vor Augen führen sollten, wenn wir versuchen, jemand anderen zu überzeugen. Beim ersten Date geht es ja nicht darum, unseren Schwarm davon zu überzeugen, dass unsere negativen Eigenschaften im Grunde äußerst liebenswert und positiv sind. Das klappt nur in den seltensten Fällen, und da muss schon sehr viel Verliebtheit eine Rolle spielen, um die Verdauungsprobleme des anderen »süß« zu finden. Es geht darum, diejenigen Attribute, die der oder die andere attraktiv findet, zu betonen und von den negativen abzulenken. Dieser Taktik verdanken wir den Fortbestand der Menschheit und natürlich auch den Erfolg der Modeund Kosmetikindustrie.
Attraktivität liegt aber im Auge des Betrachters. Anders ausgedrückt, wir sollten nur das betonen, was der andere attraktiv findet, und nicht das, was man selbst attraktiv findet. So manch eine Modesünde erklärt sich aus diesem Missverständnis. Nun geht es im Beruf, bei Bekannten und auch später im Beziehungsalltag natürlich nicht nur um Attraktivität. Wir sollten jedoch stets darauf achten, dass wir das betonen und jene Argumente verwenden, die den anderen interessieren, für die der andere am empfänglichsten ist. Hierfür müssen wir uns in die Perspektive unseres Gegenübers hineinversetzen. Deshalb bin ich überzeugt davon, dass jemand, der Menschen wirklich beeinflussen kann, auch viel menschenfreundlicher ist. Man muss einfühlsam sein, und das ist eine der ersten Tugenden für ein besseres Miteinander, unabhängig davon, ob man den anderen Menschen mag oder nicht. Entsprechend wird in jedem Kapitel erst die Sicht der anderen betrachtet, bevor dann auf die Lösungsmethoden eingegangen wird.
Um seine Mitmenschen zu verstehen, braucht man kein empathisches Genie zu sein. Im Laufe meiner Arbeit und basierend auf zahlreichen psychologischen Studien habe ich hierfür meine Motivformel entwickelt, die sich in allen zwischenmenschlichen Situationen und Entscheidungen bewährt.
Diese Formel ist überraschend einfach, aber zugleich auch sehr ernüchternd, da sie den Großteil unseres Handelns auf vier Motive zurückführt. Egal ob wir uns entscheiden, etwas zu kaufen, für einen Kollegen etwas zu tun, ob wir planen, die Arbeitsstelle zu wechseln, der Chef etwas von seinen Angestellten will oder unser Partner einen bestimmten Urlaubsplan boykottiert. Unsere Entscheidungen werden stets von diesen vier Motiven beeinflusst:
Ego + Gier + Angst + Bequemlichkeit = Motiv
Ich habe Ihnen nicht zu viel versprochen, es ist wirklich ein nüchternes Bild, aber das heißt nicht, dass Menschen nicht zugleich wundervoll sein können. Schauen wir uns die Formel etwas genauer an. Mit Ego ist nicht unbedingt Egoismus, sondern das eigene Selbstwertgefühl gemeint. Gier wiederum ist das simple Gefühl, etwas haben zu wollen. Angst hingegen heißt nicht, dass wir vor Panik zittern und schwitzen, es ist aber dieses unterschwellige und beklemmende Gefühl der Unsicherheit. Bequemlichkeit schließlich ist unsere Neigung, den kürzesten und unbeschwertesten Weg zu gehen. Wie gesagt, spielen je nach Situation andere Motive eine dominante Rolle, meist sind es zwei Motive, die unseren Willen zu handeln prägen und nicht selten dazu führen, dass es dann nur beim Willen bleibt. Nehmen wir mal ein ganz alltägliches Beispiel. Wieso werden Deos gekauft? Ganz einfach, weil man Angst hat zu stinken. Aber wenn uns die Deomarke außerdem verspricht, dass wir für das Geschlecht unserer persönlichen Präferenz auch noch unwiderstehlich sind, steigt dadurch unser Selbstwertgefühl und wir kaufen gleich eine teurere Marke. Kaum ein Deo hätte Erfolg mit einer Zero-Stink-Formel. Ein anderes Beispiel: Bringen meine Kollegen ein sachliches Argument nach dem anderen auf den Tisch, wieso mein Umstrukturierungsprojekt nicht funktionieren wird, sind die Gründe meist weniger sachlich, sondern haben nicht selten mit Bequemlichkeit zu tun, gepaart mit der Angst zu scheitern. Weigert sich mein Partner, mit mir in den Kultururlaub nach Frankreich zu fahren, so liegt das meist weniger daran, dass es zu teuer ist, sondern vielmehr an der Angst, zum Beispiel wegen mangelnder Sprachkenntnisse als Depp und nicht mehr als der Held dazustehen. Denken Sie mal an die Entscheidungen zurück, die Sie in den letzten Wochen getroffen haben, und analysieren Sie, welche der vier Motive wirklich eine Rolle gespielt haben. Machen Sie sich frei von den vermeintlichen Sachargumenten – denn diese spielen erst ganz am Ende einer Entscheidung eine Rolle –, sondern gehen Sie den Dingen wirklich auf den Grund. Sie werden über sich selbst erstaunt sein. Nun ist die Erkenntnis, dass wir ziemlich irrational entscheiden und handeln, nicht gerade erbaulich. Unsachlich, also unvernünftig sind immer nur die anderen. Wir selbst hingegen sind immer vernünftig. Genauso empfinden es Ihre Mitmenschen. Die...